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Hurra, wir leben noch

Hurra, wir leben noch

Titel: Hurra, wir leben noch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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doch. Wann ist A … Andruck?« fragte Schreiber.
    »Jeden Dienstag um Mitternacht.«
    »D … Dann k … können wir noch eine S … Sensationsgeschichte vom Di … Dienstag bringen!«
    »Nie! Die Dienste kommen in Englisch … in riesigen Mengen … Das muß doch bebildert werden!«
    »Fotos gibt’s allerdings schon früher«, sagte der Chef der Bildredaktion.
    »Da hören Sie’s! Eine
lange
Ge … Geschichte mu … muß das immer werden. Z … Zw … Zwölf … Spa … Spa … Spalten
mindestens!
«
    »Zwölf Spalten … Das sind
sechsunddreißig
Manuskriptseiten! Wer soll denn die schreiben von Dienstag früh bis Dienstag mittag – denn am Nachmittag muß das Zeug ja schon gesetzt werden, damit wir es in der Nacht imprimieren und zum Druck geben können! Einen Menschen, der so schnell und dabei auch noch gut schreibt, einen solchen Menschen gibt’s ja überhaupt nicht!«
    »A … Aber ja do … doch«, sagte Schreiber.
    »Wo ist er?«
    »Er steht vor Ihnen«, sagte Jakob und zeigte auf Klaus Mario Schreiber.
    »Vo … Vorausgesetzt, ich kriege W … W … Whisky.«
    »Sie kriegen ihn.«
    »Na schön«, sagte der Säufer, »da … dann also an die A … Arbeit! I … Ich schreibe zuerst das um, was blei … bleibt. Dann sind Sie so gut, Herr D … Do … Doktor Drissen, und kü … kümmern sich um ein paar Herren – ich gebe Ihnen die Adressen. Die H … Herren haben Interessantes zu berichten. I … Ich schreib’s d … dann zusammen. Ro … Rowohlt ru … rufe ich s … sofort an, damit der Fa … Fallada gesetzt werden kann. Später brauchen wir die M … Maschinen für aktuellste Beiträge – ich bin dafür, mit den No … No … Nonnen anzufangen bei diesem aktuellen Sensationsdienst – nennen wir ihn ›H … Hinter den K … Kulissen‹! Werden noch ein, zwei Tage vergehen, bis die Polizei du … durch ist und wir be … bessere Fotos haben und die ganze Geschichte kennen. ›Hi … Hinter den Kulissen‹ wäre immer die Vorschlagzeile. Da … dann käme der Haupttitel. Was halten Sie von ›Die teuflischen No … No … Nonnen‹?«
    Klaus Mario Schreiber trank einen kräftigen Schluck …

80
    Um 23 Uhr 59 am 23. September 1947 – es war ein Dienstag – drückte Jakob Formann auf den roten Knopf der ersten Rotationsmaschine im Keller des Gebäudes der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG in der Sendlinger Straße zu München. Er fuhr zusammen von dem tobenden Lärm, der anhub, als sich die riesige Maschine in Bewegung setzte. Man konnte kein Wort mehr verstehen. Die Arbeiter hatten eine eigene Zeichensprache. Ein Meister signalisierte Jakob mit zwei Fingern: Nun Nummer zwei!
    Jakob drückte auf einen zweiten roten Knopf. Ein zweites Ungeheuer begann zu toben.
    Als Jakob auf einen dritten Knopf gedrückt hatte, schwankte der Boden unter ihm. Ergriffen lehnte er sich gegen eine bebende Wand. Im Keller der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG war die MÜNCHNER ILLUSTRIERTE gedruckt worden. Als Jakob und Frau Dr. Malthus sich diesen Keller zum ersten Mal ansahen, hatten sie auf den Rotationsmaschinen noch die Zylinder der letzten Ausgabe vorgefunden. Titelblatt: eine V2-Stellung. Unterschrift: DER SIEG IST ZUM GREIFEN NAHE! Sie hatten alle Zylinder einschmelzen lassen, um Blei für die erste Nummer
ihrer
Illustrierten zu haben. Die Geburtsstunde der ersten deutschen Nachkriegs-Illustrierten – nun war sie gekommen! Ergriffen standen auch die Arbeiter. Und ergriffen standen alle Redakteure und Mitarbeiter. Bis auf einen.
    Klaus Mario Schreiber schlief zu dieser Zeit tief und fest auf einem Schreibtisch in einem der kleinen Zimmer der Redaktion an der Lindwurmstraße. Auf seine Schreibmaschine hatte er ein kleines Kissen gelegt. Dort ruhte sein Haupt. Ein zufriedenes Lächeln verschönte sein von Akne übersätes Gesicht. Er hatte DIE TEUFLISCHEN NONNEN am Morgen um 9 Uhr, nach Lektüre des gesamten, sehr umfangreichen Materials, zu schreiben begonnen, direkt in die Maschine, und er hatte seine sechsunddreißig Seiten, auf die Zeile genau, um 14 Uhr 37 an Dr. Drissen geliefert. Es war nicht eine einzige Stelle zu verbessern gewesen.
    Den Nachmittag über hatte Schreiber, stillvergnügt vor sich hin trinkend, schon an der nächsten Nummer gearbeitet, und am frühen Abend hatte er zuerst die Druckfahnen, dann den Umbruch redigiert, den Jakob, mit seinem Fahrrad hin- und hersausend zwischen Sendlinger und Lindwurmstraße, gebracht hatte. Für ›Hinter den Kulissen‹ war ein

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