Hurra, wir leben noch
für Sie!«
»Ist das alles, Herresheim?« fragte Jakob verächtlich.
»Warten Sie! Auch noch ein herrlicher russischer Zobel gehört Ihnen, wenn Sie jetzt bloß den Mund halten und wieder verschwinden …«
»Für ein bißchen Seide und einen Zobel … Finden Sie das nicht selber reichlich dünn, Herresheim?«
»Herrgott, nehmen Sie doch Vernunft an! Haben Sie Mitleid!«
»Wann haben Sie denn mal Mitleid gehabt, Sie Schwein?«
»Den ›Blauen Turm von Westkapelle‹ kriegen Sie auch noch!«
»Was für einen Turm?«
»Den blauen! Von Piet Mondrian! Dem großen holländischen Maler! Müssen Sie doch kennen!«
»Klar kenne ich den«, sagte Jakob. Klar kannte er ihn nicht. »Wenn Sie glauben, daß Sie mich damit bestechen können …«
»Himmel, ich gebe Ihnen mein Letztes! Eine vom Führer persönlich unterschriebene Verleihungsurkunde für das Ritterkreuz des Kriegsverdienstkreuzes mit Schwertern …!«
»Was soll ich denn mit
dem
Appelsinenorden?«
»Da ist kein Name eingesetzt! Aufheben sollen Sie die Urkunde für später, wenn alles wiederkommt! Dann können Sie da Ihren eigenen Namen einsetzen und …«
»Das ist ja ’n tolles Ding!«
»Nicht wahr? Also seien Sie vernünftig und lassen Sie uns hier in Ruhe!«
»Nein.«
»Sie haben immer noch nicht genug?«
»Was gibt’s noch, Herresheim? Wie ist das mit den Vorräten? Haben Sie die wirklich beiseite geschafft?« Jakob hatte plötzlich einen ganz anderen Ton angeschlagen. Der von Herresheim merkte es sehr wohl.
»Natürlich!«
»Was?«
»Lebensmittel …«
»Wo?«
»Kennen Sie den Wallberg?«
»Nein.«
»Der geht da gleich im Süden hoch. Daneben der Setzberg. Verbunden durch eine flache Senke. Dort steht eine Alm, ganz allein und verlassen. Aber gesichert! Dort habe ich …«
»Wann kann ich das Zeug runterholen?«
»Sie wollen mir alles … wirklich alles …?«
»Natürlich.«
»Sie elen … verzeihen Sie, Herr Formann! Wie Sie wollen. Es ist aber verflucht steil da hinauf. Und hinunter.«
»Das lassen Sie nur meine Sorge sein. Wann können wir da rauf?«
»Wann Sie wollen. Morgen … übermorgen …«
»Übermorgen«, entschied Jakob. »Ich habe schließlich noch was anderes zu tun. Die Seide, den Zobel und das ganze Zeug hole ich mir morgen … den Rest übermorgen … Jetzt lassen Sie mich den Major General beruhigen. Ich nehme alles auf mich. Ich muß mich da geirrt haben. Jemand hat Sie denunziert …«
»Ich danke Ihnen, Herr Formann, ich danke Ihnen, Sieg … äh, Gott vergelt’s!«
40
Zwei Tage später bezwangen zwei Herren den Wallberg in seiner herrlichen winterlichen Einsamkeit. Damals kletterte niemand zum Vergnügen. Dazu waren die meisten Menschen viel zu schwach. Der Wehrwirtschaftsführer nicht, der war ganz im Gegenteil mehr als herausgefressen und mußte immer wieder um Atempausen bitten. Er hatte Angst, das Herz könnte ihm versagen.
Jakob, der in sieben Jahren genug Zeit und Gelegenheit zum Trainieren gehabt hatte, nahm den Wallberg sozusagen im Laufschritt. Die Seidenballen, den Zobel, den holländischen Meister und die Ehrenurkunde, die Hitler blanko unterschrieben hatte, waren inzwischen nach München gebracht worden. Der wackere Fälscher Mader bewahrte alles in seiner Werkstatt auf.
Da war die Alm. Junge, Junge, ist der auf Nummer Sicher gegangen, dachte Jakob, als er sah, wie der Wehrwirtschaftsführer mit Spezialschlüsseln ein Schloß nach dem andern aufsperrte. Nebel hüllte alles ein. Gut so, dachte Jakob.
Jetzt hatte Herresheim das letzte Schloß auf. Er öffnete die Tür.
Jakob trat in die große Almhütte. Herresheim folgte ihm. Jakob pfiff anerkennend. Vom Boden bis zur Decke war hier alles gefüllt mit Zucker, Kaffee, Schokolade, mit Konserven aller Art, mit Mehl, Fett, geräucherten Schinken und Würsten. Es sah aus und roch wie im Magazin einer riesigen Lebensmittelhandlung.
»So«, sagte der von Herresheim, total erschöpft, »also das gehört auch noch Ihnen. Das Letzte, was ich habe. Sie sind mir vielleicht ein gerissener …«
Er sprach den Satz nicht zu Ende. Jakob wußte, warum.
Hinter Herresheim war Generalmajor Peter Milhouse Hobson getreten. Er bohrte dem Wehrwirtschaftsführer die Mündung einer Pistole in den Rücken. Hinter Hobson sah Jakob Soldaten. Und ein paar Mann deutsche Polizei. (Darum habe ich gebeten, dachte er gerührt. Peter ist wirklich ein feiner Kerl.)
»Wa … wa … was soll das heißen?« stammelte Herresheim.
»Herresheim, Sie
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