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Hurra, wir leben noch

Hurra, wir leben noch

Titel: Hurra, wir leben noch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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Verbrecher, Sie sind verhaftet, das soll es heißen«, sagte Hobson. (Ein bißchen zu theatralisch, dachte Jakob. Aber das ist wieder eine von seinen Sternstunden. Und auf dieses braune Mistvieh wirkt es! Laß nur …)
    »Sie haben doch von den Vorräten gewußt, Major General«, stammelte der Wehrwirtschaftsführer. »Ich habe sie angegeben …«
    »Die Pfoten über den Kopf, aber schnell!«
    Herresheim hob die Hände.
    »… Sie haben … haben … doch alles gewußt! Und alle meine Urkunden gesehen!«
    »Das haben unsere Spezialisten in München auch«, sagte Hobson grimmig. »Alles Fälschungen, wirklich sehr gute Fälschungen. Kein Wort von all dem Quatsch, den Sie uns erzählt haben, ist wahr gewesen – für die Alliierten gekämpft, Sabotage gegen Hitler! Auch da habe ich nachforschen lassen. Nirgends ist etwas davon bekannt.«
    »Darum wollte ich erst in zwei Tagen mit Ihnen hier raufgehen, Herresheim«, erläuterte Jakob. »Damit der Major General genügend Zeit hat …«
    »Sie elender Verräter!« Herresheim machte Anstalten, sich auf Jakob zu stürzen.
    Ein Militärpolizist schlug ihm den Schaft einer Maschinenpistole kurz und gar nicht einmal besonders heftig über den Schädel. Herresheim kippte um. Er begann zu weinen über soviel Unrecht, das es gab auf der Welt. Und weil ihm der Schädel weh tat.
    »Ihre Saufkumpane, die Herren Ortsgruppenleiter, die sitzen schon alle. Ihre Bubis haben wir ins Arbeitslager Moosburg gesteckt, zu den braunen Bonzen. Und Sie, Herresheim, nehme ich mit nach München. Auf Sie wartet ein hübscher kleiner Prozeß«, sagte Hobson. »Da werden wir nicht mal einen Dolmetscher brauchen – bei Ihren Sprachkenntnissen! Danke, Jake, daß du uns die Alm so genau beschrieben hast. Wir haben sie gleich gefunden.«
    »Gerne geschehen«, sagte Jakob, indessen vier kräftige MP s den von Herresheim schon ins Freie zerrten.
    »Gebt acht, daß er sich nicht weh tut«, sagte Jakob.
    »Sie Schwein! Sie Verräter! Die gerechte Strafe wird Sie treffen!« schrie der Gefangene, als er abgeschleppt wurde.
    »Jajaja, sicherlich«, sagte Jakob gelangweilt. Er wandte sich an seinen Freund Hobson. »Ich schlage vor, daß zunächst einmal die Frauen und Kinder im Himmler-Hof mit einem Teil der Vorräte hier versorgt werden, Peter«, sagte er. »Den Rest bekommen die deutschen Behörden zur Verteilung. Einverstanden?«
    »Einverstanden«, sagte Hobson. »Mensch, Jake, du bist schon ein Kerl!«
    »Es geht«, sagte Jakob bescheiden, und danach summte er leise eine Melodie von Glenn Miller. Und sang schließlich zu ›In the Mood‹ einen Text, der jetzt gerade Mode geworden war:
    »Auf, wir gründen wieder eine Nazipartei,
    und die alten Bonzen, die sind wieder dabei,
    mit Genehmigung der Militärregierung
    bringen wir die Sache dann in Schwung …«
    Jakob grinste. »Ja, Scheiße«, sagte er vor sich hin. »Hier haben jetzt die Frauen und Kinder aus dem Himmler-Hof ein schönes Heim.«
    Wichtiger Hinweis: Der vorangegangene Bericht mußte mit besonderer Umsicht verschlüsselt werden, da es sich bei dem im Roman erwähnten ›Wehrwirtschaftsführer von Herresheim‹ um einen Mann handelt, der heute im Wirtschaftsleben der Bundesrepublik Deutschland eine sehr hohe Position einnimmt.

41
    »Es wird Sie sicher interessieren, Mister Fletcher«, sagte der eleganteste der drei eleganten Nachtportiers des ebenso eleganten HÔTEL DES CINQ CONTINENTS in Paris zweiundsiebzig Stunden später zu Jakob Formann, der sich im Augenblick gerade Jerome Howard Fletcher nannte, »daß gestern noch Miss Rita Hayworth in diesem Appartement gewohnt hat.«
    Der ›Orient-Expreß‹ hatte die Gare de l’Est um 3 Uhr 45 früh erreicht. Jetzt war es 4 Uhr 10, und der Nachtportier des HÔTEL DES CINQ CONTINENTS sah aus wie aus dem Ei gepellt.
    »Die gute alte Rita«, sagte Hilde Korn, die sich des längeren schon Mrs. Laureen Fletcher nannte, wehmütig lächelnd, »ist sie noch immer mit Orson zusammen?«
    »Selbstverständlich, Madame.«
    »Na, so selbstverständlich ist das auch wieder nicht. Wird nicht mehr lange dauern, wie ich Rita kenne.«
    »Darüber, Madame, steht mir natürlich keinesfalls ein Urteil zu. Diese herrlichen Orchideen … Ich werde mich selbst sogleich um eine Vase kümmern!« Der Nachtportier nahm Mrs. Fletcher ein wahrlich imposantes Gebilde von Cattleyen und Venusschuhen aus der zarten Hand und bedachte Mr. Fletcher mit einem Ausdruck der Wertschätzung. »Wirklich eine Pracht, Sir! Wenn die

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