Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hustvedt, Siri

Hustvedt, Siri

Titel: Hustvedt, Siri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Sommer ohne Maenner
Vom Netzwerk:
sind unser Wetter, und wir möchten doch, dass es immer sonnig
ist. Ich will dir gefallen, Dad, ich will Kunststücke machen und tanzen, Geschichten
erzählen, Lieder singen und dich zum Lachen bringen. Ich will, dass du mich, Mia, siehst. Esse est percipere. Ich bin. Mit
Mama war es so leicht, ihre Hände auf meinem Gesicht, ihr Blick verschränkt mit
meinem. Sie konnte auch mit mir schimpfen, wegen meiner Unordnung und meiner chaotischen
Art, meiner Heulanfälle und Ausbrüche, und dann tat es mir so leid, und es war
leicht, sie zurückzugewinnen. Und mit Bea auch, aber du warst zu weit weg, und ich
konnte deine Augen nicht finden, oder wenn ich sie fand, kehrten sie sich nach innen,
und an diesem geistigen Himmel wurde es finster. Harold Fredricksen, Rechtsanwalt.
Es war ein in der Familie oft erzählter Witz, dass ich mit vier Jahren das Vaterunser
folgendermaßen aufsagte: Name.> Und Boris, ja, Boris auch, Ehemann, Vater - Vater, Ehemann. Eine Wiederholung
des Ziehens. Was geht da drin vor? Warum sagst du es mir nicht? Dein Schweigen zieht
mich zu dir hin, aber dann sind Wolken in deinen Augen. Ich will die Festung dieses
Blicks schleifen, mich hindurchsprengen, um dich zu finden. Ich bin der kämpfende
Geist der Teilnahme. Du aber hast Angst, dass in dich eingebrochen wird; vielleicht
hast du auch Angst, gefressen zu werden. Die verführerische Dora, die Glamourmieze-Mutter,
beschwert mit den Myriaden von Gesten und Anhängseln der Weiblichkeit, dem Schmollen,
Gurren, Wimpernklimpern und Schulterrollen, den Andeutungen und Um-die-Ecke-Methoden,
mit denen sie bekommt, was sie will. Ich höre ihre goldenen Armbänder klingeln.
Wie sehr sie dich liebte, ihr Bubele, ihr Jungchen, ihren Liebling, aber es war
etwas Gefühlsduseliges in dieser Liebe, etwas Theatralisches und Selbstsüchtiges,
und du wusstest es, und sobald du groß genug warst, hast du sie auf Abstand gehalten.
Stefan wusste es, und er wusste auch, dass er für sie in allem an zweiter Stelle
kam. Zwei Jungen mit einem Vater im Himmel. Und so kam es, Boris, dass wir einander
unsere Eltern mitbrachten. Auch die Pause wird Vater und Mutter haben, aber ich
kann nicht an sie denken. Ich will nicht an sie denken.
    Die Präsenz
hinter der Tür kam und ging. Sie war da, und dann war sie nicht mehr da. Immer wenn
ich sie spürte, überredete ich mich hineinzugehen, benutzte die Vernunft, um das
mächtige Gefühl zu übertrumpfen. Ich hielt die Präsenz weiter für eine stumme Version
von Mr. Niemand, einem Verrückten, der regelmäßig Botschaften schickte, aber seinen
Ton von dem eines gemeinen Belästigers zu dem eines Borderline-Philosophen geändert
hatte, weshalb ich wieder Leonard verdächtigte. «Realität ist immateriell, besteht
aus Ereignissen, Handlungen, Möglichkeiten. Sieh Dir diese mysteriösen Subjektivitäten
an, die die Geisteswelt verändern, den Quanten-Zeno-Effekt! Gib dies an Izcovich
weiter, Deinen treulosen Gatten. Dein Niemand.»
    Verärgert und
bestürzt über die Anspielung auf Boris, gab ich schnell eine Antwort ein und schickte
sie ab, was ich sofort bereute: «Wer sind Sie, und was wollen Sie von mir?»
    Schon als ich
ihn geheiratet habe, wusste ich, dass er schnell aufbraust», sagte Lola am späten
Nachmittag, während Simon auf ihrem Schoß döste und Flora in ein kleines türkisblaues
Aufblas-Schwimmbecken und wieder heraus sprang. «Aber damals hatte ich noch keine
Kinder. Er jagt Flora große Angst ein.» Diese drei Sätze schienen in der heißen
Luft zwischen uns zu schweben und machten mich traurig. Ich wollte sagen: Aber er schlägt doch niemand, oder? Er ist doch nicht gewalttätig? Doch die in
mir aufsteigenden Fragen sanken in mich zurück, und ich sprach die Worte nicht aus.
Lola trug einen grünen Badeanzug, dazu eine Sonnenbrille und eine Basecap. Ihr Körper
hatte die Prallheit der Schwangerschaft noch nicht ganz verloren, und ihre Brüste
waren voller Milch. Sie war ein kräftiges Mädchen, aber wenn ich sie ansah, fand
ich sie attraktiv. Vermutlich war es ihre Jugend - ihre glatte Haut, ihre Kurven,
ihr faltenloses Gesicht mit den grauen Augen, die ein bisschen platte Nase und der
volle Mund - nichts an ihr war vom Alter angegriffen: keine Altersflecken, vorstehenden
Adern, Falten oder schlaffe Haut.
    «Ich frage
mich, ob sie jemals diese Perücke abnehmen wird. Pete kann sie nicht ausstehen.
Ich sage ständig: Wen juckt's? Sie hat sie ja nicht in der Kirche

Weitere Kostenlose Bücher