Hutch 01 - Gottes Maschinen
zurück.
»Gespenstischer Ort«, meinte Richard.
Carson lächelte. Sein Gesichtsausdruck verriet, daß er der gleichen Meinung war.
Richard tat, was alle Menschen machten, wenn sie auf einem hohen Gebäude standen. Er beugte sich nach vorn und blickte hinab. Ein Sturz auf die Straße wäre selbst aus dieser Höhe nicht tödlich gewesen, außer man landete auf seinem Kopf. Aber es würde ganz sicher ziemlich weh tun. »Vorsichtig«, sagte Carson und blieb dicht bei Richard.
»Gibt es zur Zeit hier oben eine Mannschaft?«
»Nein. Seit Monaten war niemand mehr hier oben. Wir haben alle Leute abgezogen, nachdem wir die Nachricht von der Terraformung erhalten hatten.«
»Es ist ziemlich rutschig hier«, warnte Hutch.
Richard starrte über die Stadt. »Haben Ihre Leute jemals Wrackteile oder so etwas gefunden? Irgendeinen Hinweis, wer das hier gemacht haben könnte?«
Carson schüttelte den Kopf. Nein.
»Nichts zurückgeblieben? Keine Fußabdrücke? Keine Spuren auf dem Boden …?«
Die beiden Raumschiffe standen vor dem Hintergrund endloser Reihen aus Kuben und Quadern. Ihre Silhouetten waren abgerundet. Keine Kanten. Auf Alphas Rumpf, in der Mitte zwischen den Flügeln, blinkte gleichmäßig ein rotes Positionslicht. Der verbrannte Fels wurde von der Kabinenbeleuchtung der beiden Schiffe erhellt.
»Es gibt nichts. Überhaupt nichts. Ich wünschte, es wäre anders, Doktor.« Carson warf Hutch einen Blick zu und wandte sich dann wieder an Richard. »Wollen Sie die Steinbrüche sehen? Wo das Baumaterial herstammt?«
»Nein, danke. Was gibt es denn sonst noch hier?«
»Eine Inschrift.«
»Eine Inschrift?« Richards Interesse erwachte. »Warum haben Sie das nicht gleich gesagt? Die Abstracts erwähnen nichts dergleichen!«
»Die Abstracts sind über ein Jahr alt. Wir waren zu sehr beschäftigt, um uns um Aktualisierungen zu kümmern.«
Richard rieb sich die Hände. Ein Ausdruck von seliger Vorfreude erhellte sein Gesicht. Er winkte mit einem Arm, aber die Bewegung war zu heftig. Es warf ihn zur Seite und über die Dachkante. Hutch und Carson griffen gleichzeitig nach ihm, aber sie waren in der geringen Schwerkraft (es herrschte nur ein Zehntel Standard) zu leicht. Hätte Hutch nicht das Seil an der Fähre eingeklinkt, wären sie alle miteinander nach unten gesegelt. Sie kämpften um ihr Gleichgewicht, und Richard stöhnte erleichtert auf. Er hatte nichts von dem Seil gemerkt und trat wieder einmal ins Fettnäpfchen: »Danke, Frank.« Dann, nachdem er wieder festen Boden unter den Füßen spürte: »Was sagt die Inschrift? Haben Ihre Leute sie entziffern können?«
»Kein einziges Wort«, sagte Carson und blickte zerknirscht drein. »Aber Sie werden feststellen, daß sie Ihre Aufmerksamkeit verdient.«
Hutch dachte, daß Richard recht behalten hatte. Sie mochte Carson. Er hatte ohne Zögern seinen Kragen riskiert, um Richard zu helfen. Das beeindruckte sie.
Sie nahmen beide Fähren und flogen westwärts.
Die Größe der einzelnen Blöcke nahm vom Zentrum nach außen hin stetig ab, obwohl keine Regelmäßigkeit zu erkennen war. In der Nähe der Mauer, am Stadtrand (Hutch konnte nicht anders, sie dachte immer noch in diesen Begriffen) waren Blöcke aus nur einer einzigen Einheit so häufig geworden, daß alle, die darüber hinausragten, förmlich ins Auge sprangen.
Sie überflogen einen Bereich, wo sich eine Kluft geöffnet hatte. Die Oberfläche war mehrere Meter abgesunken. Straßen waren auseinandergerissen worden, Blöcke lagen umgestürzt herum.
Carson meldete sich über Commlink. »Es gibt mehrere Stellen in der Mauer, wo sich Krater befinden. Die meisten stammen aus der Zeit nach dem Bau. Aber in diesem Fall hier war der Krater schon da, und sie haben ihn aufgefüllt und darüber gebaut. Irgendwann hat der Untergrund erneut nachgegeben. Die Kruste ist noch an einigen anderen Stellen unter dem schieren Gewicht der Blöcke zusammengebrochen.«
»Haben Ihre Leute herausgefunden, aus welcher Zeit die Meteore stammen, die die Stadt getroffen haben?«
»Nein. Wir können sie nicht datieren, jedenfalls nicht ausreichend genau. Wir wissen nur, daß die Krater innerhalb des Gebildes und in seiner Umgebung beträchtlich jünger sind als die ganzen restlichen Einschläge.«
»Wieviel jünger?«
»Die meisten Einschläge stammen aus der Zeit von ein oder zwei Milliarden Jahren vor uns. Aber die Löcher hier in der Umgebung sind allerhöchstens fünfzigtausend Jahre alt. Natürlich müssen die Einschläge
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