Hutch 01 - Gottes Maschinen
künstlerisch geschwungenen Symbolen vollgeschrieben. »Können wir das hier lesen?«
»Nein.«
»Wie alt sind sie?«
»Sechstausend Jahre. Es waren Talismane, Glücksbringer. Sie wurden aus tierischem Fett und Ton gemischt und anschließend gebrannt. Wie Sie sehen können, halten die Tafeln sich relativ lange.«
Hutch hätte gerne eine der Tafeln als Souvenir gehabt, aber das verstieß gegen die Vorschriften. Eddie machte den Eindruck, als würde er Vorschriften äußerst ernst nehmen.
»Und das hier?« Sie zeigte auf eine graue Keramikfigur, die ein zweibeiniges dickes Landlebewesen darstellte. Es erinnerte sie an einen Buddha, aber einen mit Reißzähnen. Die Augen waren groß und rund, und die Ohren sahen aus wie die nach hinten gebogenen, riesigen Lappen eines afrikanischen Elefanten. Die Figur befand sich in miserablem Zustand.
Eddie starrte Hutch feindselig an. Es ärgerte ihn, daß sie nicht verstand, wie eilig es alle hatten. Andererseits liebte er es, über seine Artefakte zu reden. »Die Statue ist rund achthundert Jahre alt.«
Eddie reichte Hutch das Artefakt. Es war überraschend schwer, und die Ausführung des Objekts erschien ihr recht kompliziert. »Der Eigentümer war wahrscheinlich einer der letzten Priester.« Ein Schatten flog über Eddies Gesicht. »Überlegen Sie mal: Der Tempel war auf die eine oder andere Weise schon immer hier – länger, als jeder denken konnte. Und eines Tages, im vierzehnten Jahrhundert unserer Zeitrechnung, haben sie ihn einfach aufgegeben. Die Türen verschlossen und die Lichter gelöscht. Können Sie sich vorstellen, was das für die letzte Gruppe von Priestern bedeutet haben muß?«
Im Hintergrund summten Ventilatoren. Eddie betrachtete die Figur. »Das war kein heiliges Objekt oder so was. Es hatte nur persönlichen Wert, eine Art Erinnerungsstück. Wir fanden es neben dem Hauptaltar, aber in einer ehemaligen Wohnung gab es noch weitere.«
»Gesellschaft für einen sterbenden Gott«, meinte Hutch.
Eddie nickte, und Hutch bemerkte, daß er trotz allem ein hoffnungsloser Romantiker zu sein schien.
Zwei Stunden später befand sie sich in der Luft und auf dem Weg zur Winckelmann.
»Janet, sind Sie da? Hier ist Hutch.«
»Negativ, Hutch. Janet schläft. Hier spricht Art Gibbs.«
»Nett, Sie kennenzulernen, Art.«
»Was kann ich für Sie tun?«
»Äh … eigentlich nichts. Ich langweile mich nur.«
»Wo sind Sie?«
»Ich fliege meinem Schiff hinterher. Wird wohl noch ein paar Stunden dauern, bis ich es eingeholt habe.«
Pause.
»Welche Aufgabe haben Sie hier, Art?«
»Graben. Meistens jedenfalls. Tut mir leid, daß ich heute keine Zeit hatte, mich vorzustellen. Die Leute sagen, Sie wären ein Hammer.«
Hutch lächelte und schaltete auf Video. »Verabschieden Sie sich von Ihren Illusionen. Aber trotzdem, danke für das Kompliment.«
Art strahlte sie an und meinte schließlich galant: »Die Gerüchte sind nicht aus der Luft gegriffen.« Gibbs war Mitte fünfzig, seine Haare verschwunden, und ein Rettungsring zierte seine Hüften. Er fragte, ob sie bereits früher auf Quraqua gewesen war und was sie getan hatte, daß Richard Wald so von ihr beeindruckt war, und was sie vom Tempel der Winde hielt. Wie für alle anderen auch, schien die bevorstehende Evakuierung ein harter Schlag für ihn zu sein.
»Vielleicht übersteht der Tempel es ja. Immerhin befindet sich die Anlage unter Wasser. Und die Knothischen Türme sehen recht solide aus.«
»Keine Chance. Schon ein paar Stunden, nachdem die Eiskappe gesprengt worden ist, werden gewaltige Flutwellen über die Gegend hier jagen …«
Hutchs Fähre kam aus dem Licht der Sonne in den Schatten von Quraqua. Das Schiff glitt in tiefe Schwärze. Auf der linken Seite gähnte der galaktische Abgrund. Sie erhaschte einen Blick auf die Kosmik-Station. Ein einsamer, funkelnder Stern.
»Vielleicht in ein paar tausend Jahren«, sinnierte Art. »Vielleicht kommt in ein paar tausend Jahren wieder jemand vorbei und stellt Grabungen an. Wird bestimmt ein interessantes Rätsel: High-Tech-Schrott auf einer Low-Tech-Welt.«
»Art, waren Sie schon auf Oz?«
»Ja.«
»Und? Was halten Sie davon?«
»Ich glaube nicht, das wir je herausfinden werden, was es damit auf sich hat.«
»Kommt es Ihnen nicht auch eigenartig vor, daß Oz zur gleichen Zeit niedergebrannt wurde, zu der der Militärstützpunkt unterging?«
»In der gleichen Epoche«, sagte Art freundlich. »Das ist ein großer Unterschied. Vergessen Sie nicht,
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