Hutch 01 - Gottes Maschinen
Anhänger«, sagte sie.
Der Container war noch nicht verschlossen. Sie warf einen Blick hinein. »Er braucht noch einen Spritzer Poly-6!« rief sie.
»Kümmern Sie sich darum.« Eddie schoß in Richtung der Toilette davon.
Hutch nahm die Sprühpistole und zielte in den Container, dann drückte sie ab. Ein dicker weißer Strahl ergoß sich über die in Plastikfolie eingewickelten Artefakte, und der Raum füllte sich mit einem schwach sauren Geruch. Hutch beobachtete, wie der Schaum sich ausdehnte, und schaltete die Pistole ab. Sie spielte mit der Pistole und richtete sie auf einen imaginären Gegner. Melanie Truscott. Eddie tauchte wieder auf und warf ihr einen ungeduldigen Blick zu. Sie zielte mit der Mündung auf ihn, und ihr Zeigefinger krümmte sich neben dem Abzug. »Peng!« sagte sie.
Peng!
Eddie war nicht in Stimmung für alberne Spiele. Er verschloß den Container und rollte ihn auf den Karren.
Langsam nahm eine Idee in ihrem Kopf Gestalt an. »Eddie, wieviel von diesem Zeug haben wir?«
»Poly-6? Massenweise. Warum wollen Sie das wissen?«
»Und wie funktioniert es?«
»Keine Ahnung. Irgendeine chemische Reaktion. Man macht es mit diesen beiden Druckflaschen hier.« An der Seite standen zwei Druckflaschen mit der Aufschrift »A« und »B«. »Es sind zwei verschiedene Komponenten. Das Zeug reagiert erst, wenn es vermischt wird. Das passiert in der Pistole. Sobald die Flüssigkeiten vermischt sind, bildet sich das Urethan und dehnt sich aus. Das Zeug gibt es schon seit Jahrhunderten. Es ist geradezu ideal, um Artefakte beim Transport zu schützen.«
»Haben Sie einen zweiten Apparat? Eine Reservepistole?«
»Sicher.« Er runzelte die Stirn. »Warum?«
Sie rechnete in Gedanken den Stauraum in Alphas Frachtabteil aus. »Hören Sie, wir müssen die nächste Ladung vielleicht ein wenig verringern.«
»Was?« Er klang wie ein verwundetes Tier. »Warum?« fragte er noch einmal.
»Weil ich zwei Fässer mit Poly-6 mitnehmen werde.«
Eddie war entsetzt. »Dafür ist kein Platz!«
»Deshalb verringern wir ja die Ladung!«
»Was zur Hölle haben Sie vor?«
»Ich werde Melanie Truscott einen schönen Gruß von uns übermitteln …«
Eine Stunde später kletterte Alpha in den Orbit. Neben Hutch befanden sich Janet, Karl Pickens, Maggie Tufu und ihr Chefanalyst Phil Marcotti an Bord. Außerdem hatte die Fähre eine Ladung von neunundzwanzig Containern im Frachtraum – und zwei Druckflaschen mit den Aufschriften »A« und »B«.
Maggie Tufu war jünger, als Hutch erwartet hatte. Hutch hatte bereits so viel von den Erfolgen dieser Frau gehört, daß es sie völlig verblüffte, daß Maggie wahrscheinlich noch keine Dreißig war. Sie war großgewachsen, sogar größer als die beiden Männer an Bord, und sie besaß volles schwarzes Haar, das sie zu einem Knoten aufgesteckt hatte – wahrscheinlich, um sie älter wirken zu lassen. Ihre Augen waren ebenfalls schwarz, und ihre Gesichtszüge verrieten die mikronesische Herkunft ihrer Vorfahren. Wenn sie imstande gewesen wäre, sich zu entspannen und gelegentlich zu lächeln, hätte man sie schön nennen können.
Maggie neigte dazu, sich von den anderen abzusondern. Hutch spürte keine Arroganz, aber sie schien in Gedanken ständig mit ihrer Arbeit beschäftigt zu sein. Maggie fand andere Menschen – vielleicht mit Ausnahme von Mathematikern und theoretischen und praktischen Philologen – einfach langweilig.
Ihr Kollege Phil Marcotti war das genaue Gegenteil. Er war ein gemütlicher, extrovertierter dicker Mensch um die Vierzig. Auch er fand Vergnügen an seiner Arbeit, und er war unter denen gewesen, die es vorgezogen hätten, unten zu bleiben und weiterzugraben, bis sie das gefunden hatten, was mittlerweile von allen nur noch »Georges Druckerpresse« genannt wurde. Er versicherte Hutch, daß nichts außer bewaffneter Gewalt die Akademiemannschaft vertrieben hätte, wenn es nach ihm gegangen wäre. Erstaunlich, dachte Hutch. Ausgerechnet dieser liebenswerte Kerl ist der militanteste aller Anhänger Henry Jacobis.
Maggie saß auf der rechten Seite von Hutch. Während des Aufstiegs von Alpha hatte sie sich an den Reservecomputer gesetzt und mit alphanumerischen Kolonnen beschäftigt, die über den Schirm liefen. »In gewisser Hinsicht haben wir ziemlich viel Glück gehabt«, erzählte sie Hutch. »Wir haben zwar nicht so viele Proben von Casumel Linear C gefunden, wie wir uns gewünscht hätten – aber man kriegt natürlich nie genug Proben, ganze egal
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