Hutch 02 - Die Sanduhr Gottes
ins Haus.«
Gregory MacAllister, Pfadfinder und andere Verirrungen, Chefredakteur Emeritus
Stunden bis zum planetaren Ende (vermut.): 240.
Sie schmolzen Schnee, kochten das Wasser ab und tranken es. In der Landefähre hatte es sauberes Wasser gegeben, aber keine Möglichkeit, es herauszuholen. MacAllister prophezeite, dass sie bis zum Abendessen samt und sonders unter Ausschlag leiden würden. Etwas ernsthafter fügte er hinzu, dass es an der Zeit wäre, jagen zu lernen. Die Nahrungsvorräte reichten schätzungsweise für sechs Tage. »Das bedeutet«, erklärte er, »dass wir mit leeren Mägen bei der Tess ankommen werden.«
Ihr Ziel lag südsüdwestlich von ihrem Ausgangspunkt, aber der direkte Weg blieb ihnen versperrt, da er über den Riss führte, der das Land nun in beide Richtungen durchzog, so weit das Auge reichte.
Sie bauten sich Schneeschuhe und packten sämtliche Ausrüstungsgegenstände und Lebensmittel in Probenbeutel und die beiden Rucksäcke, die Hutch aus der Fähre geborgen hatte. Hutch unterwies MacAllister im Umgang mit seinem Cutter. Dann, mit einem letzten Blick auf den Turm und die Kondensatoren, machten sie sich auf den Weg über die Ebene.
»In ein bis zwei Tagen sollten Sie den Schnee hinter sich lassen«, verriet ihnen Marcel. Das war eine wirklich gute Nachricht. Hatten sie erst festen Boden unter den Füßen, würden sie erheblich schneller vorankommen. Dennoch hatten die beiden älteren Männer von Anfang an sehr zu kämpfen. Nightingale fing sich schon nach dem ersten Kilometer Blasen ein. Hutch behandelte sie mit Salbe aus dem Medkit. Aber schon eine Stunde später fing MacAllister grummelnd zu humpeln an.
Die erste Herausforderung war, einen Weg über den Abgrund zu finden. Sie folgten der Nordseite und bewegten sich langsam genug, dass die beiden Männer mithalten konnten. Hutch fragte sich, ob MacAllister womöglich Recht hatte und er und Nightingale besser im Turm geblieben wären, um dort ihr Glück zu versuchen.
An einem Wäldchen hielten sie inne, um Gehstöcke für jeden Einzelnen anzufertigen. »So was brauche ich nicht«, protestierte Kellie prompt.
»Benutzen Sie ihn trotzdem«, beharrte Hutch. »Er wird Ihnen die Lauferei erleichtern.«
Nightingale nahm seinen Stock dankbar an sich. MacAllister schluckte mannhaft sein Unbehagen herunter und lächelte. »Mit Stöcken sehen wir alle gut aus«, sagte er. »Das verleiht uns eine gewisse Größe.«
Sie wanderten bis zum späten Nachmittag weiter, ehe sie die Spalte, die sich nun endlich langsam schloss und wieder in sicheren Boden überging, umgehen konnten.
Neben gelegentlichen Vogelsichtungen, auf die Nightingale jedesmal mit kaum verhohlener Panik reagierte, bekamen sie kurz darauf auch erstmals während ihrer Wanderung ein wildes heimische Tier in voller Größe zu sehen. Es war etwa so groß wie ein Elch, zottig, und hatte ein weißes Fell und alarmierend blaue Augen, die sie, wie Hutch fand, mit einem Ausdruck kühler Intelligenz beobachteten. Trotzdem sah es nicht besonders gefährlich aus. Die Schnauze versank in einem eisigen Strom, und es machte sich nicht die Mühe, den Kopf zu heben, als sie sich näherten.
Nichtsdestotrotz zogen sie ihre Waffen, schalteten sie ein und verteilten sich.
Das Tier starrte nacheinander jeden der Eindringlinge an. Es studierte Hutch mit besonderer Aufmerksamkeit, als wüsste es, dass sie der Anführer der kleinen Truppe war.
Hutch blickte in die verunsicherten Gesichter und auf die zitternden Hände ihrer Kameraden, schloss, dass ihr von dieser Seite mindestens genauso viel Gefahr drohte wie von der Kreatur, und verzog sich hastig aus MacAllisters Schusslinie.
Als die Letzten von ihnen an dem Wesen vorübergingen, bäumte es sich auf den Hinterbeinen auf. Um seinen Hals zeigte sich eine Art Kragen aus außen liegenden Knochen, die beiderseits des Rachens in lange Dornen mündeten. Zudem hatte die Kreatur ein breites Maul voller Haizähne, und ihr eingemeißeltes Grinsen erinnerte Hutch an einen Alligator.
»Das Ding besteht nur aus Zähnen«, flüsterte MacAllister.
Die Kreatur musterte Nightingale und zeigte ihm die Zähne. Nightingale erstarrte.
Ein gepanzerter Grat schützte die Unterseite ihres Körpers, und ihre Klauen erinnerten an Dolche.
»Ruhig bleiben«, sagte Hutch. Der Exobiologe blieb mit geweiteten Augen reglos stehen, während Hutch sich langsam zwischen ihn und die Kreatur schob. Das mächtige Gebiss drehte sich in ihre Richtung, der Blick wanderte
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