Hutch 02 - Die Sanduhr Gottes
die KI hatte. Während sie das tat, verschwanden Kellie und Nightingale im Turm und kehrten mit zwei langen Seilen zurück. Hutch knotete eines davon um ihre Taille und reichte Chiang das andere Ende. Das zweite gab sie aufgerollt in Kellies Obhut. »Werfen Sie es herunter, wenn ich es sage.«
Überraschend ließ Marcel von sich hören. »Seien Sie vorsichtig.«
Noch überraschender war MacAllisters Reaktion. Er sah ehrlich besorgt aus. Allerdings fragte sie sich, ob er nicht lediglich fürchtete, sie könnte abstürzen, bevor sie die Kondensatoren gerettet hatte. »Ich halte das für keine gute Idee, Priscilla. Dazu besteht keine Veranlassung. Sagen Sie einfach der KI, sie solle mehr Gas geben.«
»Verlassen Sie sich einfach auf mich«, sagte sie einigermaßen gerührt.
In der näheren Umgebung gab es keine Bäume oder anderen Objekte, mit deren Hilfe sie die Seile hätten sichern können, also trieben Chiang und MacAllister einige Pfähle in den Boden. Als sie fertig waren und das Seil vertäut hatten, atmete Hutch tief durch, ließ sich am Rand nieder, spürte die Leere unter ihren Füßen und lächelte Kellie zaghaft zu.
Kellie reckte ihr den aufgerichteten Daumen entgegen.
Sie wusste, wie ein Profi kletterte. Die stemmten ihre Füße gegen eine Felsoberfläche und marschierten einfach hinunter. Aber sie konnte sich nicht ausreichend im Gleichgewicht halten, also nahm sie eine sitzende Position ein und ließ sich über die Kante gleiten. »Okay, Leute«, sagte sie. »Lasst mich runter.«
Der Befehl wurde ausgeführt, und Hutch starrte krampfhaft die erdfarbene, raue Struktur der Wand an. Kellie beobachtete sie und leitete Anweisungen und Aufmunterungen in beide Richtungen weiter. »Okay, Hutch, Sie machen das gut.«
»Warten Sie! Sie muss erst an einem Hindernis vorbei.«
Schnee und Kies lösten sich aus der Wand und rieselten in die Tiefe.
Nirgends gab es eine Stelle, an der sie sich festhalten konnte. Zu spät wurde ihr klar, dass sie das Seil um ihre Oberschenkel hätte knoten sollen, statt es einfach an ihrem Gürtel und dem Flickingergeschirr zu befestigen. Nun zerrte es an ihr, drohte, den Gürtel unter ihrer Weste hochzureißen, und das Flickingerfeld bot nicht genug Widerstand, dem Zug entgegenzuwirken.
»Alles okay, Hutch?«, rief Kellie.
»Ich bin okay. Macht weiter.«
Sie umklammerte das Seil so fest, dass ihre Muskeln zu schmerzen anfingen. In Gedanken ermahnte sie sich, ruhig zu bleiben, während sie sich vorsichtig umblickte, darauf bedacht, nicht in den gähnenden Abgrund zu schauen, um festzustellen, wo die Fähre war. Dann und wann regneten Klumpen aus Erde und Schnee auf sie herab.
Kellie und Nightingale starrten nun beide zu ihr hinunter, und sie wünschte, sie würden sich vorsichtiger verhalten. Das Letzte, was sie jetzt brauchte, war, dass einer der beiden ihr direkt in den Schoß fiel, aber als sie diesen Punkt beanstandete, gaben sich beide nur verwundert.
»Nur noch ein bisschen«, wies Kellie die Männer am Seil an.
Die Landefähre war direkt unter ihr, und sie tastete mit dem linken Fuß nach ihr, fühlte nichts, drehte sich im Seil, versuchte es noch einmal und berührte Metall. Erleichtert stellte sie fest, dass die Fähre nicht weiter absackte, als sie sie mit ihrem Gewicht belastete. »Okay«, rief sie. »Bin an Bord.«
Sicherheitsleine hin oder her, sie fühlte sich wohler, solange sie auf dem Luftfahrzeug kniete, statt darauf zu stehen. Trotz des plumpen Gesamteindrucks war der Rumpf angemessen gerundet und aerodynamisch. Wo immer sie ihn berührte, schien er sich von ihr fortzubiegen. Sie kauerte auf der Steuerbordseite und lugte durch das Kabinenfenster. Die Tür zwischen Frachtraum und Kabine stand offen. Zwei Gepäckstücke waren aus ihren Fächern gerutscht und vor dem tiefer gelegenen Schott zum Liegen gekommen.
Eines nach dem anderen: Sie arbeitete sich zur Kommunikationsanlage vor, öffnete das Gehäuse und holte so viele Einzelteile wie möglich heraus. Auch die Anschlussstücke nahm sie an sich und stopfte sie in ihre Westentasche.
Der Rumpf verjüngte sich nach hinten. Vorsichtig tastete sie sich in diese Richtung zu den Kondensatorkammern voran.
Es gab auf jeder Seite des Raumfahrzeuges eine, etwa auf halbem Wege zum Heck. Aus ihrer Perspektive lag eine oben, die andere unten. Hutch konzentrierte sich zunächst auf die, die leichter zu erreichen war. »Glory«, sagte sie, »kannst du mich hören?«
»Ich höre Sie, Priscilla.«
»Nenn mich Hutch.
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