Hutch 06 - Hexenkessel
Anbetracht der vielen Leute, die an dem Projekt beteiligt waren, musste irgendwann etwas durchsickern, also berief er eine Pressekonferenz ein und verkündete offiziell, was sie zu tun beabsichtigten. Zwei Tage lang beherrschte das Thema die Nachrichten, bis andere Ereignisse, ein schauriger Mord in einem Freizeitpark in Chicago, gefolgt von einem neuen Bestechungsskandal, in den mehrere Kongressabgeordnete verwickelt waren, es ins Abseits drängten. Inzwischen aber meldeten sich mehrere Physiker zu Wort. Alle gestanden, sie sähen keinen Grund, warum kein verbessertes Antriebssystem entwickelt werden könne. Zugleich jedoch sagten sie unisono einen Fehlschlag voraus. Eliot Greeley, der angesehene Kosmologe von der Universität London, bemerkte, dass »Teufel noch mal wirklich alles möglich ist, es sei denn, es verbietet sich ausdrücklich. Aber das bedeutet nicht, dass wir es auch umsetzen können«.
Als Rudy Hutch anrief, gab er sich gezielt optimistisch. Doch sie durchschaute ihn und wies ihn allerdings auch darauf hin, dass die Experten beinahe das Gleiche über überlichtschnelles Reisen im Allgemeinen gesagt hätten, bis Ginny Hazeltine sie samt und sonders eines Besseren belehrt habe.
Während die Fachwelt skeptisch blieb, zeigte sich Paul überraschenderweise mit jedem Tag, der vorüberging, zuversichtlicher. »Ich glaube, wir werden es schaffen, Rudy!«, verkündigte er. »Wart’s nur ab!«
Ach, ja. Und Rudy wartete. Als die Kapitalgeber der Foundation sich bei ihm meldeten, um ihn in diese oder jene Richtung zu drängen, erklärte er ihnen, er sei von der Sache überzeugt, dennoch sollten sie nicht vergessen, dass das Projekt ein Glücksspiel sei. Es könne mit einem Fehlschlag enden. Ob es das tue oder nicht, sie würden ihre Unterstützung auch weiterhin brauchen.
Den schlimmsten Tadel hatte er von Joe Hollingsworth zu erdulden, der zu den Gründern der Foundation gehörte. Hollingsworth tauchte eines Morgens in Rudys Büro auf, um ihn zurechtzuweisen, weil Rudy Geld für solch ein abwegiges Projekt vergeude. Hollingsworth war eine jener Furcht erregenden Gestalten, die, wenn sie einen Raum voller Leute betraten, sich sogleich der ungeteilten Aufmerksamkeit aller Anwesenden sicher sein konnten. In physischer Hinsicht war er keineswegs auffällig. Er war gut eins achtzig groß, teilweise Afrikaner, teilweise Massachusetts-Yankee, teilweise Mexikaner. Tadellos gekleidet. Aber man wusste stets, wenn er zugegen war, und man konnte sich nie des Gefühls erwehren, er käme gerade erst von einem Gespräch beim Präsidenten zurück. »Rudy«, sagte er, »Sie werfen das Geld zum Fenster raus, und, was noch schlimmer ist, Sie schaden dem Ruf der Foundation. Wenn die Happy Times da rausfliegt und explodiert, und genau das wird passieren, dann wird uns niemand je wieder ernst nehmen!«
»Sie wird nicht explodieren«, entgegnete Rudy.
»Das hilft uns auch nicht weiter. Wenn diese Sache nicht uneingeschränkt erfolgreich abgeschlossen wird, stehen wir dumm da. Warum haben Sie nicht mit uns geredet, ehe Sie das Projekt angeschoben haben?«
Ja, warum nicht? »Weil ich wusste, dass Sie Einspruch erheben würden«, antwortete er in einem Anfall entrüsteter Offenheit. »Weil im Vorstand immer Leute sitzen, die sich einbilden, wir könnten dieses oder jenes nicht und jemand anderes sollte das Risiko auf sich nehmen. Joe, ich wollte, dass wir diejenigen sind, die das tun! Weil wir dann auch die Ersten sein werden, die dieses System in der Praxis einsetzen werden.«
»Nun gut.« Hollingsworth klang, als spräche er mit einem Kleinkind. »Für einen Egotrip setzen Sie also alles aufs Spiel!
Geht die Sache daneben, und das wird sie, wird das das Ende der Foundation sein. Schlimmer noch, es wird das Ende aller interstellaren Bemühungen zu unseren Lebzeiten sein! Gute Arbeit, Rudy!«
Hollingsworth war nicht der Einzige. Eine beachtliche Anzahl der Geldgeber reagierte verärgert. Sie verlangten zu erfahren, welche Kosten mit dem Projekt verbunden seien, und sie warnten ihn, dass sie, sollte das Experiment fehlschlagen, die Foundation nicht länger unterstützen würden.
Insofern war es keine schlechte Idee, Silvestri für die Öffentlichkeitsarbeit einzusetzen. Zudem überraschte dieser Rudy mit seiner Fähigkeit, sein Publikum zu umgarnen. Von Hinweisen auf Quantenfluktuationen und Raumverschränkungen war nichts zu hören. Stattdessen erzählte er den Leuten von der Bedeutung des Locarno. Problemloses Reisen zu
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