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Hyänen

Hyänen

Titel: Hyänen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Epperson
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Geräusch – mal war es lauter, mal leiser, aber immer war es da –, das Schlagen von Engelsflügeln. Waren sie gekommen, um ihm zu helfen, oder würden sie ihn mit fortnehmen? Nun ja, wie die Rothäute sagen, es war ein guter Tag zum Sterben. Falls es darauf hinauslief. Oder um seine Feinde niederzustrecken, seine Tochter zu befreien, sich die Diamanten zu schnappen und fortzugehen, um in Thailand ein wundervolles Leben zu führen. Wenn es dem lieben Gott gefiel.
    Er legte die Bibel zur Seite und stand auf, ging hinüber zur Kommode. Dort stand die heidnische Göttin, die er aus Normans Wohnung mitgenommen hatte. Er sah die Skulptur an und bewunderte sie. Von Kunst verstand er nicht viel, aber das hier war eindeutig eine Schönheit. Was für ein Gesicht. Er rieb über ihren Kopf. Vielleicht brachte das Glück.
     
    Dr. Pol Lim flickte Markus Groh wieder zusammen. Die Kugel hatte an seiner linken Seite das Fleisch durchbohrt. Dabei hatte sie eine Rippe gestreift, aber keine wichtigen Organe verletzt.
    «Heute ist für Sie ein glücklicher Tag», sagte Pol Lim. «Wie für Ihren Freund am Mittwoch.»
    «Wenn wir wirklich Glück hätten», sagte Groh, «dann wäre gar nicht auf uns geschossen worden.»
    Pol Lim zuckte mit den Schultern. Suchte in seiner schwarzen Arzttasche nach Verbandszeug. Wie ein altmodischer Landarzt. «Ich vermute, das hängt davon ab, wie man es betrachtet. Ich bin ein Optimist, wie mein Bruder. Er ist im Donutgeschäft. Er sagt, worauf es ankommt, sind die Donuts, nicht die Löcher in der Mitte.»
    «Ich würde sagen, ich war einfach bescheuert. Unglaublich bescheuert.»
    Er hatte den alten Mann unterschätzt. Er hatte sich als gerissener Fuchs entpuppt, der ihn beinahe erledigt hätte. Eigentlich war er Erfolg gewöhnt, aber bei diesem Auftrag hatten sie bis jetzt alles verpfuscht. Alles war eine einzige frustrierende Sauerei, darauf waren sie nicht gefasst gewesen. War er vielleicht nicht mehr so ganz auf der Höhe? Vielleicht ging es Mördern genau wie Sportlern, wenn sie dreißig wurden, lagen die besten Jahre schon hinter ihnen. Ja, es war Zeit, aufzuhören. Zeit, um Luke zu retten und im Paradies unterzutauchen.
    Bulgakov saß am Schreibtisch. Er sichtete Berge von Ordnern, Rechnungen und Briefumschlägen, die sie aus Normans Wohnung mitgenommen hatten. Etwas hatte er schon gefunden, das vielleicht wichtig war: das Kennzeichen von Normans Chrysler. Und jetzt rief er: «Er hat noch ein verdammtes Haus.»
    «Wo?», fragte Groh.
    «Tejada Springs.»
    «Hm, wo das wohl sein mag.»
    «Oh, das weiß ich», sagte Dr. Pol Lim. Er war glücklich, dass er helfen konnte. «Es liegt östlich von San Diego. In der Wüste.»
    Bulgakov kam mit den Strom- und Telefonrechnungen zum Bett.
    «Hier ist Adresse. Und Telefonnummer.»
    Groh sah sich die Rechnungen an. « 100 Desert Club Drive.» Dann sagte er zu Bulgakov: «Gib mir bitte Normans Handy. Es liegt auf der Kommode.»
    Bulgakov brachte es ihm, ein billiges Gerät von Nokia. Groh drückte auf die grüne Taste; im Display erschien die letzte Nummer, die er angerufen hatte. Er verglich sie mit der Nummer auf der Telefonrechnung.
    «Norman hat heute in seinem Haus in Tejada Springs angerufen. Um elf Uhr sechsundzwanzig.»
    «Ich frage mich, wen er da wohl angerufen hat», sagte Pol Lim. Er hatte keine Ahnung, wer Norman war und worum es ging, genoss aber umso mehr den kurzen Besuch auf der dunklen Seite des Lebens.
    «Das frage ich mich auch, Doktor. Darf ich in meinem Zustand Auto fahren?»
    «Nein, natürlich nicht. Sie gehören ins Krankenhaus.»
    «Zu blöd.»
    Groh zuckte zusammen, als er sich aufrichtete und die Beine aus dem Bett schwang.
    «Dima? Gib mir bitte saubere Sachen.»
     
    Sie fuhren durch Salton City. Verglichen damit war Tejada Springs eine pulsierende Metropole. Baufällige Häuser, verlassene und halbfertige Gebäude. Straßen ganz ohne Häuser, die nur von Telefonmasten und Hydranten eingerahmt wurden. Jede Menge optimistische Schilder für jede Menge Häuser, die zum Verkauf standen. Sie kamen an einem Golfplatz mit dem Namen
Seitenhieb
vorbei, der in etwa so einladend war wie Normans Golfplatz in Tejada Springs. Menschen waren kaum zu sehen. Eine zahnlose alte Frau rollte in einem Golfmobil an ihnen vorbei. Mitten auf einer schmutzigen Straße spielten schwarze Kinder Fußball. Dafür gab es umso mehr bedrohlich wirkende Hunde. Der Schlittenhund bellte sie an, und sie bellten zurück. Sie kamen sich vor wie in einer

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