Hyänen
Fenster, als der Polizist auf ihn zukam. Der musterte ihn im Strahl der Taschenlampe.
«Könnte ich Ihren Führerschein und die Zulassung sehen, Sir?»
Ter Horst zeigte ihm seinen Ausweis und die Dienstmarke. «Bin im Einsatz.»
Er war jung und sah gut aus, seine Haut hatte die Farbe von Oliven, und sein Name war Martinez.
«Mist. Tut mir leid, Marshall. Habe ich Ihnen gerade irgendwas versaut?»
Er zuckte mit den Schultern. «Schon in Ordnung. Sie tun ja nur Ihre Arbeit.»
Schweiß glänzte auf seiner Haut und lief sein Gesicht hinunter, sein Atem ging schnell und flach. Er konnte nicht glauben, dass ihm so etwas passierte.
«Alles in Ordnung mit Ihnen?», fragte Martinez.
«Kann ich mal aussteigen?»
«Klar, natürlich.»
Er stieß die Tür auf und machte ein paar wacklige Schritte an seinem Wagen entlang, dann krümmte er sich und kotzte, beleuchtet vom Blaulicht des Streifenwagens. Autos rasten vorbei, und ihr Fahrtwind schüttelte ihn hin und her. Er richtete sich auf und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund.
«Kann ich etwas für Sie tun?», fragte Martinez, aber er antwortete nicht. Gerade fuhr ein Konvoi von Lastwagen vorbei, mittendrin der grüne Honda. Luke schaute ihm direkt ins Gesicht. Ter Horst war klar, dass er gerade einen Herzanfall bekam, trotzdem musste er ganz einfach lachen.
«Mom, Mom, das war Frank!», rief Luke und zeigte nach hinten, wo die Lichter des Streifenwagens blinkten.
Sie hielt das Lenkrad fest im Griff. Konzentrierte sich aufs Fahren. Irgendwie war sie zwischen diese fauchenden Ungeheuer geraten und versuchte, sich aus ihrer Umklammerung zu befreien.
«Was?»
«Frank! Marshall Frank! Dahinten, Mom! Die Polizei hat ihn angehalten.»
Sie sah in den Rückspiegel, konnte aber nichts erkennen.
«Es kann nicht Frank gewesen sein. Was hätte der denn hier zu suchen? In Kalifornien?»
«Er
war
es, Mom.»
«Wie sah er aus?»
«Er hatte eine Glatze und einen Schnurrbart. Er sah aus wie Frank!»
«Es gibt jede Menge Männer mit Glatze und Schnurrbart auf der Welt. Wie fühlst du dich jetzt?»
«Ich glaube, besser.» Nein, er war sauer. Weil sie ihm nicht glauben wollte. Sie beugte sich zu ihm hinüber und strich ihm das Haar aus den Augen.
«Du musst mal zum Friseur.»
«Muss ich nicht.»
Sie streichelte seinen Kopf. Sein kostbares Haar. Jedes einzelne seiner Atome war für sie von unschätzbarem Wert.
«Versuch zu schlafen. Bald fängt ein neuer Tag an. Der wird besser, glaub mir.»
Sie erreichten L.A. eine Stunde vor Sonnenaufgang. Auf der 10 war eine Menge los, viele Pendler kamen aus der Wüste in die Stadt. Die Hochhäuser in Downtown schienen ihnen im Vergleich zu New York wenig eindrucksvoll. Sie fuhren den Santa Monica Boulevard ganz hinunter und gelangten durch einen gewundenen Tunnel auf den Pacific Coast Highway. Der Ozean leuchtete matt in der Dämmerung. Luke war wieder eingeschlafen, sie war mit ihren Gedanken allein. Bis jetzt hatte sie ohne jeden Plan gehandelt. Sie war ganz einfach wie besessen um Lukes und ihr eigenes Leben gerannt. Wenn es eine Brücke gäbe, die gen Westen nach Hawaii führte, dann wäre sie jetzt darauf unterwegs. Stattdessen schien der Richtungswechsel den Fluchtimpuls unterbrochen zu haben. Sie fuhr die kalifornische Küste entlang und überlegte, wie es jetzt weitergehen sollte. Sie hatte nicht viel Ahnung von Geographie, wusste aber, dass man in dieser Richtung nach Washington und Oregon kam, dann nach Kanada und Alaska. Aber auch nach San Francisco. Nach San Francisco hatte sie schon immer gewollt. Sogar hier in Los Angeles konnten sie sich für eine Weile verkriechen. In der großen Stadt abtauchen. Sie sah ein Schild mit der Aufschrift «Sunset Boulevard», kurz entschlossen bog sie rechts ab und verließ die Küste.
Als Luke aufwachte, fuhren sie an Palmen und großen Häusern vorbei.
«Wo sind wir?»
«Beverly Hills. Hier wohnen die Stars! Vielleicht sehen wir ja welche, beim Joggen oder so.»
Es ließ sich jedoch keiner blicken, und sie fuhren weiter Richtung Osten. Sie kamen nach Hollywood, parkten auf dem Hollywood Boulevard und gingen ein wenig spazieren. Wie zwei Touristen, die aus der Hölle kommen. Er beschwerte sich, dass er kaum einen der Namen kannte, die vor dem Chinese Theatre oder anderswo auf dem pink-schwarzen Walk of Fame in den Beton geschrieben waren, aber dann zeigte sie ihm Godzillas Stern, und den fand er cool. Überall war noch geschlossen, aber trotzdem waren schon einige Leute
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