Hyänen
Welt in der Nacht versank. Er war es gewohnt, allein zu sein, aber an diesem Abend wollte er andere Menschen um sich haben.
Er ging zum Sea Horse. Weil er hungrig war, setzte er sich an einen Tisch und las die Speisekarte. Es gab nicht viel, das er essen konnte. Schließlich entschied er sich für einen mediterranen Salat.
Es war nicht so voll wie am Abend zuvor. Er aß und bestellte ein zweites Bier, trank es aber nur zur Hälfte. Die Kellnerin flirtete mit ihm. Sie hieß January und war blond und hübsch, aber er ging auf den Flirt nicht ein. Er war etwas neben der Spur. Obwohl er selten krank wurde, fragte er sich, ob ihm vielleicht irgendwas in den Knochen steckte. Er sah öfter zur Bar, wartete auf den alten Mann, Norman. Aber er tauchte nicht auf.
Er bezahlte und ging. Ging zurück zum Hotel.
Auf dem Bürgersteig lag ein Gummiband. Er bückte sich, hob es auf und steckte es ein.
Sie gingen in ein Motel am Stadtrand von Barstow. Nicht weit entfernt war ein Burger King; sie aßen schweigend und kehrten zurück zum Motel. Luke ging sofort schlafen, Gina nahm eine Dusche. Sie genoss das heiße Wasser auf der Haut. Stellte sich vor, sie würde sich darin auflösen, einfach verdampfen. Als sie aus dem Badezimmer kam, war von Luke gerade noch das dunkle Haar auf dem Kopfkissen zu erkennen. Sie nahm eine halbautomatische Pistole aus ihrer Handtasche, eine Glock. Ging ins Bett, schob die Pistole unter das Kopfkissen, schaltete den Fernseher ein und das Licht aus. Sie zappte durch die Sender und blieb bei einer Reality-Show hängen, in der ein paar junge Großstadtmädels um die Gunst eines stattlichen jungen Farmers aus Missouri rangen. Sie trugen enge kurze Hosen und traten in einfallsreichen Wettkämpfen gegeneinander an, in denen sie Korn dreschen, Mist schaufeln und Hühner fangen mussten, damit man sie in Käfigen zum Markt bringen konnte. Der gutaussehende Farmer schaute zu und versuchte rauszukriegen, welche von ihnen wohl die beste Ehefrau wäre.
Ter Horst machte sich Sorgen wegen des MobileTrackers. Er hatte noch ein paarmal verrücktgespielt. Aber jetzt funktionierte er. Das kleine blaue Auto hatte sich seit anderthalb Stunden nicht mehr bewegt. Sie hatten angehalten, um zu schlafen. Das hieß, in circa vier Stunden würde er sie haben.
Er drehte das Radio auf und hörte einem Priester namens Reverend Billy zu. Reverend Billy sagte, seine Sendung würde von einem Wohnwagen inmitten der Wüste ausgestrahlt. Das Ende der Welt sei nah, und nur sechsundsechzig Menschen auf der ganzen Welt würden nicht zur Hölle fahren; er selbst sei einer von ihnen. Er sagte, dass auch einige Tiere in den Himmel entrückt würden, unter anderem sein Hund Mike. Er sagte, viele hundert Engel würden um seinen Wohnwagen flattern und er könne das dumpfe Schlagen ihrer Flügel hören, dann bellte ein Hund, und er sagte, das sei Mike gewesen, er habe Angst vor den Engeln.
Ter Horst war enttäuscht, als der Empfang schlechter wurde und Reverend Billy in den Weiten des Äthers zurückblieb. Er glaubte an Hölle und Himmel und überlegte, ob er wohl zu den sechsundsechzig gehörte. Er dachte an Gina. Stellte sich vor, wie sie in irgendeinem Motel im Bett lag. Die Möpse frei unter dem Nachthemd. Der kleine Slip. Er hatte sie schon immer vögeln wollen, und dies war die letzte Möglichkeit.
Sein Handy klingelte. Es war schon wieder Cicala. Er ließ ihn auf die Mailbox sprechen.
Er hatte genug Zeit gehabt, um nachzudenken, während er Stunde um Stunde im Wagen saß, und ein Plan entfaltete sich wie eine Blütenknospe. Er würde nicht darauf warten, dass Cicala jemand anderen schickte. Er würde sich selbst um Gina kümmern. Und um Luke. Cicala wollte Luke zurückhaben, das war verständlich. Dass Gina ihn nicht angerufen und auch keinen seiner Anrufe angenommen hatte, konnte nur bedeuten, dass sie begriffen hatte, wer ihr Toddo auf den Hals gehetzt hatte. Und er musste davon ausgehen, dass Luke wusste, was sie wusste, deshalb konnte er keinen von beiden am Leben lassen. Warum sollte er sich mit der Hälfte der Diamanten zufriedengeben, wenn er alle haben konnte? Cicala würde das nicht gefallen, und vielleicht schickte er einen Killer los, aber der musste ihn erst einmal finden.
Er stöhnte leise und rieb sich die Brust. Das Sodbrennen war immer noch da, die Tabletten hatten wenig genützt.
Der Seemann wanderte am Ufer eines riesigen Sees entlang. Es war Nacht, und ein großer Mond stand am Himmel. Im seichten
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