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Hyänen

Hyänen

Titel: Hyänen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Epperson
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danke.»
    «Kein Problem. Schönen Aufenthalt.»
    «Komm mit, Luke.»
    «Tschüs, Luke.»
    «Tschüs.»
    Er nahm seine Einkaufstasche. Sah dem Jungen und der Frau hinterher. Dann ging er in die andere Richtung zu seinem Motel.
    In seinem Zimmer war ein kleiner Kühlschrank, wo er Milch und Käse aufbewahren konnte. Er machte sich ein Sandwich und trank dazu ein Glas Milch. Was wäre wohl passiert, wenn er die beiden zum Essen eingeladen hätte? Die Frau hätte nein gesagt, und der Junge hätte protestiert, ach komm, sag schon ja. Vielleicht hätte der Junge gewonnen. Dann säße er jetzt bei Domenico und könnte über den Tisch in ihr schönes Gesicht schauen, statt hier allein in seinem Zimmer zu sitzen. Was soll’s. War nicht mehr zu ändern.
    Er nahm ein zerfleddertes Taschenbuch aus dem Rucksack und warf sich aufs Bett. Das Buch hieß
Reise nach Westen
, ein chinesischer Roman aus dem sechzehnten Jahrhundert. Er handelte von der abenteuerlichen Reise des Affenkönigs nach Indien, auf der Suche nach einem heiligen buddhistischen Buch. Der Affenkönig war aus einem Fels geboren worden. Er war bösartig und rebellisch, und er war ein großer Krieger, der unaufhörlich mit verschiedenen Göttern und Dämonen im Streit lag. Mit einem einzigen Salto konnte er fast dreihunderttausend Kilometer zurücklegen. Er hatte alle zweiundsiebzig Verwandlungen bestanden und konnte jede beliebige Gestalt annehmen, egal, ob Mann, Vogel, Baum, Pferd, Kiesel oder Käfer.
    Nachdem Gray eine Zeitlang gelesen hatte, schlief er ein. Er träumte, er würde in seinem Bett davontreiben, aus dem Motel hinaus gen Westen, aufs offene Meer; dann wachte er auf. Eine Stunde war vergangen. Er ging ins Badezimmer und spritzte sich Wasser ins Gesicht. Er beschloss, eine Runde am Strand zu laufen; zog Shorts und Turnschuhe an und ging los.
    Der grüne Honda aus Oklahoma stand drei Türen weiter vor dem Motel. Er schaute im Vorbeigehen hinüber; die Vorhänge an den Fenstern waren zugezogen. Er fragte sich, was bei den beiden wohl nicht stimmte. Er erinnerte sich daran, welchen Eindruck sie auf ihn gemacht hatten, als er sie vor dem Supermarkt stehen sah. Sie hätten genauso gut große Schilder hochhalten können: Wir stecken tief in der Scheiße.
     
    Die Nacht brach an. Er sah den Lichtern der Autos nach, die die Verrazano Bridge überquerten. Jenseits der New York Bay glitzerte Brooklyn.
    Smitty jaulte; ihm war kalt.
    «Gleich gehen wir wieder rein, mein Kleiner.»
    Aber jetzt noch nicht. Er stand gern in der Kälte auf seinem Balkon und sah zu, wie es Nacht wurde. Mit einem guten Scotch. Pat the Cat. Oben auf Todt Hill.
    «Mr. Cicala?»
    Es war Latreece, die Pflegerin seiner Frau. Aus Jamaika. Eins fünfzig groß und einen Meter breit. So dunkel, dass er sie kaum erkennen konnte.
    «Ja? Was gibt’s?»
    «Ihre Frau?»
    «Was ist mit ihr?»
    «Sie fragen nach Ihnen.»
    «Verdammt, wie ist das möglich?»
    «Mit Augen. Sie fragen mit Augen.»
    Als er ihr Zimmer betrat, lächelte sie ihm entgegen. Sie lächelte allerdings die ganze Zeit. Der rechte Mundwinkel hing leicht nach unten, so wie ihre ganze rechte Seite. Seit dem Schlaganfall war ihr halbes Gehirn nur noch Brei. Er ging zu ihrem Rollstuhl, nahm ihre linke Hand und streichelte sie.
    «Wie geht es dir, mein Schatz?»
    Mit ihren braunen Augen warf sie ihm einen warmen Blick zu. Denselben warmen Blick, den sie jedem Menschen und jedem Ding in ihrer Umgebung gönnte: Latreece, dem Dienstmädchen, den Vögeln im Garten und den grässlichen Werbespots im Fernsehen, sogar ihrem eigenen, verschrumpelten Spiegelbild und auch Smitty, den sie vor ihrem Schlaganfall wegen seines schlechten Betragens nicht leiden konnte.
    «Latreece sagt, dass ich zu dir kommen soll.»
    Es wäre schön gewesen, wenn sie zur Antwort seine Hand gedrückt hätte, aber so etwas machte sie nicht. Nur der Blick und das Lächeln. Wobei das ja im Grunde eine Verbesserung war. Sie war mit dem Älterwerden nicht klargekommen. Früher war sie schön gewesen, den Verfall hatte sie nicht ertragen. Sie hatte sich in eine schlechtgelaunte, verbitterte alte Ziege verwandelt, die ihn schon lange nicht mehr angelächelt oder liebevoll angesehen hatte. Er vermisste die Gespräche mit ihr. Man soll nicht mit seiner Frau übers Geschäft reden, aber er hatte es getan, sein Leben lang; das war sein größtes Geheimnis. Sie war clever, hinterhältig und rücksichtslos gewesen, hatte die Menschen mit einem Blick durchschaut. Hatte gesagt: Dem

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