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Hyänen

Hyänen

Titel: Hyänen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Epperson
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heraus. Er pinkelte an die hintere Stoßstange des Hondas.
    Seine Blase war voll, und er pinkelte eine ganze Weile. Er lächelte dabei. Hinter dem Wagen bildete seine Pisse einen glänzenden, beständig wachsenden See. Dann schloss er seinen Reißverschluss und ging in seinen Schuhen aus Straußenleder davon. Noch immer lächelnd.

Mittwoch
    U m 3 : 03  Uhr wachte er auf. So wie jede Nacht oder jeden Morgen, je nach dem, wie man es sehen wollte. Dann blieben ihm endlose Stunden, in denen er einfach nur dalag, gequält von Erinnerungen und Befürchtungen, von seiner Blase und seinen Eingeweiden, den Schmerzen in der Hüfte und dem Klingeln in den Ohren. Das Altern ließ sich nur aus einem einzigen Grund ertragen, nämlich dem, dass es so langsam ging. Es hieß, dass ein Frosch, den man in kochendes Wasser wirft, sofort wieder herausspringt, aber wenn er in kaltes Wasser fällt und man es langsam erwärmt, kriegt der Frosch davon überhaupt nichts mit. Er bleibt ganz ruhig im Topf sitzen, bis man ihn bei lebendigem Leib gekocht hat. Mit dem Alter war es genau dasselbe. Wenn man morgens aufwachen würde und im Spiegel sieht, dass man alt geworden ist, nachdem man gestern noch jung war, würde man einfach verrückt werden und von irgendeinem Scheißdach herunterspringen.
    Er konnte Smitty in seinem Körbchen schnarchen hören. Das Geräusch störte ihn nicht. Er mochte es sogar, fand es angenehm, dass noch ein anderes Lebewesen im selben Raum war. Er war es nicht gewohnt, allein zu schlafen. Mehr als vierzig Jahre lang hatte Millie neben ihm geschlafen. Er fragte sich, ob sie wohl auch gerade wach dalag. Vor ein paar Tagen war er mitten in der Nacht zu ihr gegangen, um nach ihr zu sehen, und sie hatte aufrecht im Bett gesessen. Mit weit geöffneten Augen in die Dunkelheit gestarrt und auf unheimliche Weise gelächelt, einfach so.
    Latreece hatte ihm erzählt, sie würde auch sehr oft um diese Zeit aufwachen. Sie sagte, das sei die Geisterstunde.
Wenn die Geister schleichen und die Toten nicht weichen.
    Bald würde Gina Geschichte sein. Die Russen sollten sie heute in L.A. töten. Danach würden sie das erledigen, was schon Toddo Palmentola hätte tun sollen: Luke zurück nach New York bringen. Aber nicht zu ihm. Sie würden ihn an einem sicheren und geheimen Ort verstecken. Und dann würde er – eine Superidee – das FBI anrufen. Er würde sagen, sein Enkel sei gekidnappt worden, die Kidnapper hätten mit ihm Kontakt aufgenommen und gesagt, sie würden Luke töten, wenn er nicht ein siebenstelliges Lösegeld bezahlte. Er würde sie um Hilfe bitten, damit er Luke zurückbekam. War das nicht genial? Zusammenarbeit mit der verfickten Bundespolizei! Und während diese feige Bande von Idioten eine fieberhafte Suche nach den Tätern organisierte, würden die Russen etwas nachlässig werden, eine Tür oder ein Fenster offen lassen, bevor sie aus dem Haus gingen. Luke würde entkommen und die Polizei anrufen. Weil der Vater im Knast sitzt und die Mutter verstorben ist, wäre es nur logisch, dass sein Granddad oben auf Todt Hill sich um ihn kümmert. Vielleicht schöpften die Bullen Verdacht, dass Cicala das alles selbst eingefädelt hatte, aber scheiß drauf. Das sollten sie erst mal beweisen.
    Luke würde es bei ihm gefallen, Luke liebte ihn, und er liebte Luke. Aber eins machte ihm Sorgen, vor allem dann, wenn er um diese Zeit nicht schlafen konnte. Ginas Eltern waren tot, aber sie hatte eine Schwester. Connie, eine Friseurin. Sie lebte in Baldwin auf Long Island und war mit einem Tischler verheiratet, der Tom hieß. Er hatte Angst, dass Tom und Connie vor Gericht gehen und ihm Luke wegnehmen könnten. Mit der Begründung, er sei unfähig, Luke zu erziehen, weil er wahrscheinlich ein zwielichtiger Mafiapate sei. Als ob es solche Paten heute noch gäbe. Mafiapaten sind wie Filzhüte und Gamaschen längst aus der Mode gekommen. Er war ein erfolgreicher Geschäftsmann, der gut für Luke sorgen und ihn auf die besten Schulen schicken konnte. Bei Tom und Connie erwartete ihn ein mühsames, zweitklassiges Leben in einer Stadt, die einmal schön gewesen war, aber längst den Niggern gehörte. Vielleicht wäre das ein Fall für die Russen. Wenn sie die Sache mit Luke erledigt hatten, könnten sie nach Baldwin fahren und Tom und Connie einen Besuch abstatten. Sie sollten sie, wenn möglich, nicht gleich umbringen, sondern ihnen einen ordentlichen Schrecken einjagen. Aber er würde zu Mr. Li gehen müssen, um sich das absegnen zu

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