Hybrid
erklären. Wir haben die Polizei in Manaus verständigt, die ist allerdings bis heute nicht gekommen. Inzwischen sind die Leichenreste verbrannt worden. Das Ganze war eine reichlich seltsame und mystische Aktion, aber das ist eine Geschichte für sich.
Die Einheimischen hatten natürlich sofort etwas von Walddämonen geflüstert, wie sie eben so sind. Die Stimmung ist abergläubisch, und alles wirkt sehr mysteriös. Ich hab ein bisschen rumgeforscht und von Susan – die Campleiterin, du kennst sie ja – schließlich erfahren, dass vor einem Jahr ein junger Student aus dem Team, Oliver, diesen Gerüchten einmal nachgehen wollte. Er soll wohl ein recht verdrehter Typ gewesen sein, interessierte sich für Fabelwesen und Schamanismus und solche Sachen. Jedenfalls hatte er sich vom Camp abgemeldet und war mit Sack und Pack flussaufwärts gezogen, weil er herausfinden wollte, was dahintersteckt. Er hatte sich danach aber nicht wieder zurückgemeldet. Ich schätze, den hat ohnehin keiner richtig vermisst.
Ich habe das Gefühl, hier wird irgendetwas verheimlicht, aber ich kann den Finger nicht drauf legen. Ich werde mal weitere Nachforschungen betreiben und dir dann alle Details schreiben, wenn ich selbst mehr weiß.
Juli reichte den Brief an Tom.
»Vielleicht lässt sich etwas über diesen Oliver erfahren«, schlug sie vor. »Es könnte doch sein, dass man inzwischen etwas über seinen Verbleib weiß und was er herausgefunden hat.«
Tom überflog den Brief. »Hm … Das wird nicht leicht. Oliver ist ja nicht gerade ein einzigartiger Name.«
»Es könnte aber klappen. Das Team im Dorf bilden hauptsächlich Ärzte und Studenten aus Deutschland und insbesondere aus Hamburg, weil die Teamleiterin hier in Hamburg an der Uni Vorlesungen hält und immer wieder Leute anwirbt. Es gibt ein Büro auf dem Campus, wo man sich melden kann, und die wissen, wer sonst noch im Camp ist. Mit Sicherheit haben sie auch Unterlagen aus den vergangenen Jahren.«
»Okay, das ist einen Versuch wert! Aber wenn du dir solche Sorgen um den Verbleib deiner Schwester machst, warum bist du dieser Spur nicht schon längst nachgegangen? Ich meine, da werden Leichenteile angespült, ein Typ geht in den Wald und kommt nicht zurück. Ein Jahr später passiert es wieder, deine Schwester geht auch in den Wald und kommt auch nicht zurück. Das klingt doch verdächtig nach einem Muster.«
»Ja, ich weiß. Ich habe das Camp ja kontaktiert und danach gefragt, und die haben sich sogar auf den Weg gemacht, sie zu suchen. Aber Susan betonte immer wieder, dass es nun mal eine gefährliche Gegend sei und jedes Jahr Hunderte von Menschen im Urwald verschwinden. Durch Unfälle, Krankheiten oder wilde Tiere oder weil sie sich verlaufen.«
»Na ja, verlaufen ? Dafür gibt es doch GPS -Geräte und Satellitentelefone.«
»Dafür braucht man aber eine Lichtung oder einen hohen Baum, das ist nicht so leicht, wie du dir das vorstellst.«
Tom gab ihr den Brief zurück. »Du kennst dich wohl ganz gut aus, hm? Und woher kennst du diese Susan?«
»Ich war selbst auch schon zweimal in dem Camp, in den Semesterferien. Habe dafür ja sogar Portugiesisch gelernt.«
Tom hob die Augenbrauen. »Dann hättest du doch in den letzten Wochen hinfliegen können, um nach dem Rechten zu sehen.«
»Sicher! Ich hatte auch schon ein Ticket gebucht, aber Susan hat es mir untersagt, weil bei ihnen gerade ein heftiger Virus umgeht und sie das gesamte Dorf zur Quarantänezone erklären mussten. Es kommt keiner rein oder raus.«
Tom zuckte mit den Schultern. »Na gut, dann bleibt uns also dieser Oliver. Versuch du etwas über ihn in Erfahrung zu bringen. Ich werde mich bei Berger melden und ihm die bisherigen Hinweise durchgeben.«
Hauptkommissar Berger hörte sich an, was Tom über die Verflechtungen der Firmen zu erzählen hatte.
»Ich habe dazu ein Schaubild erstellt«, erklärte Tom, »das ich Ihnen per E-Mail schicken kann.«
»Vielen Dank, Herr Hiller, aber das wird nicht nötig sein.«
Tom meinte, durch das Telefon den herablassenden Gesichtsausdruck des Mannes sehen zu können.
»Diese Verbindungen sind mir schon länger bekannt. Aber weder ist das außergewöhnlich schwierig aufzudecken, noch ist daran irgendetwas Illegales. Wenn Sie mir weiterhelfen möchten – und das sollten Sie in Ihrem eigenen Interesse –, dann müssen Sie mir schon etwas Substanzielleres bringen.«
»Wie stellen Sie sich das vor?«, gab Tom gereizt zurück.
»Sie sind der Journalist, Herr
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