Hybrid
Stelle, schlüpften durch das Loch und schlugen sich anschließend weiter durch das Unterholz in Richtung des Wassers. Kurz vor der letzten Baumreihe blieben sie stehen. Sie befanden sich auf Höhe des mit Gräsern bewachsenen Uferabschnittes, in dem sie ihr Boot versteckt hatten.
»Verdammt, die waren uns tatsächlich gefolgt«, sagte Tom.
Nur unweit der Stelle, wo sich ihr Schlauchboot verbarg, trieb ein etwa doppelt so großes Motorboot. Es lag einige Meter weiter draußen und hatte daher noch ausreichend Wasser unter dem Kiel. Es war niemand zu sehen.
Sie liefen zum Wassersaum und blieben entsetzt stehen, als sie ihr Boot gefunden hatten. In der dicken Gummihaut des Rumpfs klaffte ein Schnitt, der sich über die halbe Länge zog. Sämtliche Luft war entwichen, die Konstruktion in sich zusammengefallen.
»Diese Schweine!«, entfuhr es Juli.
Tom trat wütend gegen den wabbeligen Haufen.
»Es gibt nur eines, was wir tun können«, sagte er dann.
Juli sah zu ihm auf und folgte seinem Blick. Das Boot der Brasilianer!
»Du willst es klauen?«
»Eine andere Chance, von hier wegzukommen, haben wir nicht. Oder willst du schwimmen?«
Juli wusste nichts darauf zu erwidern. Also folgte sie Tom, der sich schon auf den Weg machte.
»Der Schlüssel steckt!«, rief er, als er es erreicht hatte und Anstalten machte, an Bord zu klettern.
Plötzlich ertönte eine Stimme vom Ufer her: »Stehen bleiben!«
»Er hat eine Waffe, Tom!«
Er drehte sich um und entdeckte einen Mann in etwa zehn Metern Entfernung. Er war offenbar aus dem Wald gekommen und leuchtete zu ihnen herüber. Juli hatte ihrerseits ihre Lampe auf ihn gerichtet, sodass er deutlich zu erkennen war. Es war ein Kerl mit Glatze und breiten Schultern und keiner der beiden Männer, die ihren Weg in der Anlage gekreuzt hatten. Dieser hier musste am Ufer gewartet und auf das Boot aufgepasst haben.
»Runter vom Boot und herkommen«, rief der Glatzköpfige. Er hatte einen deutlichen Akzent.
Tom kletterte wieder runter und folgte Juli, die bereits langsam auf den Mann zuging.
»O que é que quer de nós?«, fragte sie auf Portugiesisch, in der Hoffnung, dass der Mann ebenfalls ein Brasilianer war. Und tatsächlich legte er den Kopf schief. Er schien vollkommen überrascht, senkte für einen Moment sogar seine Waffe.
»Isto não pode ser …«, gab er von sich. Dann riss er sich zusammen, hob die Waffe erneut und rief: »Venham cá! Etwas schneller!«
Sie gingen auf den Mann zu, unsicher, was sie erwarten würde.
Mit einem Mal fuhr der Glatzkopf herum. Etwas war hinter ihm. Ein Schuss löste sich aus seiner Pistole. Dann taumelte er einen Schritt zurück, als ihn etwas anfiel. Im Licht von Julis Lampe war der Streuner zu erkennen, der den Mann angesprungen und sich in dessen rechten Unterarm verbissen hatte.
»Das ist unsere Chance«, rief Tom. »Los!«
Juli blieb stehen. »Aber der Hund!«
»Nichts da! Wir müssen abhauen, komm schon!« Er packte sie am Arm und zog sie mit sich. Nur widerwillig setzte sie sich in Bewegung, dann waren sie auch schon am Boot und schwangen sich über den Rand.
»Guck, ob du einen Anker findest und zieh ihn hoch«, rief Tom, der sich an der Zündung zu schaffen machte. Nur einen Augenblick später lief der Motor auch schon an. Juli holte ein Tau ein, und als der kleine Klappanker an der Wasseroberfläche erschien, schlug Tom das Lenkrad ein und gab Gas. Der Motor heulte auf, das Boot setzte sich in Bewegung. Mit wild aufschäumendem Kielwasser entfernten sie sich von der Insel.
Sie ließen das gekaperte Boot am Nordufer der Elbe zurück und fuhren mit ihren Wagen in Toms Wohnung.
»Ich brauche erst mal einen starken Kaffee«, sagte Juli.
Tom ging in die Küche. »Ob der stark genug ist, weiß ich nicht, aber dafür haben wir ausreichend Vorrat.« Er öffnete eine Tür des Küchenschranks und offenbarte eine Großhandelspackung mit Kaffeepads. »War günstiger so.«
Tom nahm sich selbst ein Bier, und gemeinsam ließen sie sich erschöpft auf das Sofa im Wohnzimmer sinken. Tom legte den Kopf in den Nacken, Juli setzte sich seitlich, hängte die Beine über den Sofarand und lehnte sich an Tom.
»Da sind wir ja ganz schön in was reingeraten«, sagte sie nach einer Weile.
»Ja. Das kann man wohl sagen. Erst wollte jemand verhindern, dass der Fuß untersucht wird, hat das Labor am UKE zerstört, versucht, die Ergebnisse zu löschen und den Fuß gestohlen. Und dann sind wir denen wohl aufgefallen.«
»Sie müssen uns
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