Hybrid
und besorgen, und Tom, der nicht wie Juli bereits in den letzten Jahren einmal in Brasilien gewesen war, musste sich im Tropeninstitut gegen Gelbfieber impfen lassen. Die Resistenz würde sich zwar erst in etwas mehr als einer Woche bilden, aber so lange konnten sie nicht warten, und immerhin war es besser als gar nichts.
Ihr Gepäck war aufgegeben und durchgecheckt, nun gab es nichts weiter zu tun, als zu warten. Der Flug würde von Frankfurt aus nach São Paulo gehen und von dort nach Manaus. Einen längeren Zwischenstopp gab es nicht, lediglich vier Stunden am frühen Morgen in São Paulo, wo sie sich die Beine vertreten und frühstücken wollten. Tom hoffte, auf dem Flug schlafen zu können, um nicht völlig gerädert in Brasilien anzukommen. Seine Fototasche hatte er als Handgepäck dabei, ausreichend Akkus, Ladegeräte und Speicherkarten ebenfalls. Nun musste er sich auf Juli und ihre immerhin rudimentäre Ortskenntnis verlassen, bis sie in dem Camp waren, von dem sie immer erzählte.
Der Flug verlief ereignislos, und Tom schien es, als zöge er sich unendlich in die Länge. Seine Gedanken kreisten immer wieder um ihre Erlebnisse, die Entdeckung auf der Elbinsel und ihre Verfolger, die es tödlich ernst meinten. Nun tatenlos herumzusitzen, mit Angst im Nacken und unsicheren Zielen vor ihnen, die sich unaufhaltsam näherten, schürte sein Unbehagen. Er fühlte sich rastlos, aber zur Handlungsunfähigkeit verdammt.
Dann dachte er an den undurchsichtigen Dr. Villiers, über den er recherchiert hatte. Was trieb einen seriösen und hoch angesehenen Mediziner an, sich in solche Machenschaften zu verstricken? Oder war er nur eine Strohpuppe an der Spitze eines Konzerns, die gar nicht wusste, was in weiter Ferne und ohne ihr Wissen getan wurde? Wer steckte tatsächlich hinter dem geheimen Labor, den aufwendigen Firmenverschachtelungen und letztlich hinter den Killern, die sich an ihre Fersen geheftet hatten?
Und was geschah dort überhaupt? Es ging um medizinische Forschungen, um Transplantationsversuche, so viel hatten sie herausgefunden, aber viel weiter waren sie noch nicht.
Juli hatte ihm auf dem Flug einiges zur Xenotransplantation erläutert. Dahinter steckte der Drang, Menschen helfen zu können, die einen Ersatz für ihre Organe benötigten. Knochen und Gelenke ließen sich durch Stahl ersetzen, und für geschädigte Herzen gab es künstliche Klappen und Schrittmacher. Aber vollständig funktionsuntüchtige Organe ließen sich nur schwer oder gar nicht ersetzen. Und bei aller medizinischen Komplikation blieb das größte Problem, Spenderorgane zu finden, denn es gab weltweit viel zu wenige davon.
Ein weiteres Problem war, dass sie häufig vom Körper des Patienten nicht angenommen wurden, weil das Immunsystem sie als Fremdkörper erkannte und bekämpfte. Patienten mussten den Rest ihres Lebens Medikamente nehmen, um ihr eigenes Immunsystem zu unterdrücken, was sie aber anfällig für jede andere Art von Krankheit oder Infektion machte.
Der medizinische Zweig, der sich mit der Transplantation beschäftigte, suchte also nicht nur nach effizienteren Möglichkeiten, die Autoimmunreaktion besser kontrollieren zu können, damit Spenderorgane als körpereigen erkannt wurden und sich ganz natürlich in den Patienten integrierten. Und es ging auch darum, mehr Spenderorgane zu finden.
Schon früher hatte es vereinzelte Experimente gegeben, tierische Organe die Funktionen menschlicher Organe übernehmen zu lassen, aber stets ohne Erfolg. Damals verstand man noch nicht, dass es trotz prinzipiell gleicher Funktionsweise zu viele Unterschiede und Hindernisse für ein reibungsloses Zusammenspiel gab. Die Patienten starben stets nach wenigen Tagen. Aber seit man Mitte der Achtzigerjahre ein Pavianherz in ein Baby verpflanzt hatte, das immerhin zwanzig Tage damit überlebte, wurde die Hoffnung der Wissenschaftler wieder genährt, ob es nicht eines Tages möglich wäre, Tiere nicht nur für den Verzehr, sondern auch als Organlieferanten zu züchten, sodass eine Niere, eine Leber oder ein Herz billig und vor allem schnell ersetzt werden konnte.
Selbstverständlich waren die moralischen Fragen längst nicht geklärt. Aber wie überall gab es auch hier genügend Wissenschaftler, die die Notwendigkeit der Weiterentwicklung und den potenziellen Nutzen ihrer Forschung – und natürlich die Möglichkeit, viel Geld zu verdienen – über die gesellschaftlichen Bedenken stellten.
Die Forschung ging also weiter. Zwar nicht
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