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Hybrid

Titel: Hybrid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Wilhelm
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Akzent. Dann kamen Schritte näher.
    Tom und Juli drückten sich hinter den Tisch. Noch verdeckte sie das große Regal in der Mitte des Raums, aber der Mann würde sie sehen, sobald er herum kam. Sie schoben den Stuhl weg und krochen gemeinsam unter die Tischplatte und so tief nach hinten, wie sie nur konnten. Der Mann suchte offenbar etwas und ging von einem Schreibtisch zum anderen. Direkt vor ihrem Versteck blieb er stehen und zögerte. Tom fluchte innerlich. In der Eile hatte er vergessen, den Monitor auszuschalten.
    » Your computer is on, Yuri «, rief der Mann durch den Raum.
    » Yes, I know. It’s working. Don’t touch it «, antwortete der andere, der offenbar an der Tür wartete.
    Der Mann blieb noch einen Augenblick vor dem Schreibtisch stehen, dann wandte er sich ab und ging weiter. In einiger Entfernung hörten sie ihn in Papieren rascheln, dann wurden seine Schritte leiser, und schließlich hörten sie, wie die Tür geschlossen wurde. Sie waren wieder allein. Kurz darauf erlosch das Licht auf dem Flur.
    »Verdammt«, meinte Tom, als sie unter dem Schreibtisch hervorkamen. »Es sind wohl doch noch eine ganze Menge Leute unterwegs.« Er beendete alle Programme, die er auf dem Computer gestartet hatte, versuchte, alles wieder so herzurichten, wie es gewesen war, bis auf den Rechenprozess, den er zu Beginn abgebrochen hatte. Der Besitzer würde sich zwar wundern, was passiert war, aber vielleicht würde er es auf einen Fehler im Programm zurückführen. Tom schaltete den Monitor wieder aus, beugte sich unter den Tisch und entfernte seine Speicherkarte aus dem Rechner.
    »So, genug Daten haben wir jetzt. Fast acht Gigabyte an Dokumenten, Präsentationen und vor allem ein komplettes E-Mail-Archiv mit Korrespondenz, Anhängen und Adressen.«
    »Gut gemacht!«
    »Aber ehrlich gesagt …« Er stockte, als wisse er nicht, wie er es formulieren solle. »Ich weiß nicht, ob das reicht. Ob wir damit etwas bewirken können.«
    Juli sah ihn aufmerksam an. Hatte Tom am Ende die gleichen Gedanken wie sie?
    »Natürlich wollen wir noch deine Schwester suchen«, fuhr Tom fort. »Jedenfalls so gut wir können. Genug Räume gibt es ja. Aber auch dann … Wir können nicht einfach gehen und hoffen, dass man dieser Sache hier nachgeht. Ich meine, ich werde einen Artikel schreiben, und wir bringen ihn groß raus, und das wird Aufmerksamkeit erregen … Aber schlussendlich ist das hier doch viel zu weit weg von allem, und wer hier arbeitet, ist offenbar in der Lage unterzutauchen und wird kurze Zeit später irgendwo anders ein neues Labor aufbauen …«
    »Also … ? Willst du aufgeben?«
    »Stell dir vor, wir würden den gleichen Weg zurückgehen, den wir gekommen sind. Vorbei an all diesen entsetzlich missgestalteten und kranken Menschen. Stell es dir nur einmal vor: Wir gehen hindurch, vielleicht deine Schwester im Schlepptau, vorbei an diesen Menschen, die uns ihre Arme entgegenstrecken, die uns anflehen, sie zu retten, und wir gehen an ihnen vorbei und verschwinden durch das Erdloch. Also, ich kann das nicht.«
    Juli lächelte, auch wenn sie wusste, dass Tom es nicht sehen konnte.
    »Was ich sagen will«, fuhr Tom fort, »ist, dass ich hier nicht unverrichteter Dinge gehen kann. Ich wollte nur herausfinden, was hier läuft, Fotos machen, Belege sammeln. Aber das reicht mir nicht mehr.« Seine Stimme klang nun sehr klar. »Ich möchte diese Menschen befreien. Und ich möchte größtmöglichen Schaden anrichten, um diesen Laden hier kleinzukriegen.«
    Juli trat an Tom heran und küsste ihn auf den Mund.
    »Lass uns genau das tun«, sagte sie.
    Tom wandte sich noch einmal dem Rechner zu, schaltete den Monitor ein und öffnete mit ein paar Mausklicks ein Programm.
    »Wer so blöd ist, nicht einmal einen Bildschirmschoner mit Passwortschutz einzurichten, der muss bestraft werden«, sagte er. »So, fertig.« Auf dem Bildschirm war zu sehen, dass der Rechner nun etwas verarbeitete.
    »Was hast du gemacht?«
    »Ich habe den Computer angewiesen, seine Daten zu überschreiben und dann seine Festplatte neu zu formatieren. Ist natürlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein, aber zumindest an diesem Arbeitsplatz wird vorläufig gar nicht mehr gearbeitet werden. Wenn der seine Daten nicht im Netzwerk gesichert hat, sind sie auf Nimmerwiedersehen futsch. Und nun los. Wir haben noch einiges vor.«
    Sie verließen den Raum, schlichen sich auf den Flur und eilten durch das gedämpfte Licht. Sie blieben erst stehen, als sie eine Tür mit

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