Hyperspace: eine Reise durch den Hyperraum und die zehnte Dimension ; [Einsteins Rache]
Auffassung, Gott habe die Erde genau in den richtigen Abstand zur Sonne gesetzt. Hätte Gott die Erde näher herangerückt, wäre sie für die Entwicklung von Leben zu heiß gewesen. Hätte Gott die Erde zu weit von der Sonne entfernt, so wäre sie zu kalt gewesen. Der Schwachpunkt dieses Arguments liegt darin, daß Millionen Planeten in der Milchstraße den falschen Abstand zu ihrer Sonne aufweisen und deshalb keine Möglichkeit zur Entwicklung von Leben bieten dürften. Rein zufällig werden jedoch einige Planeten die richtige Entfernung zu ihrer Sonne aufweisen. Zu ihnen gehört unser Planet, und deshalb gibt es uns, die wir diese Frage erörtern können. Am Ende zeigen sich die meisten Wissenschaftler von dem anthropischen Prinzip enttäuscht, weil es keine Vorhersagekran: besitzt und sich nicht überprüfen läßt. Widerstrebend gelangte Pageis zu dem Schluß, daß »es im Unterschied zu den physikalischen Prinzipien keine Entscheidung darüber zuläßt, ob es richtig oder falsch ist. Man kann es nicht überprüfen. Im Gegensatz zu den herkömmlichen physikalischen Prinzipien läßt sich das anthropische Prinzip nicht experimentell falsifizieren – ein verläßliches Anzeichen dafür, daß es kein wissenschaftliches Prinzip ist.« Und der Physiker Alan Guth erklärt klipp und klar: »Gefühlsmäßig geht mir das anthropische Prinzip einfach gegen den Strich … Auf das anthropische Prinzip berufen sich Leute, denen nichts Besseres einfällt.« 4
Nach Richard Feynman besteht das Ziel der theoretischen Physik darin, »seine eigenen Ideen so schnell wie möglich zu widerlegen«. Doch das anthropische Prinzip ist steril und läßt sich nicht widerlegen. Oder mit den Worten von Weinberg: »Sicher ist Wissenschaft ohne Wissenschaftler nicht möglich, doch nicht ganz so sicher ist, ob das Universum ohne Wissenschaft unmöglich ist.« 6
Viele Jahre lang ruhte die Debatte über das anthropische Prinzip (und über Gott), bis sie unlängst durch Hawkings Wellenfunktion des Universums wiederbelebt wurde. Wenn Hawking recht hat, dann gibt es in derTat eine unendliche Zahl von Paralleluniversen, die vielfach andere physikalische Konstanten besitzen. Es ist gut möglich, daß sich in einigen von ihnen kein Leben entwickeln kann, weil die Protonen zu rasch zerfallen, die Sterne keine schweren Elemente über das Eisen hinaus produzieren können, der große Endkollaps zu rasch stattfindet und so fort. Tatsächlich ist eine unendliche Zahl solcher Paralleluniversen tot, weil in ihnen nicht die physikalischen Gesetze herrschen, die Leben in der uns bekannten Form ermöglichen.
In einem dieser Paralleluniversen (unserem) sind die physikalischen Gesetze allerdings mit dem Leben in der uns bekannten Form zu vereinbaren. Denn schließlich sind wir heute vorhanden und können über diese Frage nachdenken. Wenn das stimmt, dann brauchen wir uns wohl kaum auf Gott berufen, um zu erklären, warum das Leben, so kostbar es auch ist, in unserem Universum möglich ist. Vielmehr kommt dann wieder das schwache anthropische Prinzip zum Tragen – das heißt, neben unserer Welt gibt es viele tote Universen, aber das unsere ist das einzige, das mit dem Leben verträglich ist.
Die zweite Kontroverse, die durch Hawkings Wellenfunktion des Universums ausgelöst wurde, reicht viel tiefer und ist noch nicht gelöst. Man bezeichnet sie als das Problem der Schrödingerschen Katze.
Schrödingers Katze in neuer Sicht
Da sich Hawking mit seiner Theorie der Baby-Universen und Wurmlöcher auf die Quantentheorie beruft, wird er zwangsläufig die nach wie vor unentschiedene Debatte über ihre Grundlagen von neuem entfachen. Auch seine Wellenfunktion des Universums löst die Paradoxa der Quantentheorie nicht vollständig. Sie zeigt sie nur in einem verblüffenden neuen Licht.
Wie erwähnt, gibt es laut der Quantentheorie fur jedes Objekt eine Wellenfunktion, die bestimmt, mit welcher Wahrscheinlichkeit man dieses Objekt an einem bestimmten Punkt in Raum und Zeit antrifft. Die Quantentheorie besagt außerdem, daß wir den Zustand eines Teilchens nie wirklich kennen, bevor wir nicht eine Beobachtung vorgenommen haben. Vor einer solchen Messung kann sich das Teilchen in einer Vielzahl von Zuständen befinden, die von Schrödingers Wellenfunktion beschrieben werden. Noch einmal: Bevor die Beobachtung oder Messung durchgeführt worden ist, ist uns der Zustand des Teilchens nicht definitiv bekannt. Tatsächlich befindet sich das
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