Hypnose
irre!«
»Oh ja.« Seine Augen blitzten förmlich auf. »Ich bin wahnsinnig. Nach Macht und Perfektion. Meine Perfektion als Hochstapler hat mich und meine Kinder ein Leben lang vortrefflich ernährt. Bis mir mein Schwiegersohn auf die Schliche gekommen ist. Aber mich stürzt niemand ungestraft vom Thron und beraubt mich meiner Macht! Will ich in ständiger Angst leben müssen, von ihm angezeigt zu werden? Niemals wird es so weit kommen, dass ich auch noch mein Gesicht vor meinen Kindern ver liere. Niemals werden sie erfahren, dass ihr Vater ein Hoch stapler war. Niemals . Und deshalb musste Walter leider sterben. Natürlich wollte ich mir dabei nicht selbst die Finger schmutzig machen. Mein Rachedurst ist gestillt. Jetzt beginnt mein neues Leben. Komm, mein Mädchen, wir gehen. Und zwar so wie ich gekommen bin: Still und auf leisen Sohlen. Wir fahren von hier oben aus direkt mit dem Aufzug in die Tiefgarage hinunter.«
»Nein, lassen Sie mich! Die Polizei wird jede Sekunde hier sein!«
Er lachte auf. »Auf den ersten Streifenwagen musste ich ganz schön lange vor meiner Klink warten. Eine Schande, dass sie einen bedeutenden Mann wie mich nicht mal kannten! Ich habe sie in den Killesberg-Park geschickt, weil die Mörderin dorthin geflüchtet sei. Und weil ich so aufgeregt war und so wild gestikulierte, haben sie mir geglaubt. Ein Fehler.«
»Damit kommen Sie nicht durch! Es sind noch mehr Beamte hierher unterwegs!«
»Du glaubst, das kümmert mich? Ich werde dich als Geisel nehmen.«
Inka klammerte sich an den Gedanken, dass ihr Handy den Wortwechsel aufzeichnete. Gleichzeitig rechnete sie sich ihre Fluchtchancen aus. Brunner versperrte ihr den Weg, aber er war ein alter Mann, sie könnte sich gegen ihn durchsetzen.
»Es ist stickig hier«, sagte Brunner. »Wir gehen jetzt frische Luft schnappen und machen eine kleine Spazierfahrt.«
Inka fällte die Entscheidung in Sekundenschnelle. Der Raum war groß genug, ihm auszuweichen und es bis zur Tür hinauszuschaffen. Dachte sie.
Als sie auf gleicher Höhe waren, packte Brunner sie am Handgelenk, riss sie grob zu sich herum und noch in derselben Bewegung führte er ihr die Hand vor Augen. Sie hörte, wie er mit fester Stimme sagte: »Schlaf, schlaf tief und fest!«
Inka konnte nichts dagegen unternehmen, die Beine sackten ihr weg, und sie fiel unsanft zu Boden. Mit aller Anstrengung versuchte sie, die Augen zu öffnen, aber es gelang ihr nicht. Nein , dachte sie schwach, ich will jetzt nicht schlafen …
Da hörte sie Brunners Stimme ein paar Schritte von ihr entfernt. »Schlaf du auch weiter, meine Evelyn. Du wirst hinter alten Klostermauern wieder aufwachen. Im Gefängnis bei Annabel wird es dir gefallen. Ihr beiden Mädchen werdet dort lebenslang gut versorgt sein, und ich muss mir keine Sorgen um euch machen, wenn ich untertauche. Ich habe eurer Mutter vor ihrem Tod versprochen, dass ich immer gut auf euch aufpassen werde. Und ich halte meine Versprechen. Ach ja, und dieses Handy hier brauchst du dort nicht.«
Inka hörte ein widerlichen Knirschen und Knacken. Verdammt, dachte sie, er hat es mit dem F u ß zertreten. Nach dieser Wahrnehmung und dem Gedanken wurde ihr klar, dass sie nicht tief genug in Hypnose war, wie Brunner es vermutete.
Dennoch konnte sie sich weder bewegen noch die Augen öffnen. Aber sie wusste, dass es einen Weg gab, der sie aus der Trance führte. Und so konzentrierte sie sich mit aller Willenskraft auf ihr einziges Ziel: den Weg zu ihrem Baby. Ich will zu Jonas, dachte sie. Ich will zu ihm.
Inka schlug die Augen auf und blieb eine Weile reglos liegen. Ihr Wille gegen die Hypnose war stark genug gewesen. Sie sah Brunner, wie er tief hinuntergebeugt neben der Tür einen Aktenschrank durchsuchte und sie nicht beachtete.
Ihr Blick fiel zum Schreibtisch auf das Telefon und sie hoffte, dass es einen Direktwahlknopf zur Zentrale geben würde. Brinkhus’ Sekretärin war ihre einzige Rettung.
Inka machte sich bereit, spannte ihre Muskeln an und mit einem Satz war sie auf den Beinen.
Brunner hatte die Bewegung nicht wahrgenommen. Er war auf einen Ordner konzentriert, den er aus dem Schrank gezogen hatte. »Mein ganzes Leben«, hörte sie ihn murmeln.
Inka hechtete zum Telefon, bekam den Hörer zu fassen und drückte auf den erstbesten Knopf in der Hoffnung, dass es der richtige war. Den ersten Rufton konnte sie noch hören, dann war die Leitung tot.
Brunner hatte den Stecker aus der Wand gezogen und sah sie nun abschätzig an. »Na,
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