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Hypnose

Hypnose

Titel: Hypnose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Beerwald
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viel Fett auf einmal gewesen? Sie hatte doch sonst keine Probleme mit dem Magen. Und eine Schwangerschaftsübelkeit mitten im Zyklus konnte es nicht sein; außerdem hatte es ja nur diesen einen Annäherungsversuch vergangenes Wochenende gegeben und den hatte Peter abgebrochen.
    Es gab allerdings noch eine Möglichkeit, und dies sickerte ihr allmählich ins Bewusstsein, obwohl sie die Zusammenhänge noch nicht richtig erfassen konnte:
    Seien Sie vorsichtig, Inka. Jemand will Sie umbringen.
    ✴
    »Vorsicht, nicht öffnen!«, tönte es scharf hinter Inka. Sie hielt erschrocken mitten in der Bewegung inne, die Hand am Schrankgriff im Patientenzimmer. Brunner saß am Fenster und beobachtete sie. Sein Erscheinungsbild wirkte ähnlich nachlässig wie bei ihrem letzten Besuch: Das taubenblaue Hemd hing an einer Seite aus der Hose, was er nicht zu bemerken schien, und seine silbergrauen Haare waren heute Morgen bestimmt gekämmt worden, aber jetzt schon wieder so zerzaust, als herrsche Sturm in seinem Zimmer. In seinen blauen Augen stand die blanke Angst geschrieben.
    »Warum nicht?«, fragte sie ihn. »Ihre Tochter hat mir aufgetragen, Ihre Schmutzwäsche mitzunehmen. Ich habe Ihnen doch erklärt, dass Annabel und Evelyn heute auf einen Geburtstag eingeladen sind und ganz herzlich grüßen lassen.«
    »Geh sofort einen Schritt zurück.« Er senkte seine Stimme zu einem Flüstern: »Da sitzt ein Liliputaner drin, der Böses will.«
    »Bitte?«
    »Ja, ein Liliputaner«, raunte er. »Er kann durch das Holz der Schrankwand sehen, und ich weiß, dass er mich nicht aus den Augen lässt.« Brunner warf einen unruhigen Blick zum Fenster hinaus. »Ich werde von überall her beobachtet, und man wartet nur auf einen günstigen Moment für den Überfall. Man weiß alles über mich, aber ich bin trotzdem gewiefter als die alle da draußen. So lange ich Türen und Fenster geschlossen halte, bin ich hier drin sicher. Aber wenn …« Er stockte. »Du glaubst mir nicht. Ich kenne diesen skeptischen Blick. Du denkst, ich bin ein verrückter alter Psychiater.«
    »Nein, nein«, versicherte Inka und dachte an Evelyns Worte, niemals die Wahnwelt in Zweifel zu ziehen, um den Kranken nicht noch mehr zu destabilisieren. Jetzt verstand sie auch den Grund für das Codewort, das die Stationsschwester ihr mit einem Augenzwinkern mitgeteilt hatte und Brunner von ihr hören wollte, nachdem sie angeklopft hatte. Margitta . In der Zwischenzeit hatte sie sich auch daran erinnert, wem sie den Namen zuordnen konnte.
    »Margitta war Ihre Frau, nicht wahr?«, fragte sie, um ein anderes Thema anzuschneiden.
    Und tatsächlich löste sich die Angst in Brunners Augen, und seine Gesichtszüge entspannten sich.
    »Ja. Genaugenommen meine Verlobte. Wir haben die Achtundsechziger gelebt und hielten die Ehe für spießig. Erst als sie mit unserem dritten Kind schwanger war, habe ich ihr einen Heiratsantrag gemacht. Sie war die einzige Liebe meines Lebens und die Frau, der ich voll und ganz vertraut habe. Seither habe ich keine andere Frau mehr gehabt. Zur Hochzeit kam es nicht mehr. Ihr Tod kam damals viel zu plötzlich. Ich glaube, diesen Schock habe ich bis heute nicht überwunden.«
    Brunner klang plötzlich sehr vernünftig. Lag es daran, dass er über die Vergangenheit sprach, in der seine jetzige Wahnwelt noch nicht existierte? Jedenfalls war Inka froh, dass sich die Situation wieder entspannte. Dennoch ließ sie vom Kleiderschrank ab und setzte sich unverrichteter Dinge wieder auf den Besucherstuhl zu ihm an den Tisch. Vielleicht würde sie später noch einen Versuch starten – andernfalls musste die Wäsche eben bis Dienstag warten. Viel wichtiger war ihr eigenes Anliegen, mit dem sie gekommen war. Angelegentlich betrachtete sie die kleinen gelben Zettel, mit denen die Zimmerwände übersät waren und überlegte, ob Brunner sich wohl gerade in einer günstigen Verfassung befand, ihn auf die Warnung anzusprechen, die er ihr beim letzten Besuch heimlich zugesteckt hatte.
    »Du nimmst meine Worte ernst, sonst wärst du heute nicht zu mir gekommen«, begann er unvermutet von selbst das Gespräch. »Das ist gut so. Es ist nicht leicht, zu anderen Menschen durchzudringen, wenn man für verrückt gehalten wird.«
    Wie recht er doch hatte , dachte sie plötzlich.
    »Durch meine Töchter weiß ich mehr über dich, als du denkst, Inka. Seit du dein Baby verloren hast, bist du nicht mehr du selbst. Und glaub mir, ich kann deinen Schmerz sehr gut nachvollziehen. Du

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