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Iacobus

Iacobus

Titel: Iacobus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matilde Asensi
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berührte der Lichtstrahl schon den Alten mit seinem Stab und schien nun träge auf ihm zu verweilen.
    »Wenn es dem Ritter denn beliebt«, vernahm ich da die Stimme des alten Klerikers hinter meinem Rücken, »so könnten wir jetzt in das Hospiz zurückkehren.«
    »Wir sind Euch für Eure Freundlichkeit äußerst dankbar, Pater. Wenn es Euch allerdings nichts ausmacht, würden mein Sohn und ich gern noch eine Weile hierbleiben, um zu San Juan zu beten.«
    »Ich sehe, daß unser Heiliger Eure Frömmigkeit erweckt hat!« bemerkte er voll Freude.
    »Wir möchten für die Tochter meines Bruders fürbitten, die schon seit Jahren hofft, schwanger zu werden.«
    »Ihr tut wahrlich gut daran! Zweifellos wird Euch San Juan das gewähren, worum Ihr ihn bittet. Ich erwarte Euch also gemeinsam mit Eurer jüdischen Freundin. Gott schütze Euch.«
    »Er sei mit Euch.«
    Als er verschwunden war, wandte sich Jonas zu mir um und sah mich neugierig an.
    »Was ist mit Euch? Wir haben keine unfruchtbare Cousine.«
    »Schau genau hin, mein Junge.«
    Ich packte ihn am Kragen und drehte seinen Kopf, als wäre es der einer Stoffpuppe, zum Kapitell mit der Szene von Maria Empfängnis.
    »Sieh dir den heiligen Josef an.«
    »Noch ein Tau!« rief er freudig.
    »Noch ein Tau«, stimmte ich zu. »Und betrachte den Lichtstrahl, der allmählich weiterwandert; noch beleuchtet er ihn ein wenig.«
    »Wenn ein Tau abgebildet ist«, meinte er dann und befreite sich mit einem Kopfschütteln aus meinem Griff, »dann befindet sich hier offensichtlich ein Versteck des Templerschatzes.«
    »Natürlich. Und ich weiß auch wo.«
    Er schaute mich mit großen, glänzenden Augen an.
    »Wo, Sire?«
    »Streng dein Gedächtnis an, mein Junge. Was hat in Eunate am meisten unsere Aufmerksamkeit erregt?«
    »Die Geschichte von König Salomo und all die seltsamen Tiere auf den Kapitellen.«
    »Nein, Jonas! Denk nach! Es gab dort ein Kapitell, das sich von allen anderen unterschied. Du selbst hast es mir gezeigt.«
    »Ach ja, das von Lazarus' Auferstehung und dem blinden Bartholomäus!«
    »So ist es. Aber wenn du dich genau erinnerst, so war die ziselierte Inschrift auf der Konsole der Auferstehungsszene falsch. Während er seinen Freund vom Tod erweckte, sagte Jesus demnach ›Ego sum Lux‹, doch laut den Evangelien ließ Jesus damals keines dieser Worte verlauten. Und was haben wir hier, in San Juan de Ortega?«
    »Wir haben ein Tau und einen Sonnenstrahl, der es erleuchtet.«
    »Und einen heiligen Wundertäter, der nach Auskunft des Paters ein Fachmann im Erwecken von Toten war, sowie die Szene des Kapitells von Eunate und die des Kapitells der Templerkapelle in Torres del Río. Auch dort gab es ein allem Anschein nach gewöhnliches Kapitell mit dem Motiv der Auferstehung Christi.«
    »Das stimmt!« rief er aus und klopfte sich mit der Faust auf die Schenkel. Es war nicht zu leugnen, daß er mein Sohn war. Sogar seine unbedachtesten Gesten waren eine schlechte Nachahmung meiner eigenen. »Allerdings weist uns dies noch nicht auf das Versteck des Goldes hin.«
    »Doch, das tut es durchaus. Falls aber noch irgendein Zweifel besteht, so verfügen wir ferner über unsere Erkenntnisse von der Templerkirche in Puente la Reina.«
    »Welche Erkenntnisse?«
    »Du wirst dich noch daran erinnern, was ich dir von den Wandmalereien in der Kirche Nuestra Señora dels Orzs erzählt habe.« Der Junge nickte. »Über einem gabelförmigen Baum oder einem Gänsefuß, dem Symbol der geheimen Bruderschaften der initiierten Brückenbauer und Baumeister – und vergiß nicht, San Juan war einer von ihnen –, beobachtete dort ein Königsadler einen Sonnenuntergang. Wie du weißt, symbolisiert der Adler die Sonne, und der Sonnenuntergang entspricht der gegenwärtigen Stunde. Das Licht, welches das Tau hier beleuchtet hat, ist ein Strahl der untergehenden Sonne.«
    »Gut, einverstanden, aber wo ist das Gold?« Er verlor langsam die Geduld.
    »In seinem Grab.«
    »Im Grab? Wollt Ihr damit sagen … in der Tumba, innen drin?«
    »Warum nicht? Erinnerst du dich nicht an die Kapitelle? Die Grabplatten waren immer zur Seite geschoben, damit der Auferstandene wieder ans Licht kommen konnte. So war es mit der Mauer vor der Wandnische der heiligen Oria, und ich wette, um was du willst, daß sie den Schatz der heiligen Orosia von Jaca ebenfalls in irgendeiner Gruft finden werden, vor der man erst eine Mauer niederreißen muß. Obwohl …«
    »Obwohl … was?«
    »In Torres del Río drang eine

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