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Iacobus

Iacobus

Titel: Iacobus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matilde Asensi
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plötzlich meine Erinnerungen: Nachdem man mir einen gewaltigen Keulenschlag auf den Kopf versetzt hatte, wurde das Echo der Kommandos in jenen zyklopischen Gängen in meinen Ohren allmählich immer schwächer.
    Als ich wieder zu mir kam, hatte ich jeglichen Sinn für Raum und Zeit verloren. Ich hatte keine Ahnung, wo ich mich befand, noch warum ich dort war, noch was für einen Tag oder Monat oder ein Jahr man schrieb. Mein Hinterkopf, etwas oberhalb des Nackens, wo ich den Schlag abbekommen hatte, schmerzte entsetzlich, und ich war weder imstande, meine Gedanken vernünftig aneinanderzureihen, noch die Bewegungen meines Körpers zu koordinieren. Mir war ganz flau im Magen, und ich fühlte mich erst besser, als ich mir die Seele aus dem Leib gekotzt hatte. Nach und nach kam ich wieder zu Bewußtsein und versuchte mich aufzurichten, indem ich einen Ellbogen auf die Steinplatten stützte. Es stank fürchterlich, und es herrschte eine grimmige Kälte. Auf dem Boden neben mir lag unser ganzer armseliger Besitz verstreut; man hatte ihn wohl für nicht wertvoll genug erachtet, um ihn uns wegzunehmen.
    Im schwachen Lichtschimmer, der durch die Gitterstäbe der Tür drang, konnte ich Sara und Jonas erkennen, die bewußtlos auf einem Haufen Stroh am anderen Ende des Verlieses lagen. So gut ich konnte, kroch ich zu dem Jungen, um zu sehen, ob er noch atmete; anschließend sah ich nach Sara, und dann, ohne mir dessen bewußt zu werden, ließ ich mich an ihrer Seite nieder und vergrub meine Nase in ihrem Hals.
    Als ich viel später wieder erwachte, hörte ich, wie die Jüdin, die gerade einmal so weit von mir abgerückt war, um mich anzusehen, mir zuflüsterte:
    »Wie geht es Euch?«
    Ich wußte nicht zu antworten. Es kamen mir Zweifel, ob sie mich gerade nach meinem körperlichen Zustand gefragt hatte oder nach der Annehmlichkeit, neben ihr zu liegen. Verwirrt und unsicher richtete ich mich auf. Es kostete mich einige Mühe, mich von ihrem Körper zu lösen.
    »Der Kopf tut mir schrecklich weh, aber ansonsten bin ich wohlauf. Und wie geht es Euch?«
    »Auch mich hat man niedergeschlagen«, wisperte sie und führte eine Hand zur Stirn. »Aber ich fühle mich gut. Es ist nichts gebrochen, macht Euch deshalb keine Sorgen.«
    »Jonas!« rief ich den Jungen.
    Er öffnete ein Auge und schaute mich an.
    »Ich glaube, daß ich mich nie … nie wieder … werde bewegen können«, stöhnte er.
    »Laß sehen. Heb eine Hand hoch … Gut, so ist es recht. Jetzt den ganzen Arm … Tadellos. Und nun versuch eines dieser Beine zu bewegen, die nie mehr zu laufen vermögen … Wunderbar! Dir geht es sehr gut. Deine Iris kann ich jetzt zwar nicht untersuchen, da es hier kein Licht gibt, doch vertrauen wir auf deine kräftige Konstitution und die Lebenslust deines jungen Körpers.«
    »Wir sollten darüber nachdenken, wie wir hier wieder herauskommen«, brach es aus Sara ungeduldig hervor.
    »Wir wissen ja nicht einmal, wo wir uns befinden.«
    »Offensichtlich in einem unterirdischen Kerker. Dieser Ort hier ähnelt nicht gerade einem Palast.«
    Ich näherte mich der Tür und blickte durch die Gitterstäbe.
    »Der Gang ist so lang, daß ich dessen Ende nicht sehen kann, und die Fackel, die uns leuchtet, ist halb niedergebrannt.«
    »Jemand wird kommen, sie zu erneuern.«
    »Seid Euch da mal nicht so sicher.«
    »Ich kann nicht glauben, daß man uns ein so grausames Ende bestimmt hat.«
    »Im Ernst?« rutschte es mir voll Sarkasmus heraus. »Dann erinnert Euch an Papst Clemens, König Philipp den Schönen, den Siegelbewahrer Nogaret und den unglückseligen Grafen Le Mans.«
    »Das ist etwas anderes, Bruder Galcerán. Uns wird man so nicht sterben lassen, vertraut mir.«
    »Ihr glaubt felsenfest an die Tugend der Templer.«
    »Ich wuchs in der Festung von Marais auf, vergeßt das nicht, und die Tempelherren retteten mir und meiner Familie das Leben. Ich kenne sie besser als Ihr, und ich bin davon überzeugt, daß bald jemand kommen wird, um die Fackel zu ersetzen und uns hoffentlich auch etwas zu essen zu bringen.«
    »Und wenn dem nicht so ist?« fragte der Junge ängstlich.
    »Wenn dem nicht so ist, Jonas«, antwortete ich ihm, »bereiten wir uns auf einen guten Tod vor.«
    »Sire, bitte!« rügte mich Sara, »hört auf, Eurem Sohn mit solchen Dummheiten Angst einzujagen. Mach dir keine Sorgen, Jonas. Wir werden hier schon rauskommen.«
    Es blieb uns nichts anderes übrig als abzuwarten, daß irgendein menschliches Wesen durch den stillen

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