Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Iacobus

Iacobus

Titel: Iacobus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matilde Asensi
Vom Netzwerk:
Schritte dorthin lenkten, wo das wahre Herz des jüdischen Viertels zu liegen schien, stießen wir auf einen Greis, der aus einem verfallenen Haus trat und uns erschreckt ansah.
    »Gelobt sei der Herr ewiglich, amen«, begrüßte ich ihn auf hebräisch. Dieser Vers des 89. Psalms war so etwas Ähnliches wie ein ritueller Gruß unter den Juden, eine Formel des Wiedererkennens, welche der Alte sofort mit Wohlgefallen aufnahm.
    »Gelobt sei er ewiglich, amen«, antwortete er und deutete ein freundliches Lächeln an. Was treibt Euch zu dieser Zeit noch hierher?«
    »Wir suchen das Haus von Sara der Zauberin. Vielleicht könnt Ihr uns helfen.«
    »So sucht denn nicht weiter. Saras Tür ist jene dort vorne mit dem kleinen Sonnendach. Sie wird heute abend wohl vergessen haben, es abzunehmen.«
    »Der Friede sei mit dir«, verabschiedete ich mich.
    »War das Hebräisch, was Ihr mit dem Juden geredet habt?« fragte mich Jonas, als wir uns einige Schritte von dem Alten entfernt hatten.
    »Ja, sicher.«
    »Und warum könnt Ihr Hebräisch?«
    »Ach Jonas, Jonas … Wie viele Dinge willst du nur vorzeitig wissen! Schau, hier ist die Straße der Silberschmiede, tatsächlich, siehst du die Zeichen dort an den Hauswänden? Laß uns klopfen.«
    Ich mußte mehrere Male gegen die Tür hämmern, bevor sich jemand dazu herabließ, uns zu öffnen. Im Türspalt erschien eine Frau, deren Alter aufgrund der Dunkelheit nicht genau zu bestimmen war. Über dem schwarzen, weiten Kleid trug sie einen Lederschurz.
    »Was wollt Ihr?«
    »Wir wollen mit Sara der Zauberin sprechen.«
    »Wozu?«
    »Wir brauchen ihre Hilfe.«
    »Wer schickt Euch?«
    »Ein Händler, der außerordentlich zufrieden war mit dem, was sie einst für ihn getan hatte.«
    Neugierig betrachtete uns die Frau einige, mir ewig vorkommende Sekunden lang und öffnete dann schließlich die Tür, um uns hereinzulassen.
    »Tretet ein, aber kommt bloß nicht auf die Idee, irgend etwas anzufassen.«
    Anfangs, als ich ihr Alter schätzen wollte, hatte mich ihre ungewöhnliche weiße Haarpracht, die ihr offen über die Schultern fiel, verwirrt, aber schon bald merkte ich, daß sie noch nicht einmal dreißig Jahre alt sein mußte. Sie ging barfuß über den kalten Boden, und als sie sich umdrehte, sah ich, daß ihre schneeweiße Haut mit unzähligen Sommersprossen und Muttermalen aller Größen, Farbabstufungen und Formen gesprenkelt war. Zu Hunderten bedeckten sie ihre Haut, sogar die Füße. Sie war die schönste und ungewöhnlichste Frau, der ich in meinem Leben je begegnet war.
    Seltsamerweise rührte mich der Raum, den wir nun betraten: In dem Versuch, ihn wie einen Hort der Magie wirken zu lassen, hatte die geheimnisvolle Sara ihn mit den absurdesten Gegenständen ausgeschmückt, die man sich nur vorstellen konnte. So sehr ich auch alles mit meinen Blicken absuchte, konnte ich doch keinerlei Zeichen eines wahren Zaubermeisters entdecken, bis auf den Kessel vielleicht, in dem ein schäumendes Gebräu vor sich hin köchelte. An einer Seite war ein Altar aufgebaut, auf dem mehrere dicke Wachskerzen brannten. Dazwischen standen Dutzende von Schüsseln, Gläsern, Krügen, Gefäßen und Bechern in tausenderlei Farben und Größen, die flüssige, feste, tote und sogar lebende Substanzen unterschiedlicher Herkunft enthielten: Quecksilber, Wurzeln, Schwefel, Würmer, Samen, Blumen, wunderliche Gebräue, Steine, Sand, Schnäbel und Krallen von Vögeln, Kräuter … An einer weiteren Wand war ein riesengroßer Zauberkreis mit einem blauen Hexagramm in der Mitte aufgemalt, an dessen Spitzen sechs goldene Sterne funkelten. Im äußeren Kreis, den Speichen des Hexagramms folgend, hatte sie die Symbole für den Mond (Montag), Mars (Dienstag), Merkur (Mittwoch), Jupiter (Donnerstag), Venus (Freitag) und Saturn (Samstag) gezeichnet, allerdings fehlte ihr ein Stern, um das Sonnensymbol für den Sonntag hinzuzufügen. Gezwungenermaßen mußte einer der sieben Tage der Woche übrigbleiben, denn dazu hätte sie ein Heptagramm benötigt; doch dann wäre es wohl nicht mehr dasselbe gewesen.
    Nun, um mich kurz zu fassen: Daneben gab es noch einen jüdischen, siebenarmigen Leuchter, eine Schlangenhaut, einen Wolfsbarsch in einem Glas, einen Zauberkessel sowie ein gabelförmig gebogenes Kreuz. Glänzende Vorhänge, ein weißer Totenschädel und eine auf einem Olivenbaumast sitzende schwarze Krähe vervollständigten die Szenerie.
    Jonas kam aus dem Staunen nicht mehr heraus, als er all die ihm

Weitere Kostenlose Bücher