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Iacobus

Iacobus

Titel: Iacobus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matilde Asensi
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unverständlichen Gegenstände sah, und eine gewisse kindliche Angst ließ ihn nicht von meiner Seite weichen. Die Zauberin setzte sich nun an einen kleinen Tisch, auf dem eine mit goldenen Punkten übersäte Tischdecke lag, und wies auf zwei Schemel, die hinter unseren Rücken standen.
    »Ich höre. Was wollt Ihr von mir?« fragte sie.
    »Ich will nicht lange um den heißen Brei herumreden«, begann ich und führte meine Hand langsam und herausfordernd zum Schaft meines zweischneidigen Schwerts. »Ich brauche eine Auskunft, die nur Ihr mir geben könnt, und um sie zu bekommen, bin ich zu allem bereit.«
    »Was seid Ihr doch für ein Einfaltspinsel!« rief sie vergnügt aus und lehnte sich zurück; ihre Augen und Lippen lächelten voll Ironie. »Mir ist es einerlei, ob Ihr Bürger, Ritter, Adliger oder der König von Frankreich höchstpersönlich seid; Ihr seid ein Dummkopf, Sire. Ihr versucht mich mit einer kindischen, kraftstrotzenden Geste einzuschüchtern. Aber seht, ich bin bereit, Euch Eure Anmaßung in meinem Haus nachzusehen, wenn Ihr den Preis bezahlt, den ich von Euch für das verlange, weswegen Ihr gekommen seid.«
    Ich muß gestehen, daß sie mich verblüffte. Selbstverständlich hatte ich keinen Augenblick daran gedacht, meine Waffe auch wirklich zu gebrauchen, aber ich hatte geglaubt, daß diese Geste ihr hinreichend Angst einjagen würde, um sie für unser Gespräch in eine verwundbare Position zu versetzen. Ich hatte mich getäuscht; ich hatte sie für weniger gewitzt gehalten als sie war. Und sie nützte meine Fassungslosigkeit weidlich aus.
    »So sprecht endlich. Oder wollt Ihr hier etwa die ganze Nacht verbringen?«
    »Laßt uns den Zweikampf beenden, Zauberin, ich gestehe Euch meine Niederlage ein«, sagte ich und lächelte dabei, meine Taktik ändernd, so freundschaftlich wie möglich. Ihre semitischen Gesichtszüge, die kleinen dunklen Augen, die Adlernase und die breite Stirn, harmonierten sehr gut mit ihrem schlohweißen Haar, der milchweißen Haut und den unzähligen Muttermalen und Sommersprossen. Offen gestanden war die Jüdin von hinreißender Schönheit. Ich ertappte mich selbst bei diesen sündigen Gedanken, die gegen mein Keuschheitsgelübde verstießen, das mir den Umgang mit dem weiblichen Geschlecht untersagte, und ich mußte mich gewaltig anstrengen, um sie wieder zu verscheuchen. Da sah sie mich lange und geringschätzig an, was mich wiederum in Verwirrung stürzte. Ich gab alle Zurückhaltung auf. »Schön, seht, ich habe erfahren, daß Ihr es wart, die die Kerze mit dem Gift präparierte, welches dem Leben Guillaume de Nogarets ein Ende setzte.«
    Kein Wort kam über ihre Lippen. Gelassen blickte sie mich weiterhin voller Verachtung an.
    »Habt Ihr mich verstanden oder seid Ihr taub?«
    »Ich habe Euch verstanden, ja und? Soll ich nun vielleicht in Tränen ausbrechen oder vor Schreck zu schreien beginnen?«
    In diesem Augenblick kreischte die Krähe »Vor Schreck, vor Schreck!«, woraufhin Jonas mit einem solchen Satz von seinem Schemel aufsprang, daß er fast der Länge nach hingefallen wäre.
    »Das hier ist Teufelswerk, Sire!« rief er aus und ordnete sich dann verlegen seine Kleider.
    »Euer kleiner Sohn ist nicht gerade sonderlich kühn … sich wegen eines Vogels so zu erschrecken!«
    Nun war ich es, der verräterisch in die Höhe schreckte. War sie vielleicht wirklich eine Hexe? Langsam wurde mir unheimlich zumute.
    »Jonas ist nicht mein Sohn, Madame, er ist mein Schildknappe, und wenn es Euch nichts ausmacht, würde ich jetzt gern wieder auf unsere Angelegenheit zu sprechen kommen, die mir weit interessanter erscheint als Eure Bemerkungen oder die Eurer Krähe.«
    »Ich sagte bereits, daß ich Euch zuhöre.«
    »Schön, wie Ihr wollt. Habt Ihr das Gift gemischt, das Guillaume de Nogaret tötete?«
    »Und warum sollte ich auf diese Frage antworten?«
    »Wie viele Münzen wollt Ihr für die richtige Antwort?«
    »Goldmünzen oder päpstliche Gulden?«
    »Goldmünzen.«
    »Zwei.«
    »In Ordnung. Habt Ihr das Gift gemischt, das Guillaume de Nogaret tötete?«
    »Nein, ich habe es nicht gemischt. Und nun legt die zwei Goldmünzen auf den Tisch.«
    Ich knüpfte den Beutel mit Münzen von meinem Gürtel, so daß sie ihn gut sehen konnte, und legte vier davon auf die Tischdecke mit den goldenen Punkten.
    »Wenn Ihr es nicht gewesen seid, wer war es dann?«
    Einen Augenblick lang überlegte sie und schaute dabei begierig auf das Geld; etwas Unsichtbares schien sie allerdings

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