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Iacobus

Iacobus

Titel: Iacobus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matilde Asensi
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er.
    »Hieß sie zufällig Sara und kam aus Paris?«
    »So ist es.«
    »Ihr habt recht, Bedin, sie ist zweifellos eine Frau von Charakter. Sie genau suche ich. Was könnt Ihr mir von ihr berichten?«
    »Oh, nicht viel! Scheinbar bekam sie irgendwelche Schwierigkeiten mit den Ha-Levi, weshalb sie beschloß, sich von der Gruppe zu trennen. Gestern abend erwarb sie in Estella ein Pferd, und heute in den frühen Morgenstunden ritt sie weiter. Ich glaube, sie wollte nach Burgos.«
    »Die Frau, von der Ihr spracht …«, wollte ich nochmals genau wissen, um jeden Irrtum auszuschließen, »… hatte sie weißes Haar?«
    »Und Sommersprossen, ganz viele Sommersprossen! Es ist wirklich sehr seltsam, daß eine Jüdin solche Flecken hat. Zumindest hier, in Navarra, haben wir so etwas noch nie zuvor gesehen.«
    »Danke, Bedin. Jetzt muß ich nicht mehr ins Viertel hinein. Ihr habt mir alles erzählt, was ich wissen wollte.«
    »Señor, wenn ich Euch etwas fragen darf …«, rief er hinter mir her, als ich mich schon wieder etwas von den Toren entfernt hatte.
    »So sprecht.«
    »Warum sucht Ihr sie?«
    »Das würde ich auch gern wissen, Bedin«, antwortete ich und schüttelte den Kopf, »das würde ich nur zu gern wissen.«
    Immer, wenn wir irgendwohin kamen, war Sara kurz zuvor aufgebrochen. Jeder, den wir in Ayegui, Azqueta, Urbiola, Los Arcos, Desojo oder Sansol fragten, gab uns mühelos genauestens Auskunft, doch schien das verdammte Schicksal sie immer auf gleichem Abstand zu uns zu halten. Es brachte mich zur Verzweiflung, als ich unser langsames Vorankommen bemerkte, denn obwohl wir unsere Pferde zu größter Eile antrieben, mußten wir seit unser Abreise aus Estella gegen kräftigen Gegenwind und anhaltenden Regen ankämpfen, der die Wege und Pfade in reinste Schlammlöcher verwandelte.
    Einige Zeit machten wir in Torres del Río halt, kaum einen halben Tagesritt von Logroño entfernt. Als ich von weitem den ehrwürdigen Turm der örtlichen Kirche erspähte, wußte ich, daß ich jenen Ort nicht übergehen konnte: Er bestand aus einer kleinen Ansammlung an Häusern, die sich um ein wunderschönes, achteckiges Gotteshaus drängten.
    Um diese Templerkapelle jedoch besuchen zu können, mußte ich den hartnäckigen Widerstand von Niemand brechen, der viel mehr als wir daran interessiert schien, Sara einzuholen. Ich begründete ihm die Unterbrechung der Reise mit Fürbitten, Gelübden und Stoßgebeten, doch schien ihn das nicht im geringsten zu überzeugen, und während wir uns im Innern der Rotunde befanden, die sich als Zwilling von Eunate herausstellte, belästigte und störte er uns unaufhörlich mit dummen Bemerkungen und grotesken Einmischungen in die wenigen Sätze, die ich mit dem Jungen zu wechseln versuchte, damit auch er die wichtigsten Details dessen bemerkte, was wir gerade betrachteten.
    Die Unterschiede zwischen den Templerkapellen von Eunate und Torres del Río waren kaum wahrzunehmen. Beide zeigten die gleiche Bauweise und die gleichen Darstellungen, und wiederum sahen wir in Torres del Río ein einziges Kapitell, das sich von all den anderen abhob; es befand sich rechts von der Apsis, mit einer Botschaft des Evangeliums, die wiederum einen Fehler in sich barg. In diesem Falle handelte es sich nicht um die wundersame Auferstehung des Lazarus, sondern um die von Jesus selbst; zwei Frauen betrachteten das halb geöffnete leere Grab mit dem Stein davor. Sie standen vollkommen regungslos, ihre Ausdruckslosigkeit erschreckte geradezu. Es schien, als ob der tiefe Eindruck der Szene sie getötet hätte. Deren wirkliche Verschrobenheit offenbarte sich jedoch darin, daß aus dem leeren Grab in labyrinthischen Spiralen eine Rauchwolke emporstieg. In welchem Teil der Heiligen Schrift stand denn geschrieben, daß Jesus sich in Form einer Rauchsäule verflüchtigt hatte?
    Wie gewöhnlich gab man uns im Judenviertel von Torreviento, in Viana, die Auskunft, daß Sara kaum einige Stunden zuvor weitergeritten war. Wegen des ständigen Kampfes gegen den Sturm waren wir so geschwächt, daß wir in dem Hospiz Nuestra Señora de la Alberguería Rast machen mußten, wo uns einige Bedienstete ausgezeichnetes Landbrot und hervorragenden Landwein anboten. Jonas, der vor lauter Müdigkeit ganz still geworden war, verschwand hinter dem Tisch aus meinem Blickfeld, als er sich auf seiner Bank ausstreckte.
    »Der Junge ist erschöpft«, raunte Niemand und betrachtete ihn voll Zärtlichkeit.
    »Wir alle sind erschöpft. Dieser Galopp

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