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Titel: iBoy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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Informationen über Grams Finanzen und machte mir im Kopf eine Notiz, das Problem später zu lösen. Dann schaltete ich mich aus, schnappte meine Tasche und stieg aus dem Bus.
     
    Die Crow Lane Secondary ist ein riesiger grauer Gebäudekomplex, der immer so aussieht, als ob er erst halb fertig wäre. Irgendwas wird dauernd instand gesetzt oder abgerissen oder saniert und überall auf dem Gelände sind Container übereinandergestapelt, sodass man das Gefühl hat, auf einer Baustelle zur Schule zu gehen.
    Statt durch den Haupteingang zu laufen, nahm ich einen Seitenweg und kam über einen der Hausmeistereingänge aufs Schulgelände. Ich lief hinten um das Hauptgebäude herum zur alten Sporthalle, die nicht mehr genutzt wurde   … jedenfalls nicht für Sport. Der Abriss war schon seit Jahren geplant, doch aus irgendeinem Grund wurde es damit nie was, und solange ich mich erinnern kann, ist es ein Ort, wo die miesen Typen rumhängen, die, die nicht wollen, dass jemand mitkriegt, wo sie sind und was sie tun. Typen, die keine Lust auf Schule haben, es sich aber nicht leisten können, auf der Straße erwischt zu werden.
    Typen wie Davey Carr.
    Davey war so was wie ein Dauer-Schulschwänzer – er war |98| so oft erwischt worden, dass seine Mum mit Strafverfolgung und vielleicht sogar Haft rechnen musste. Und wie es aussah, wollte Daveys Mum nicht in den Knast, daher hatte sie ihm vor ein paar Monaten
ihre
Version einer letzten Warnung verpasst: Sie hatte ihm die Scheiße aus dem Leib geprügelt. Seitdem ging Davey jeden Morgen zur Schule, ließ sich registrieren und hing dann die meiste Zeit an Orten herum, wo er nicht sein sollte. Zum Beispiel in der alten Sporthalle.
    Und Davey war natürlich der einzige Grund, weshalb ich an diesem Morgen zur Schule ging. Ich hatte überhaupt nicht vor, irgendwelche Schulbücher zu holen. Wozu brauchte ich Schulbücher? Ich wusste alles, was es zu wissen gab. Ich konnte wahrscheinlich jede Prüfung der Welt bestehen, in Weltrekordtempo   … mit geschlossenen Augen. Wenn ich wollte, konnte ich auch jede Quizshow im Fernsehen gewinnen –
Mastermind, Countdown, Wer wird Millionär?
Bei allen konnte ich gewinnen   …
    Doch im Moment wollte ich nur Davey Carr finden.
     
    Das war nicht schwer. Meine iSinne hatten sein Handy geortet und schon den ganzen Morgen über verfolgt. Jetzt sagte mir das Signal, dass er in einem kleinen Raum ganz hinten in der alten Sporthalle war. Dort fand ich ihn auch. Er hockte auf einem alten Holzstuhl, rauchte eine Zigarette und quatschte auf ein paar Möchtegern-Crows ein. Sie hingen ihm an den Lippen und hielten ihn eindeutig für eine Art Gott.
    »Hey, Davey«, sagte ich und betrat den Raum. »Wie läuft’s?«
    Die zwei Jungs sprangen erschrocken auf, als sie meine Stimme hörten, und selbst Davey wirkte einen Moment lang alarmiert, doch als er sah, dass ich es nur war, beruhigte er sich schnell wieder.
    |99| »Alles klar, Tom«, sagte er lässig. »Was treibst du hier? Hab gedacht   –«
    »Ihr könnt gehen«, sagte ich zu den beiden Jungs.
    Die zwei starrten mich an, und obwohl sie erst zwölf waren, hatten sie bereits eiskalte, harte Augen.
    »Na los«, sagte ich. »Verpisst euch.«
    Sie warfen Davey einen Blick zu, er nickte und sie machten sich widerwillig auf. Ich sah ihnen hinterher, musterte sie ganz genau und verglich sie in meinem iGedächtnis mit den Kids auf dem Video von Lucys Vergewaltigung. Ich war sicher, dass die zwei nicht dabei gewesen waren. Ich wartete, bis sie den Raum verlassen hatten   … dann wartete ich noch ein bisschen weiter. An den Handy-Signalen konnte ich erkennen, dass sie nicht weggegangen waren – sie standen draußen und horchten darauf, was passierte.
    »Hör zu, Tom   –«, fing Davey an.
    »Sag ihnen, sie sollen abhauen«, forderte ich ihn auf.
    »Was?«
    »Die zwei Jungs, sie stehen noch draußen. Sag ihnen, sie sollen verschwinden.«
    Davey wirkte einen Moment lang verwirrt und versuchte herauszufinden, woher ich das wusste, dann zuckte er die Schultern und rief: »Hey, ihr zwei   … verpisst euch. Sofort!«
    Ich hörte gedämpftes Geflüster, dann schlurfende Schritte   … und schließlich, von jenseits der Wand: »Sorry, Davey   … wir wollten   … wir wollten grad gehen, okay?«
    Dann waren sie weg.
    Ich drehte mich zu Davey um. »Frisches Blut?«
    »Was?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nichts   … keine Sorge.« Ich starrte ihn an. »Was macht dein Gewissen, Davey?«
    |100| »Mein

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