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Titel: iBoy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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Haufen Geld für Gram zu beschaffen. Oder noch dreister: Ich konnte mich einfach in die Bankkonten von irgendjemand Superreichem hacken, jemandem, der ein paar läppische Tausend Pfund nicht vermissen würde – Bill Gates vielleicht oder Bono oder J.   K.   Rowling   –, und ein bisschen von ihrem Geld wegnehmen.
    Kurz gesagt, ich war fähig, so viel Geld zu stehlen, wie ich wollte, von jeder beliebigen Person. Was erst mal ziemlich aufregend war. Ich meine, ich konnte Milliardär, Billiardär, Infinitiardär sein   … doch ich merkte schnell, dass es eigentlich nicht viel bedeutete. Ich meine, was sollte ich mit einer Billiarde Pfund anfangen? Und was der entscheidende Punkt war: Wie sollte ich erklären, wo das Geld herkam?
    Was ich am Ende tat   … na ja, als Erstes erstellte ich einen Algorithmus.
     
    |118| In der Mathematik , im Computerwesen, in der Linguistik und in verwandten Gebieten versteht man unter einem Algorithmus eine Sequenz begrenzter Befehle, häufig zur Kalkulation oder zur Datenverarbeitung verwendet, bei denen eine Liste genau definierter Anweisungen zur Lösung einer Aufgabe abläuft, und zwar, wenn ihr ein Anfangsstadium zugewiesen wird, durch eine klar definierte Reihe von Folgestadien, bis zum abschließenden Endstadium.
     
    Und im Wesentlichen programmierte ich diesen Algorithmus, um sämtliche Bankkonten der Welt zu sichten, sie nach dem Vermögensstand zu sortieren und von jedem der obersten 15   000 £ 1 abzubuchen. Die Gesamtsumme von £ 15   000 wurde dann auf elektronischem Weg (und absolut anonym) als
eine
Einzahlung auf Grams Konto überwiesen. Ich wusste zwar noch nicht, wie ich die Einzahlung erklären, wie ich also einen rechtmäßigen Einzahler erfinden sollte, beschloss aber, dieses Problem auf später zu verschieben. In der Zwischenzeit stornierte ich Grams Vorladung wegen der nicht erfolgten Zahlung der Gemeindesteuer und beglich – unter Verwendung eines Teils der £ 15   000 – die ausstehende Miete.
     
    Ja, es war falsch.
    Es war Diebstahl.
    Es war Betrug.
    Es war falsch.
    Aber ich fühlte mich nicht
schlecht
deswegen.
     
    Danach schlief ich eine Weile (Moral und Algorithmen machen wirklich müde), und als ich aufwachte, war Gram zurück. Sie hatte was zu essen gekauft und wir machten uns gemeinsam ein paar überbackene Sandwiches.
    |119| Während Gram wieder weiterschrieb, blieb ich noch ein bisschen länger in meinem Zimmer, scannte die Funkwellen und horchte auf irgendwelche Handygespräche, aus denen ich vielleicht entnehmen konnte, was die Crows vorhatten, doch ich hörte nichts Interessantes. Das meiste war nur so was in der Art von
Wie geht’s dir? Was machst du? Hast du das über Trick und Jace gehört?
    Trick war Carl Patrick und Jace, nahm ich an, war Jayden Carroll. In den Computeraufzeichnungen des Krankenhauses las ich, dass Carroll drei Stichverletzungen im Bauch hatte, von denen keine lebensgefährlich war, dass man ihn operiert hatte und er nun auf eine vollständige Genesung hoffen durfte.
    Carl Patrick war verhaftet worden.
     
    Es war 19:15:59   Uhr, als ich die Wohnung verließ und in den dreißigsten Stock fuhr, um Lucy zu besuchen. Ich weiß nicht mehr, wie ich mich fühlte oder worüber ich in dem Moment gerade nachdachte, aber egal, was es war – als sich die Fahrstuhltür öffnete und ich eine Gruppe von Typen auf dem Flur vor Lucys Wohnung sah, leerten sich mir schlagartig Kopf und Herz.
    Es waren so etwa sechs oder sieben. Sie trugen alle die üblichen Crow-Sachen mit der Kapuze über dem Kopf, trotzdem erkannte ich ein paar: Eugene O’Neil, DeWayne Firman, Nathan Craig. Einer von denen, die ich nicht kannte, hatte eine Dose mit Sprühfarbe in der Hand und sprayte irgendwas an die Wand, und DeWayne beugte sich herunter und rief etwas durch Lucys Briefschlitz. Eugene O’Neil, offenbar der Anführer, stand bloß da und guckte niederträchtig, hart und gemein   … Als die Fahrstuhltür aufging, schaute er den Flur entlang direkt auf mich und ein fieses Grinsen brach aus seinem Gesicht hervor.
    |120| Ehe ich die Fahrstuhltür wieder schloss und den Knopf für den neunundzwanzigsten Stock drückte, sah ich gerade noch, wie er lachend den Kopf schüttelte und sich mokierte über das, was er für meine Feigheit hielt, meine Schwäche.
    Doch das war mir egal.
    Er würde nicht lange mehr lachen.
    Im neunundzwanzigsten Stock stieg ich aus. Während ich mir die Kapuze meiner Jacke über den Kopf zog und die Treppe wieder hinauflief,

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