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iBoy

iBoy

Titel: iBoy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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plötzlich die beiden Mädchen und zerren sie rüber zum Straßenrand. Zuerst glauben die Mädchen, dass die Jungs nur Blödsinn treiben – die harten Macker spielen, sich einen Spaß mit ihnen machen. Deshalb kreischen und fluchen die Mädchen zwar ein bisschen und kämpfen und setzen sich gegen die vier Jungs zur Wehr, doch sie tun es ohne Nachdruck. Sie glauben noch immer, dass alles nur Spiel ist. Aber Tom weiß, dass das kein Spiel mehr ist. Er sieht es an der Haltung der Jungen, die sich plötzlich verändert hat – ihre Münder sind zusammengekniffen, die Bewegungen schnell und hinterhältig, sie werfen Blicke umher, schauen, ob es auch keine Zeugen gibt   …
    Toms iHaut ist jetzt angeschaltet und er rennt schon, als der Lieferwagen am Straßenrand hält. Die hinteren Türen schwingen auf und zwei weitere FG H-Typen springen heraus und helfen den andern, die Mädchen zum Lieferwagen zu schleppen. Inzwischen haben die beiden begriffen, dass das hier todernst ist. Sie werden von ungefähr einem Dutzend junger Männer in einen Lieferwagen gezerrt und keiner von ihnen lacht mehr. Jetzt geraten sie in Panik, versuchen |179| verzweifelt, sich loszureißen. Sie treten, sie drehen und winden sich, sie kämpfen, sie versuchen, um Hilfe zu schreien   … aber zwei von den Jungs halten den Mädchen eine Hand auf den Mund.
    iBoy rennt jetzt, so schnell er kann, die Füße klatschen hart aufs Pflaster. Er ist noch ungefähr zehn Meter von dem Lieferwagen entfernt, als ihn einer der Jüngeren sieht und für die anderen einen Warnlaut ausstößt. Die anderen hören auf und drehen sich zu iBoy um. Als sie sehen, was da auf sie zugerannt kommt – eine Art fluoreszierender Mutant unter einer Kapuze   –, stehen sie ein, zwei Sekunden lang nur da, zu fassungslos, um zu handeln. Doch dann brüllt einer – ein absolut ekliger Typ mit totenbleicher Haut: »Ihr hier schafft sie in den Wagen. Der Rest schnappt sich das Arschloch!« Und der Ton seiner Stimme bringt die andern in Schwung.
    Sechs von ihnen drehen sich um, bilden hinter dem eklig aussehenden Typen eine Reihe und versperren iBoy den Weg zum Ford Transit, während die andern die Mädchen hinten in den Lieferwagen hieven. iBoy weiß, dass er jetzt nicht mehr viel Zeit hat. Wenn sie die Mädchen drinhaben und wegschaffen, ist es zu spät.
    Also vergeudet er keine Zeit damit, nachzudenken, was er tun soll, sondern handelt einfach. Er rennt weiter, direkt auf den Ekeltypen zu, der in dem Moment, als iBoy ihn erreicht, ein Messer aus der Tasche zieht. Da schreit iBoy wie ein Irrer, wirft sich auf den Ekeltypen und jagt einen gewaltigen Stromschlag heraus. Ein ohrenzerfetzendes
KRRCH!
zerreißt die Luft und einen Moment lang verschwindet alles im gleißenden Blau eines grellen elektrischen Funkens. Der Blitz ist so stark und heiß, dass er die Haare auf iBoys Arm versengt.
    iBoy steht ein paar Sekunden lang da, wartet, dass das |180| Nachbild des Blitzes aus seinen Augen verschwindet, dann schaut er hinab auf die Körper am Boden. Es sind sieben. Einige sind nur so halb bewusstlos – sie stöhnen schwach, keuchen, prusten und reiben sich die Augen   –, doch die meisten von ihnen sind erledigt. Liegen einfach am Boden, vollkommen still. Den Ekeltypen hat es am schlimmsten erwischt. Er liegt auf dem Rücken, ungefähr zwei Meter von iBoy entfernt, das Gesicht rot verbrannt, die Augenbrauen noch glimmend. Die Nylonjacke mit der Kapuze ist in seine Haut eingeschmolzen und er blutet aus Ohren, Nase und Mund.
    iBoy sieht zu den anderen hoch – denen mit den zwei Mädchen am Heck des Lieferwagens. Die beiden Vorderen sind auf die Knie gegangen und halten den Kopf in den Händen. Zwei andere laufen schon Richtung Fitzroy House fort. Und die beiden Letzten halten zwar noch immer die Mädchen fest, stehen aber stocksteif da.
    »Lasst sie los«, sagt iBoy.
    Sie lassen sie los und die zwei Mädchen taumeln auf iBoy zu.
    »Alles okay?«, fragt er die beiden.
    »Ja   … glaub schon«, sagt die eine und schaut auf die am Boden liegenden Gestalten.
    Die andere sagt nichts. Sie weint nur.
    »Wo wohnt ihr?«, fragt iBoy die Erste. »Im Disraeli.«
    »Schafft ihr es allein zurück?«
    Sie nickt.
    »Sicher?«
    »Ja   …«
    »Dann geht«, sagt er sanft. »Es passiert euch jetzt nichts mehr. Geht einfach auf kürzestem Wege nach Hause, okay?«
    |181| Sie schaut ihn zögernd an und iBoy sieht die Fragen in ihren Augen:
Wer bist du? Was bist du? Was hast du mit den Jungs

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