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Titel: iBoy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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den Fahrstuhl erreichten – die Tür wurde von einer Eisenstange aufgehalten   –, fragte ich mich, ob dies meine letzte Reise sein würde   …
    Zum letzten Mal im Flur.
    Zum letzten Mal im Fahrstuhl.
    Zum letzten Mal die Betonpracht vom guten alten Compton House.
    Ich lächelte vor mich hin und dachte:
Tja, es hätte auch viel
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schlechter sein können. Natürlich hätte es auch viel besser sein können   …
    Als wir in den Fahrstuhl stiegen und sich die Tür schloss, warf ich einen Blick auf Lucy. Das Picknick, das wir erst vor ein paar Stunden gehabt hatten, schien jetzt zu einer anderen Welt zu gehören, einer Welt, die tausend Jahre zurücklag. Und während ich dort das Gefühl gehabt hatte, es wäre der Anfang von etwas zwischen mir und Lucy, schien es mir jetzt, als wäre das alles gewesen, was es je geben würde: Anfang, Mitte und Ende. Doch selbst dann, selbst wenn dies meine letzte Reise – unsere letzte Reise – sein
sollte
, wäre die kurze Zeit, die wir zusammen auf dem Dach verbracht hatten, die beste meines Lebens gewesen.
    Ja
, dachte ich und lächelte Lucy an,
es hätte alles viel schlechter sein können.
    »Was grinst du so?«, höhnte Hashim.
    Ich sah ihn an. »Nur so. Ich denke bloß gerade, was für ein Glück ich habe, sonst nichts.«
    »Glück?«, sagte er und schüttelte den Kopf. »Fuck, du bist echt ein Freak.«
    Als der Aufzug unten ankam, sagte ich zu Ellman: »Was haben Sie mit Lucys Mum und Lucys Bruder gemacht?«
    Er antwortete nicht, gab sich nicht mal die Mühe, mich anzusehen, sondern wartete nur. Seine Augen erfassten alles, während Tweet das Erdgeschoss checkte. Dann, nach einem Zeichen von Tweet, nickte Ellman Hashim zu und Hashim trat mit Lucy aus dem Fahrstuhl. O’Neil folgte ihnen. Und ich folgte O’Neil mit Ellman direkt in meinem Rücken.
    Draußen vor dem Eingang warteten zwei schwarze Range Rover mit getönten Scheiben.
    Jetzt, als ich sicher war, dass wir das Hochhaus verließen, |259| schickte ich eine Nachricht, die ich im Kopf schon geschrieben hatte, an die Polizei und die Notrufzentrale. Die Nachricht lautete:
EILT!!! BITTE HELFEN SIE!!! MS CONNIE HARVEY, 54   JAHRE ALT, WURDE ÜBERFALLEN UND HAT EINE SCHWERE KOPFVERLETZUNG.   SIE BRAUCHT DRINGEND MEDIZINISCHE HILFE.   MS.   HARVEY WURDE VON UNBEKANNTEN ANGREIFERN GEFESSELT IN IHREM ZIMMER IM 23.   STOCK, WOHNUNG NR. 4, COMPTON HOUSE, CROW-LANE-SIEDLUNG, CROW LANE, LONDON SE15 6CG ZURÜCKGELASSEN.   ES IST MÖGLICH, DASS AUCH MRS MICHELLE WALKER UND IHR SOHN BEN IM 30.   STOCK, WOHNUNG NR. 6   HILFE BENÖTIGEN.   DIES IST KEIN WITZ.   BITTE BEEILEN SIE SICH.
    Die Motoren der beiden Range Rover liefen. Während Tweet, Hashim und Lucy auf den vorderen Wagen zugingen, forderte Ellman mich auf, O’Neil zu dem anderen Wagen zu folgen. Über die Schulter hinweg sah ich, wie Hashim und Lucy unbeholfen hinten in den ersten Wagen einstiegen, während Tweet auf dem Beifahrersitz Platz nahm; dann öffnete Ellman die hintere Tür unseres Range Rovers und befahl mir einzusteigen.
    Ich stieg ein.
    Er setzte sich neben mich.
    O’Neil nahm auf dem Beifahrersitz Platz.
    Der Typ am Steuer hatte die Kapuze hochgeschlagen, und das Einzige, was ich im Rückspiegel von seinem Gesicht erkennen konnte, waren zwei dunkle Brillengläser und ein hässliches Ziegenbärtchen am Kinn. Von den Handy-Telefonaten her wusste ich, dass er Gunner war.
    »Alles klar?«, knurrte er in Ellmans Richtung.
    Ellman ignorierte ihn und sah zu, wie der vordere Wagen startete. Dann sagte er nur: »Fahr.«
     
    |260| Wir bogen aus der Einfahrt zum Compton House nach rechts ab und fuhren die Crow Lane Richtung Süden. Beide Wagen rauschten mit 65   km/h stetig dahin – nicht schnell genug, um angehalten zu werden, aber auch nicht langsam genug, um irgendwie aufzufallen. Ellman zündete sich eine Zigarette an, lehnte sich in den Sitz zurück und wirkte völlig entspannt und locker. Eine Weile schaute ich aus dem Fenster und sah die Siedlung vorbeigleiten – den Kinderspielplatz, die niedrigen Gebäude, die Hochhäuser   … Fitzroy House, Gladstone, Heath. Ich sah unterwegs ein paar Leute   – Gang-Kids, die vor den Hochhäusern herumhingen, ein, zwei Autos, die vorbeifuhren   –, doch sie hätten auch auf einem anderen Stern sein können, so wenig wie sie mir nützten. Niemand musste mir noch einmal sagen, dass Hashim Lucy erschießen würde, wenn ich irgendetwas versuchte. Also gab ich es auf, drüber nachzudenken.
    »Wo

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