iBurn-out - Zeit fuers Wesentliche
richtige Stelle.
Ingo war zwar mit seinem Burn-out ins Stolpern gekommen. Er hatte aber die Chance erhalten, wieder gesund zu werden.
Er war in der komfortablen Lage Alternativen zu haben und Entscheidungen treffen zu können. Es gab eine Wahl.
Dafür musste Ingo sich von der, in unserer Gesellschaft weit verbreiteten Vollkasko-Mentalität lösen. Selbstverantwortung und Initiative halfen.
Auch die Schuldfrage, ob selbstverschuldet oder andere die Schuldigen waren, spielte keine Rolle. Möglicherweise waren nur eine Verkettung ungünstiger Umstände, falsche Entscheidungen oder bloße Zufälle Auslöser des Burn-out-Syndroms gewesen.
Die Wunden konnten verheilen. In Zukunft würden nur noch blasse Narben bleiben, die als Erfahrungen und mahnende Erinnerung zu ihm gehörten.
Im Schatten dieses traurigen Berges kehrte unsere Wertschätzung für die Errungenschaften unseres deutschen Wohlstandsstaats zurück. Unserer Gesundheit ordneten wir wieder einen Stellenwert zu. Den richtigen!
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M ein Burn-out war mittlerweile seit einem dreiviertel Jahr ein Teil von mir. So lautete zumindest meine eigene Zeitrechnung ab dem Tag im letzten Herbst, an dem nichts mehr ging und ich krankgeschrieben werden musste. Die Rechnung war allerdings geschönt, was ich mir inzwischen selbst eingestand. Meine Krankheit hatte sich über viele Monate angeschlichen. Zu gut und zu lange hatte meine Verdrängungstaktik aus Schönmalerei, Selbsttäuschung und stumpfem Ignorieren funktioniert.
Aber schlussendlich war ich von der beruflichen Überholspur ohne Tempolimit über den Standstreifen ins Kiesbett, sprich Burn-out, gerast. Sanftes Abbremsen aussichtslos.
Es war noch früher Morgen. Ich ging zu Birte, die den Esstisch in unserem Wohnzimmer für das Frühstück deckte und gab ihr einen Kuss. Wir hatten frei. Ohne Termine und ohne Weckerklingel waren wir ins Wochenende gestartet. Nur von der Sommersonne hatten wir uns wecken lassen.
»Ich geh mal eben schnell Brötchen holen«, hauchte ich ihr ins Ohr.
Sie drehte sich zu mir um und sah mich eindringlich an. »Du kannst dir auch Zeit lassen!«
Ich stutzte kurz, bevor ich ihre Ironie begriff. Sie hielt mir meinen eigenen Satz »Ich geh mal eben schnell« unter die Nase.
»Du hast ja Recht. Ich muss nicht mal eben schnell Brötchen holen. Ich kann mir auch Zeit lassen«, stimmte ich ihr zu.
Tempo war immer ein bestimmender Faktor in meinem Leben gewesen. Selbst in meinem privaten Sprachgebrauch fand »mal eben schnell« seine regelmäßige Anwendung. Ich hatte den Ausspruch verinnerlicht, obwohl ich ihn abgrundtief hasste. Kollegen, Chefs oder Kunden sprachen zu gern den Satz aus »Können Sie mal eben…?« Er flog so beiläufig durch den Telefonhörer oder über den Schreibtisch. Und selbstverständlich konnte ich alles erfüllen, auch wenn dadurch die Aufgaben mehr und der damit verbundene Druck größer wurden.
Ich sollte also langsam Brötchen holen gehen, schärfte ich mir ein. Ich nahm die Einkaufstasche, griff instinktiv nach dem Wagenschlüssel und ging zum Auto.
Die Türen gaben ein lautes KLACK von sich, als ich schon von weitem die elektronische Öffnung betätigte. Ich blieb wie angewurzelt vor dem Wagen stehen und schaute mich um. Es war ein wunderschöner Sommertag, zu schön, um mich in den Wagen zu setzen und gedankenlos den kurzen Weg zum Bäcker zu fahren. Ich würde sowieso schwer einen Parkplatz in der Nähe des Bäckers finden. Schließlich waren alle anderen auch in ihrer Routine verhaftet, wenn sie Wochenende hatten. Die meisten setzten sich ebenfalls ohne Nachzudenken hinter das Lenkrad, weil sie es in der Woche zur Arbeit auch so taten.
Ich drückte erneut auf den elektronischen Autoschlüssel, ließ den Wagen dort stehen, wo er parkte und ging zu Fuß.
Der Stadtteil erwachte langsam. Überall wurden Fenster zum Lüften aufgestoßen. Die sommerliche Luft war noch angenehm kühl. Einige saßen schon mit ihrem Frühstück im Garten oder auf dem Balkon und genossen die ersten Sonnenstrahlen. Kleine Segelboote dümpelten auf der ruhigen Elbe, ohne sichtlich voranzukommen. Ihnen schien die schnelle Fahrt nicht wichtig zu sein.
Ich ging die kleinen Gassen durch das Viertel und ertappte mich nach kurzer Zeit dabei, dass ich mich abhetzte. Ein salziger Schweißtropfen lief an
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