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iBurn-out - Zeit fuers Wesentliche

iBurn-out - Zeit fuers Wesentliche

Titel: iBurn-out - Zeit fuers Wesentliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birte Jeß , Ingo Schmitz
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Zusätzliche Gewürze, wie rote und grüne Salsas mit Chili, standen in kleinen Schüsseln bereit. Der Geruch von frisch zubereitetem Essen lag in der Luft. Wer nicht die Aussicht genoss, hielt eine der vielen köstlichen Leckereien in den Händen.
    In der überschaubaren Menschenansammlung fielen uns sofort die Tarahumara-Frauen auf. Sie zählen zu einer ethnischen Minderheit von zirka fünfzigtausend, die ein gewaltiges historisches Erbe aus Verfolgung, Ausbeutung, Unterdrückung und Vertreibung trägt. Nach der »Entdeckung des Kontinents« wurden sie vielfach von den Spaniern getötet oder zur Minenarbeit gezwungen, von katholischen Priestern zwangsmissioniert oder von Großgrundbesitzern und Landarbeitern in die trostlosen Kupferschluchten vertrieben. Trotzdem konnten sie nie vollständig unterworfen werden, so hatten wir es zumindest gelesen.
    Die Sommermonate verbrachten viele Frauen mit ihren Kindern hier, in den Orten oberhalb der Schluchten, um Handarbeiten an die wenigen Touristen zu verkaufen. Im Winter wohnten sie in Hütten oder Höhlenwohnungen in den Schluchten. Sie selbst nannten sich Rarámuri. Übersetzt bedeutete es Läufer oder »Jene, die schnell laufen«, was sie bei der Jagd oder den Wettbewerben zwischen Langstreckenläufern bewiesen.
    Mehrere Frauen der Tarahumara hatten zwischen den Kochstellen und einer Aussichtsplattform ihre Handarbeiten zum Verkauf auf den Boden gelegt: Gefäße aus Ton, geschnitzte Holzmasken, aus Gras geflochtene Körbe, handgewebte Tücher und Decken. Alles aus Materialien, die ihnen die Natur gratis lieferte. Still und freundlich, aber distanziert traten sie in den Hintergrund. Sie waren Personen der leisen Töne. Sie wollten nicht auffallen, taten es aber durch ihre farbenfrohe Kleidung trotzdem. Ihre voluminösen Faltenröcke zierten bunte Säume, anders farbige Absätze und große Stoffmuster. Um ihre nackten Füße war eine Art Sandale mit verschlungenen Lederriemen gebunden. Ihre Köpfe schützten sie mit bunten Tüchern vor der Sonne.
    Das angeborene Misstrauen vor Fremden war ihnen deutlich anzumerken. Scheu antworteten sie auf unsere Frage nach den Preisen ihrer schönen Handarbeit. Wir beobachteten, wie sich die Frauen untereinander in ihrer eigenen Sprache, die ebenfalls Tarahumara hieß, unterhielten. Sie taten das nur, wenn kein fremdes Ohr mithörte. Die Frauen und Kinder waren zwar anwesend, aber wirklich präsent wirkten sie auf uns nicht. Sie hatte ihre überlebenswichtige Skepsis und Vorsicht gegenüber anderen Menschen über viele Generationen beibehalten.
     
    Birte und ich suchten uns in der Nähe der Bahnstation bei einem älteren Ehepaar eine einfache Unterkunft. Sie gehörten ebenfalls zu der ethnischen Minderheit der Tarahumara und konnten eine kleine Hütte ihr Eigentum nennen, ebenso wie zwei einfache Gartenlauben mit Holzöfen zur Vermietung an Touristen. Sie hatten damit der herrschenden Armut in den Schluchten den Rücken gekehrt.
    Am nächsten Morgen wanderten wir früh von dort los. Erst entlang des Canyonrands, um dann runter in die zwei Kilometer tief liegenden Täler zu gehen. Unser Gastvater hatte uns vorher den groben Weg hinunter in die Schluchten erklärt. Es gab nur schmale unwegsame Trampelpfade, denen wir folgen sollten, keine offiziellen Wege und schon gar keine Straße.
    Aus der Vogelperspektive zu Beginn der Wanderung sah die Wegführung zwischen den Felsspalten, über Gräben und durch tiefe Einschnitte anspruchsvoll, aber machbar aus. Nach dem kalten Morgenfrost stieg die Temperatur auf unserem Weg nach unten mit jeder Stunde an. Wir begegneten niemandem in dieser bizarren Landschaft und folgten über Lavagestein und Geröllbrocken dem steilen, unsichtbaren Pfad nach unten. Irgendwann, nach drei Stunden Wanderung, hatten wir den Weg gänzlich verloren. Die Vegetation versperrte uns zusätzlich die Sicht zur Orientierung. Von weitem sahen wir überraschend eine einsame Holzhütte stehen. Die einfache Holzkonstruktion wirkte verträumt auf der Lichtung. Sie war von den grandiosen Farben der Schluchten, weißer Quellwolken, dem blauen Himmel und der grünen Vegetation eingerahmt. Je näher wir zur Hütte kamen, umso merkwürdiger erschien uns jedoch die Kulisse. Irgendwas stimmte an diesem perfekten Bild nicht.
    In dem Moment bellte von einem Felsvorsprung über uns ein Hund und eine Person gab einen schrillen Pfeiflaut von sich.
    »Hast du das gehört, Birte?« Ich blieb mit versteinertem Gesicht stehen und wollte den Laut

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