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iBurn-out - Zeit fuers Wesentliche

iBurn-out - Zeit fuers Wesentliche

Titel: iBurn-out - Zeit fuers Wesentliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birte Jeß , Ingo Schmitz
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ausmachen, konnte aber durch die Bäume und das Gestrüpp nichts erkennen.
    »Das hörte sich wie ein Warnpfiff an.«
    Danach folgte ein zweiter lauter Pfeifton.
    »Siehst du die Hütte da? Wir müssen dorthin und nach dem Pfad fragen. Wir sind schon viel zu weit gegangen, um jetzt umzukehren.«
    Wir gingen auf das Gebäude zu. Laute Hip-Hop-Musik haute uns aus Lautsprechern auf die Ohren, je näher wir kamen. Sie wirkte in dieser menschenleeren Landschaft unpassend und durfte hier im Nirgendwo ohne Strom überhaupt nicht existieren.
    Ich schaute Birte verschwitzt an. »So ein verdammter Mist«, flüsterte ich ihr zu. »Hier gibt es doch eigentlich gar keinen Strom und schon gar nicht für Musik.« Wir wussten beide, was das zu bedeuten hatte, ohne dass einer es aussprach. Schlafmohn und Cannabispflanzen wuchsen in den verschlungenen und abseits gelegenen Tälern der Kupferschluchten hervorragend und wurden als zum Teil fertig verarbeitete Drogen auf dem nahen US-amerikanischen Absatzmarkt verkauft. Luftlinie zur Grenze nur vierhundert Kilometer. Wir waren vor der Gefahr in den Gebieten des Drogenanbaus gewarnt worden, dennoch standen wir nun mittendrin. Die generelle Warnung war für ein Gebiet von fünfundzwanzigtausend Quadratkilometern ausgesprochen worden. Nicht besonders konkret. Doch für uns war es gerade sehr konkret geworden. Wir waren da, wo wir besser nicht sein sollten, denn wir traten offenbar mit unserer Anwesenheit irgendwelchen Leuten beim Geldverdienen kräftig auf die Füße.
    Wir blieben stehen, als plötzlich die Musik verstummte und das Surren eines Generators zu hören war. Mit einem kräftigen und lauten RUMS schlugen die zuvor offen stehenden Holztüren zu.
    Die Stille der Hütte wirkte nun bedrohlich.
    Mir lief der Schweiß nicht nur wegen der Hitze und Anstrengung von der Stirn. Spürbar hatte sich mein Blutdruck erhöht. Mein Körper machte sich für den Kampf oder die Flucht bereit. Ich steckte mir hastig die Metalldose an die Außenseite meines Rucksackgurts. Unser Verteidigungsspray, das wir ursprünglich für die Abwehr von Bären auf dem nordamerikanischen Kontinent gekauft hatten, haute nicht nur massige Bären von ihren Pfoten, sondern auch andere Geschöpfe von den Füßen. Auch Birte nahm ihre Aluminiumdose mit Reizgas in die Hand.
    Mein Blick ging hektisch zur Hütte. »Verflucht! Wir können nicht mehr umdrehen. Sie haben uns gesehen.« Ich schluckte stark. Dann fing ich lauthals an, in meinem holprigen Spanisch zu rufen: »Hallo, wir sind Touristen, wir suchen den Weg nach unten ins Tal. Hallo, kann uns jemand helfen?«
    Was sollten wir auch machen? Angriff war bekanntlich die beste Verteidigung, auch wenn er zunächst einmal nur verbal war. Immer wieder brüllte ich das Gleiche. Wir kamen unweigerlich dichter an das Haus heran. Die Schlucht ließ keinen anderen Weg zu und wir wurden wie in einem Trichter auf das bedrohlich wirkende Haus gelenkt. Nur das trockene Gestrüpp raschelte unter unseren Schuhen.
    Auf einmal wurde die Holztür aufgestoßen.
    Wir blieben wie versteinert stehen. Birtes Hand umklammerte die Reizgasdose und meine lag an dem Bärenspray. Nur die Ruhe bewahren, dachte ich angespannt.
    Ein junger, dunkelhäutiger Mann sprang ins Freie und rannte auf uns zu. Der schlaksige Körper steckte passend in einem grünen Armeetarnanzug und seine Füße in Militärstiefeln. Seine Kumpels im Inneren der Hütte waren sicherlich nicht anders gekleidet, aber trugen zu ihren Camouflage-Anzügen noch die passenden Waffen im Anschlag. Das Gesicht verbarg der junge Kerl hinter einer herunter gezogenen Militärschirmmütze. Ich sah trotzdem, dass er jung war und mit seinen weit aufgerissenen Augen wirkte er ebenso gestresst wie wir. Er gehörte definitiv zu keinem offiziellen militärischen Außenposten.
    Ich brüllte immer weiter meine Sätze. Mittlerweile wusste wohl auch der kleinste Vogel in dem Tal von uns und konnte unser Lied mitzwitschern.
    Der Mann machte einen kleinen Schlenker vor uns und brüllte laut den Befehl »VENGA, VENGA, VENGA«, zu deutsch »Los, kommt«. Damit hatte er sich schon in Richtung Schlucht gedreht und rannte voraus. Er lief durch das Gestrüpp und wir hinterher. Ich kam mich selbst wie eine aufgezogene Spieluhr vor. Ich redete immer weiter mit den ewig gleichen Sätzen auf den Vorrennenden ein. Dieser sagte jedoch nichts.
    Der Behälter in meiner Hand war mittlerweile von Angstschweiß glitschig umhüllt. Immer weiter entfernten wir uns von der

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