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iBurn-out - Zeit fuers Wesentliche

iBurn-out - Zeit fuers Wesentliche

Titel: iBurn-out - Zeit fuers Wesentliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birte Jeß , Ingo Schmitz
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aufs Klo gemusst und gefragt, ob sie unseres benutzen dürfte. Sie war deshalb mit ihrem Mann mit in unsere Wohnung gekommen. Ich hatte ihnen selbstverständlich auch etwas zu trinken angeboten. Zwei Gäste mehr oder weniger waren in diesem großen Kreis egal.
    Das Pärchen saß nun in unserer Runde. Mit großen Ohren hatten sie offensichtlich in anderen Gesprächen etwas aufgeschnappt. Die Frau warf ihre Fragen ein zweites Mal über die gesamte Länge des Tisches. »Was wollt ihr machen? Eine Reise mit dem Auto durch Amerika?«
    Ich sprach noch ungern mit Außenstehenden über unsere Pläne, Ingos Krankheit oder unsere Auszeit. Aber irgendwie führte die ausgelassene Stimmung des Abends dazu, dass ich nun meine Zurückhaltung sausen ließ. »Ja, wir planen mit einem Camper von Alaska im Norden des amerikanischen Kontinents bis nach Patagonien in Südamerika zu reisen. Eben auch durch alle anderen Länder des Kontinents.« In denen unser Hauptinteresse lag und nicht in den USA, dachte ich weiter. Für einige begrenzte sich der Begriff Amerika noch immer auf die Vereinigten Staaten. Ich verkniff mir einen Kommentar.
    Die Fragende ahnte wohl nicht, was für überwältigende Emotionen diese kurze Antwort in mir auslöste. Allein die Vorstellung unseres Vorhabens genügte, um mein Herz voller Ungeduld in einer höheren Taktzahl pochen zu lassen. Seit unserer finalen Entscheidung vor zwei Monaten stand ich oft auf dem Balkon mit Blick auf den nächtlichen Fluss. Ich hörte das Lied »Tag am Meer« von »Den Fantastischen Vier«. Es drückte das aus, was ich noch nicht in Worte fassen konnte: »…du spürst die Lebensenergie, die durch dich durchfließt, das Leben wie noch nie in Harmonie und genießt, es gibt nichts zu verbessern, nichts was noch besser wär, außer dir im Jetzt und Hier und dem Tag am Meer...«
    Meine Vorfreude fühlte sich unbeschreiblich mächtig und intensiv an. Ich konnte schon jetzt vor Glück und Freude platzen, obwohl die Tour noch nicht einmal angefangen hatte. Es fühlte sich großartig an.
    Mit einer heiteren Stimmlage berichtete ich weiter. »Wir planen im Januar, also Anfang nächsten Jahres, zu starten.« Meine Zurückhaltung war gebrochen.
    Sie schaute mich skeptisch an. »Habt ihr gar keine Angst überfallen zu werden? Einige Länder sind bestimmt mordsmäßig gefährlich. Und was ist mit euren Jobs? Die wollt ihr doch nicht tatsächlich kündigen. Neue zu finden ist in der heutigen Zeit ja gar nicht leicht, besonders nach so einer langen Reise. Ihr seid ja auch nicht mehr die Jüngsten«, keuchte sie schwer, weil die Aneinanderreihung der vielen Sätze ihr Atemnot bereitete. Trotzdem setzte sie ein lachendes »Haha« hintendran.
    Was war das denn?, dachte ich verwirrt. Sie schien meine freudige Euphorie nicht im Geringsten gespürt zu haben, denn sonst konnte sie wohl nicht so unsensible Fragen stellen. Begann die Osterpredigt schon jetzt für uns? Zumindest empfand ich ihre selbstgefällige Stimme so. Fehlte nur noch, dass sie auf unseren Balkon vor die Menge trat und das »Urbi et Orbi« verkündete.
    Sie sprang zum Glück nicht zum Balkon, sondern wartete auf dem Stuhl sitzend auf meine Antwort.
    Ich konnte nichts sagen, denn ich war von ihrem ersten Kommentar völlig überrascht worden und der zweite hatte mir die Sprache verschlagen. In fünf Sätzen war sie zweimal ins Fettnäpfchen getappt, dachte ich niedergeschlagen.
    Sie holte Luft und redete weiter. »Habt ihr gar keine Angst unterwegs krank zu werden? Gibt es in den unterentwickelten Ländern überhaupt richtige Ärzte?«
    Das dritte Fettnäpfchen stand bereit und wurde direkt von ihr angesteuert. »Und diese tolle Wohnung am Strand wollt ihr auch kündigen? Ihr plant wirklich alles aufzugeben?«
    Unser Gespräch stand unter keinem guten Stern. Der Verlauf ihrer Fragen war nicht sehr geschickt gewesen, denn trat man Leuten erst gegen das Knie, wie sie es gerade getan hatte, dann war eine freundliche Unterhaltung unter Schmerzen nun mal schwierig.
    Sprachlos schaute ich sie an und presste meine Zähne aufeinander. Ingo sprang für mich in die Bresche und beantworte geduldig ihre Fragen. Seine Antworten hörten sich ein wenig nach Rechtfertigungen an. Belanglose Erklärungen drangen als Wortfetzen zu mir vor.
    Mein Kopf sackte schlaff nach unten und glich einem geschlachteten Hühnchen. Jegliche Muskelspannung war verschwunden. Die gerupften Federn wirbelten durch den Raum. Die Melodie von »Tag am Meer« erstarb langsam in

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