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iBurn-out - Zeit fuers Wesentliche

iBurn-out - Zeit fuers Wesentliche

Titel: iBurn-out - Zeit fuers Wesentliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birte Jeß , Ingo Schmitz
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Jahres enden. Aber es war ein Ende mit einem neuen, großartigen Anfang, nämlich mit unserer Reise, die wir » frei gelassen « getauft hatten. Eine doppeldeutige Wortspielerei, die unseren persönlichen Wunsch für die Tour ausdrückte. Wir wollten uns wieder frei fühlen und gelassen werden, einfach frei gelassen .
     
    Ich dachte an den Einzug in diese Wohnung, an den Anfang, zurück. Damals wurde ich von Neugierigen gefragt: »Wo hat Ingo die Mietwohnung, in die du jetzt miteinziehst?«
    »Im Westen von Hamburg«, kam meine kleinlaute Antwort, weil ich den Namen Blankenese einfach nicht über meine Lippen bringen konnte. Der wohlhabende Stadtteil Blankenese an der Elbe, mit seiner auffälligen Dichte an Luxuskarosserien und teuren Häusern, ließ einen als Bewohner in eine riesige Schublade von Klischees und Vorurteilen wandern, aus der man schlecht wieder herauskam. Ich wollte nicht in diese Schublade gestopft werden. Auch damals hatte ich meinen Umzug selbst noch nicht verinnerlicht und konnte deshalb wohl auch nicht offen dazu stehen. Bissige Kommentare hätten mir eigentlich egal sein können, waren es aber nicht.
    Der Stadtteil Eimsbüttel war das krasse Gegenteil von Blankenese. Dort wohnte ich, bevor ich Ingo kennenlernte. Es gab unzählige Kneipen für junge Gäste ums Eck, in die ich abends gehen konnte. Viele wohnten in Altbauwohnungen dicht aufeinander und dementsprechend quirlig war der Stadtteil. Nicht zu abgehoben, aber auch nicht zu heruntergekommen, um sich abends als Frau auf die Straße zu trauen. Es war ein perfekter Platz für mich als Single-Frau gewesen, bevor ich Ingo kennengelernt hatte.
    »In welchen Stadtteil im Westen ziehst du denn?«, war prompt die Nachfrage einer Kollegin gekommen.
    »Nach Blankenese.« Nun war es raus. Die Kollegen hatten mich lange bedrängt, um das aus meinem Mund zu hören, was sie sowieso schon längst wussten.
    »Habt ihr einen Blick auf die Elbe?«
    Es war die Stimmlage der Fragenden, die mir ihre Gefühlslage offenlegte. Ihre Betonung des Satzes verlief zwar wie die Form eines Berges, aber machte zum Satzende einen gewaltigen Schlenker wieder nach oben. Als hätte sie in Gedanken gefragt: Ihr habt doch nicht etwa auch einen Blick auf die Elbe? Sie schien mir den Umzug zu missgönnen. Der Übergang von Neugier zu Neid war fließend gewesen, aber wurde durch ihre Stimme und ihren Blick enttarnt. Sie schaute mich nicht freundlich und interessiert an, sondern wirkte eher angespannt, geradezu verbissen.
    Mein neues Zuhause sollte mit der geographischen Lage, nämlich »mit oder ohne« Elbblick, eingekreist werden. Ich hatte die scheinheilige Ausfragerei satt. »Mit Blick. Die Wohnung liegt direkt am Elbstrand.«
    Danach war es damals still auf dem Flur geworden und alle gingen zielstrebig in ihre Büros zurück. Aber gut hatte ich mich nach meinem kleinen verbalen Triumph nicht gefühlt. Die Stimmung der Missgunst hatte mich bedrückt, obwohl mir die Leute überhaupt nicht wichtig waren.
    Als ich im Bett an meine Umzugsgeschichte und an die negativen Fragen des heutigen Abends zurückdenken musste, schoss mir plötzlich eine weitere Person in den Kopf: Herr Schmitz. Nicht meiner, der ruhig neben mir schlief, sondern der Mann von der Lottogesellschaft. Das Hamburger Abendblatt hatte irgendwann ein Porträt über ihn gebracht und dieser Artikel hing ausgeschnitten an unserer Magnetwand. Herr Schmitz besuchte die Gewinner, allerdings nur die »Großkopferten«, deren Gewinnsumme mehrere Nullen umfasste. Er übergab nicht nur den Hauptgewinn, sondern erzählte dem, der es wissen wollte, auch noch etwas über einen gesunden Umgang mit dem Reichtum. Bei seinen Tipps lag das Hauptaugenmerk jedoch nicht auf dem vielen Geld. Der Knackpunkt waren die lieben Mitmenschen, die vor Neid aus ihren Löchern krochen, grün anliefen, die nicht gönnen wollten und selbst einen einmaligen Lottogewinn mies machten.
    Deshalb lautet der Ratschlag vom Schmitz schlicht und ergreifend: »Mund halten, Mund halten, Mund halten.« Das war auch die damalige Überschrift des Artikels gewesen, an die ich mich nun erinnerte.
    Das sollten Ingo und ich von nun an auch beherzigen. Der Herr Schmitz von der Lottogesellschaft hatte zwar nie vor unserer Tür gestanden, aber unsere geplante Reise war trotzdem so etwas wie der Jackpot, zumindest in der Vorstellung vieler. Für uns sowieso.
    Es gab einfach immer Menschen, die nicht gönnen konnten. Leider mehr als wir vermuteten. Sie ließen uns ihren

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