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iBurn-out - Zeit fuers Wesentliche

iBurn-out - Zeit fuers Wesentliche

Titel: iBurn-out - Zeit fuers Wesentliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birte Jeß , Ingo Schmitz
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entgegen. Die Wände neigten sich von mir weg, wie ein sich öffnender Trichter, in dem perfekten Neigungswinkel von dreizehn Grad und damit vollkommen erdbebensicher.
    Plötzlich öffnete sich eine quietschende Holztür vor mir. Ich zuckte zusammen, weil ich gerade ein Foto machten wollte.
    Eine Frau verließ mit ihrer Teenagertochter ihr Zuhause und lächelte mir zu. Für sie war es ihr normales Wohnhaus, das wir bestaunten. Sie ging an uns vorbei und wir schauten uns ebenso fasziniert ihre Alltagskleidung an. Die ältere Frau trug keine Jeans, Turnschuhe oder Pullover, wie wir und ihre Tochter sie anhatten. Ihre Textilien waren besonders und wirkten wie aus einem Textilmuseum entsprungen. Die geometrischen Muster, Figuren und Tierabbildungen, die wir in alten Ruinen und Museen gesehen hatten, waren hier eingearbeitet. Gestrickt, gehäkelt, gestickt, gewebt und eingenäht waren ihre Stoffe handwerkliche Kunstwerke. Sie wirkten in unseren Augen zeitlos schön und waren nicht wie deutsche Stickbilder und gehäkelte Topflappen mit betrüblichen Motiven versehen. Ihre Kleidung verbreitete Fröhlichkeit. Die Strickjacke aus Wolle hatte ein Blau wie aus einem Tuschkasten, wobei der Naturfarbstoff ihrer Jacke gedeckter wirkte als die neuen chemischen Farben. Um ihre Schultern war ein großes Tragetuch geknotet, aus dem nun jedoch nichts herausschaute oder eingewickelt lag. Ansonsten wurde in ihm alles transportiert: Kinder genauso wie Lämmer oder Berge von Gemüse und Obst, massige Gasflaschen oder sperriges Brennholz. Ihr ausladender Rock endete kurz unterhalb ihrer Knie. Die nackten Beine strahlten eine gestählte Kraft aus. An ihren dunkelbraunen Waden zeichneten sich bei jeder Bewegung ihre Muskelstränge ab.
     
    Wir schlenderten fasziniert und beeindruckt durch den Ort und sahen überall die Einheimischen, die in ihrer Alltagskleidung auf uns wie bei einem Trachtenfest wirkten. Auch Männer trugen zum breiten Farbenspektrum bei. Ihre Köpfe ragten aus den mittigen Löchern ihrer Ponchos hervor, die bis zu ihren Hüften herunterreichten. Die Stoffe waren ebenso satt an Farbe und aufwendig gearbeitet wie die der Frauen. Ihre Köpfe waren durch Filzhüte vor der sengenden Sonne geschützt.
    Umringt wurden die Bewohner des Ortes von den Hängen der Anden. Kaum ein Hang war zu steil, um nicht landwirtschaftlich genutzt zu werden. Die in Terrassen unterteilten Flächen glichen einem unendlichen Flickenteppich. Der fruchtbare Boden der steil abfallenden Hänge war zu bearbeitenden waagerechten Feldern eingeebnet und durch aufgeschichtete Steinmauern befestigt worden. So zogen sich riesige Stufen über die Andenhänge, wie für die Füße eines Riesen gebaut. Und durch die dazwischen liegenden Kanäle plätscherte unaufhaltsam das Wasser der Berge. Alles schien sich zu wunderschönen geometrischen Formen und harmonischen Farben zu verbinden, die Menschen ebenso wie die Landschaft.
     
    Doch irgendwann wurde unser verträumter Blick von neuen Bildern auf der Straße abgelenkt. Männer gingen schweigend an uns vorbei. Ich sah eine schwere Metallgasflasche in einer Plastikplane auf dem Rücken eines Mannes liegen. Die Plane hatte bereits einige Risse und das Gewicht schlug schwer gegen die Wirbelsäule. Sein Oberkörper knickte in der Hüfte stark nach vorn ein, damit das runde Gehäuse der Gasflasche stabiler auf seinem Rücken lagerte. Dicke Schweißtropfen standen ihm auf der konzentrierten Stirn.
    Dahinter schleppte ein weiterer Mann einen Stoffbeutel auf seinem Rücken. Aus dem riesigen Sack, der ihn vollständig verdeckte, ragten steckbare Metallstangen für Zelte heraus. Mit jedem Schritt schlug das Metall aneinander und begleitete seinen Weg mit einem hellen KLING. Trotz der Mühe bewegten sich seine Füße rhythmisch, was der Klang der Metallstangen wiedergab. Beide hatten ihre Arme vor die Brust verdreht, um das Ende ihres Gepäcks mit beiden Händen verkrampft festhalten zu können. Ihre harten Muskeln waren die Polster zwischen den zerbrechlichen Knochen und ihrem Gepäck. Sie trugen keine Ponchos, sondern T-Shirts und Jeanshose. Mit ihren Gesichtszügen, der dunklen Haut und ihren tiefschwarzen Haaren unterschieden sie sich äußerlich trotzdem von uns.
    Menschliche Schwerstarbeit ohne technische Hilfsmittel vereinte die arme Bevölkerung. Ihr Anblick gehörte auch in Peru zum Alltagsbild. Ungewöhnlich war allerdings die Zusammenstellung der Menschenkarawane vor den Männern, die uns betroffen aufblicken ließ.

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