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Icarus

Icarus

Titel: Icarus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Russell Andrews
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eine Art Plan. »Oh, wow«, sagte sie. »Sie sind Der Metzger.«
    »Ich bin Der Metzger«, gab er zu.
    »Und Sie glauben nicht, daß Kid Selbstmord begangen hat.«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Nun, ich denke, da haben Sie recht«, sagte sie. »Menschen wie Kid bringen sich nicht selbst um.« Und da war es wieder, dieses Grinsen. »Es sind Menschen wie ich, die sie töten.«
    Sie könnte um drei Feierabend machen, sagte sie. Und sie finde, er sollte in ihre Wohnung mitkommen, damit sie sich in Ruhe und ausführlich unterhalten könnten. Jack hätte beinahe abgelehnt, er sei müde, ein anderes Mal, doch er stellte fest, daß sein Adrenalinpegel anstieg. Er war gar nicht müde, jetzt nicht mehr. Er wollte weiterkommen. Er wollte mehr über Kid erfahren. Und, wie ihm bewußt wurde, auch über sie. Außerdem hatte er den Wunsch, sie in ihre Wohnung zu begleiten.
    Sie erklärte ihm, sie wolle mit einem Taxi fahren, das vor dem Club warte, doch er müsse ein anderes benutzen. Die Clubleitung sehe es nicht so gern, wenn die Mädchen Kunden zu sich nach Hause mitnähmen. Und sie könne nicht so offensichtlich gegen die Regeln verstoßen, auch wenn der Anlaß ein völlig unschuldiger sei, »weil für diese Arschlöcher nichts unschuldig aussieht«. Sie gab ihm daher ihre Adresse und bat ihn, ein paar Minuten vor ihr aufzubrechen. »Warten Sie vor dem Haus, ich bin kurz nach Ihnen da«, sagte sie.
    Während der Taxifahrt wurde ihm klar, daß er von ihr fasziniert war. Er wollte wissen, wie sie zu dem geworden war, was sie war. Er erinnerte sich an Kids Worte. Sie könne einen mit ihrer Intelligenz verblüffen, hatte er gesagt, und Jack konnte das bestätigen. Sie kaschierte ihre Gescheitheit bis zu einem gewissen Grad. Er hatte den Eindruck, daß sie sich sogar einer bewußt simplen Sprache bediente. Er fragte sich, warum. Vielleicht wünschten ihre Kunden es so. Er entsann sich auch, daß Kid sie als einen Alias-Typen bezeichnet hatte. Also was wollte sie wirklich sein? Wo wollte sie wirklich hin? Und wozu war sie fähig, um zu diesem Ziel zu gelangen?
    Jack mußte eine Viertelstunde auf ihr Eintreffen warten. Es machte ihm nichts aus. Die Nacht war warm, und er setzte sich auf die Betonstufe vor ihrem Apartment. Es war ein hübscher Ziegelbau in den East 30s.
    Dann hielt ein Taxi, und Leslee stieg aus. Sie winkte ihm, fast als hätte sie nicht ernsthaft erwartet, ihn dort anzutreffen. Sie trug jetzt Jeans und ein Tank-Top. Zuerst dachte er, daß sie gar nicht aussah wie eine Nachtclubtänzerin, eher wie eine ganz normale junge Frau, die von einem späten Rendezvous nach Haus kam. Aber als sie sich näherte, stellte er fest, daß das nicht stimmte. Selbst jetzt hatte sie diese besondere Ausstrahlung. Es war eine geradezu aggressive Sinnlichkeit, die Jeans und Turnschuhe auch nicht annähernd verbergen konnten.
    »Tut mir leid, daß es so lange gedauert hat«, sagte sie. »Ein paar Typen, für die ich getanzt habe, wollten meine Telefonnummer haben. Nun ja, sie wollten Gwyneths Nummer. Es ist viel einfacher, mit solchen Leuten zu reden, als sie kalt abblitzen zu lassen. Auf diese Weise werden sie nicht wütend.«
    »Haben Sie ihnen Ihre Nummer gegeben?«
    »Na klar, sicher doch.« Sie lächelte. »Ich habe ihnen Gwyneths Nummer gegeben. Es ist die Nummer des Kinos an der Ecke 2 nd Avenue und 34 th Street.«
    Während sie nach oben gingen, erklärte sie, daß das Gebäude in Privatbesitz sei. Der Eigentümer wohne im Parterre, deshalb befinde das Haus sich in einem bestens gepflegten Zustand. Leslees Apartment lag im zweiten Stock. Es war sehr schön, eher klein und wohnlich geschnitten, und hatte nichts Protziges an sich. Der Fußboden war dunkel und bestand aus breiten Dielen. Wo Teppiche nötig waren, hatte sie sich für Orientteppiche in gedeckten Farben entschieden. Die Möblierung war eher sparsam gehalten, und wo er mit Chrom und sachlichen modernen Stücken gerechnet hatte, fand er grazile Antikmöbel. Kleine Holzstühle mit handbestickten Sitzpolstern sowie zwei graue Sofas, die im Wohnzimmer einander gegenüber arrangiert waren. Die Wände des Wohnzimmers waren von Bücherregalen bedeckt. Es gab zwei oder drei Rauchtischchen aus Tigerahorn. Die kleinen Lampen, die darauf standen, verbreiteten ein gedämpftes Licht.
    »Schauen Sie sich um«, forderte sie ihn auf. »Ich muß unter die Dusche. Ich bin gleich wieder da.«
    Sie zog sich bereits das Tank-Top über den Kopf, während sie ins Badezimmer ging. Er erhaschte

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