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Icarus

Icarus

Titel: Icarus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Russell Andrews
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es allerdings die Mühe nicht, diese ganze Schauspielerei …
    Er erklärte ihr, er würde sich gern mit ihr über Kids Tod unterhalten, und sah, wie ihre Augen sich ein wenig verengten, dann wieder entspannten. Es wäre ihr eine Freude, sich mit ihm zu unterhalten, sagte sie. Aber sie könnte nicht so einfach mit der Arbeit aufhören. Sie könnte sich zu ihm setzen, aber er müßte sie bezahlen. Sonst hätte sie das Management auf dem Hals. Sie würde sich dabei öfter auf seinen Schoß setzen müssen, damit es so aussah, als arbeitete sie besonders eifrig für ihr Geld.
    Sie setzten sich an einen Tisch, und die Kellnerin kam zu ihnen. »Bring mir bloß ein Mineralwasser«, sagte Leslee. Und zu Jack: »Wenn man den Mädchen was Alkoholisches spendiert, wird man regelrecht ausgenommen.«
    Jack sagte, er wolle ebenfalls ein Mineralwasser, und die Kellnerin entfernte sich.
    Er brauchte Leslee nicht zu drängen. Sie war ganz begierig zu reden, und zwar sowohl über Kid als auch über sich selbst. Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, hatte die Augen halb geschlossen, und sie schob ihren Stuhl dicht an ihn heran, damit er sie trotz der Musik hören konnte. Gelegentlich veränderte sie ihre Haltung, legte ihre Beine auf seine und schmiegte sich an ihn, als wären sie ein Paar, das auf einer Couch saß und fernsah. Einmal, mitten in ihrem Gespräch, schlüpfte sie, ohne dazu aufgefordert worden zu sein, aus ihrem Kleid, umtanzte ihn mehrmals, wobei sie es zuließ, daß ihre Brüste seinen Kopf berührten, und setzte sich dann wieder hin. Aber sie verzichtete für etwa zehn weitere Minuten darauf, ihr Kleid wieder anzuziehen, und blieb einfach oben ohne, während sie schwatzte. Ab und zu gab er ihr Geld, und sie lächelte, was ihr Gesicht irgendwie schief aussehen ließ, als paßten die beiden Hälften nicht richtig zusammen, und er erkannte, welcher Reiz von dieser jungen Frau ausging. Er wußte plötzlich, daß sie in Kids Team gehörte, weil sie nicht die bestaussehende Tänzerin im Club war und auch wohl kaum die auffälligste, sie wirkte sogar beinahe desinteressiert, als hätte sie es nicht nötig, zu tun, was sie tat, aber Jack war jederzeit bereit zu wetten, daß sie, wenn sie arbeitete, mehr Geld einnahm als alle anderen. Sie hatte dieses ungewöhnliche Aussehen. Und die Ausstrahlung. Es war die gleiche Empfindung wie neben der Totengräberin auf dem Rücksitz der Limousine. Diese Tänzerin gehörte ebenfalls zu einem völlig außergewöhnlichen Typ. Einem Typ, den Jack nicht verstand, zu dem er sich aber verrückterweise hingezogen fühlte.
    »Viele Tänzerinnen tischen einem eine ähnliche Geschichte auf«, erzählte sie. »Mein Ex-Freund hat mich dazu gebracht. Er besuchte früher, wir lebten damals in Philadelphia, regelmäßig solche Clubs, und ich war immer eifersüchtig, denn ich fragte ihn, weshalb er immer dorthin ging, und er meinte, weil sämtliche Girls dort viel besser aussähen als ich. Insgeheim dachte ich immer, ich wäre häßlich. Wirklich und wahrhaftig. Wie auch immer, eines Abends waren wir in einem solchen Club, und zufällig fand dort ein Abend für Amateure statt. Jeder – jede Frau, die dazu Lust hatte – konnte sich ausziehen und tanzen. Er hänselte mich ständig, ich würde es ja doch nicht wagen, also tat ich es. Im Grunde wohl nur, um ihm zu zeigen, daß ich genauso sexy sein konnte wie die Mädchen, denen er Geld gab, damit sie für ihn tanzten. Ich meine, er hatte mich umsonst. Deshalb begriff ich nie, weshalb er bereit war, nur für einen Tanz zu bezahlen. Wie dem auch sein, ich machte meine Sache gut. Um ehrlich zu sein, das Publikum raste. Und ich gewann den Wettbewerb. Zweihundertfünfzig Dollar. Und ein paar Tage später ging ich in den Club, in dem er immer herumhing, und bewarb mich um einen Job. Sie engagierten mich auf der Stelle.« Sie drehte sich jetzt vollends zu ihm um und musterte ihn aufmerksam. »Wissen Sie«, sagte sie, »Sie sehen überhaupt nicht aus wie ein Polizist.«
    Er war überrascht. Er hatte gar nicht begriffen, daß sie das angenommen hatte, daß sie sich deshalb so offen äußerte. »Das bin ich auch nicht«, sagte er. »Ich bin nur ein Freund. Ich leite ein Restaurant, beziehungsweise ich habe es früher mal getan.«
    Jetzt betrachtete sie ihn eingehend. Und dieses schiefe Lächeln erschien wieder. Diesmal lag jedoch etwas ganz Eigentümliches darin. Er konnte nicht genau sagen, was. Aber diesmal war so etwas wie Erkennen darin. Und vielleicht sogar

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