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Icarus

Icarus

Titel: Icarus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Russell Andrews
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Gedanken und Bilder wie von einem Tornado getrieben in Jacks Kopf zurück. Sie wirbelten dort herum und ließen ihn auf seinem Stuhl nach hinten gegen die Lehne sinken:
    Kids Terminkalender. Der, den Jack im Apartment der Totengräberin gefunden hatte. Dort tauchte immer wieder Die Erfüllung auf. Und ein Name: Charlotte. Kein Name, erkannte er. Nicht der Name einer Person. Ein Ort. Eine Abkürzung für einen Ortsnamen!
    Grace: Schlimme Dinge sind Menschen in seiner Umgebung zugestoßen. Menschen, die er liebte.
    Samsonite: Er fühlte sich für bestimmte Dinge verantwortlich, dafür, daß Menschen zu Schaden kamen. Vielleicht sogar dafür, daß sie getötet wurden.
    Nein, es war unmöglich. Es war verdammt noch mal unmöglich!
    McCoy: Sie sind der Schlüssel. Es muß irgendeine Verbindung bestehen.
    Aber es ist nicht unmöglich, erkannte Jack. Im Gegenteil, es war sogar sehr wohl möglich. Da ist eine Verbindung. Und sie führt von einem Schrecken zum anderen. Von einem Alptraum zum nächsten.
    Und jetzt erinnerte er sich an etwas. An etwas, das Caroline ihm einige Monate vor der Restauranteröffnung in Charlottesville erzählt hatte. Er hatte angenommen, es wäre um das Restaurant gegangen. Nun sah er es in einem ganz anderen Licht. So fühle ich mich unten in Virginia,
    hatte sie gesagt. Ich habe etwas da unten, das wunderschön ist. Das mir gehört.
    Jack zwang sich geradezu, auf den Bildschirm zu blikken. Er sah den Namen des zweiten Colleges, das Kid besucht hatte. Er sah den Ort. Sah die Daten seines Aufenthalts.
    Virginia State University.
    Eine halbe Stunde von Charlottesville entfernt.
    Das ganze Jahr, das Caroline mit der Einrichtung des Restaurants beschäftigt war.
    Caroline war es gewesen, die Kid von ihrer Abtreibung erzählt hatte. Es war die einzige Möglichkeit, wie er davon hatte erfahren können.
    Er fühlte sich für bestimmte Dinge verantwortlich, dafür, daß Menschen zu Schaden kamen. Vielleicht sogar dafür, daß sie getötet wurden.
    Kid hatte gelogen, als er jenes erste Mal in Jacks Wohnung aufgetaucht war. Er hatte über Carolines Tod und Jacks Verletzungen Bescheid gewußt, ehe er nach New York gekommen war, ehe er Dom besucht hatte. Er war eigens nach New York zurückgekommen, um ihm zu helfen, ihn zu heilen. Das wußte Jack jetzt. Um ihn zu retten. Denn irgendwie, aus irgendeinem Grund, hatte Kid es nicht geschafft, die Frau zu beschützen, die er liebte. Seine Erfüllung.
    Caroline.
    Jack Keller war seit dem Raubüberfall und dem Mord nicht mehr in Charlottesville gewesen. Er hatte sich vorgenommen, sich nie mehr dort blicken zu lassen. Aber jetzt beschloß er, dorthin zurückzukehren. Das mußte er. Alle Wege führten dorthin. Von dort schien alles seinen Anfang genommen zu haben. Und sobald er die Entscheidung getroffen hatte, wußte er, daß er sofort aufbrechen mußte. Nun, nicht sofort. Erst mußte er noch etwas anderes tun. Er weinte.

Sechsundvierzig
    Es war viel einfacher als erwartet.
    Einfacher als Charlottesville, und das war schon überraschend einfach gewesen.
    Einfacher ah die schwarze Frau im Park.
    Einfacher als die Stripperin in ihrer Badewanne und noch einfacher als die völlig erledigte Süchtige, die auf ihrem Trip war und sich hilflos und stöhnend in ihrem Bett gewälzt hatte.
    Diese hier wartete, wartete auf ihren eigenen Tod. Sie lächelte, einladend, und breitete die Arme aus. Was könnte einfacher sein als das?
    Nichts.
    Ihre Haut platzte auf, und sie gab keinen Laut von sich. Sie sollte so wild, so stark sein, aber sie zerriß so leicht wie ein Stück billiges Papier. Ihre Kehle und dann ihre Brust, offen und entblößt, aufgeschlitzt und zerfetzt. Sie verschrumpelte und fiel in sich zusammen wie eine Lumpenpuppe und blieb dann still auf dem Boden ihres Schlafzimmers liegen.
    So einfach, einfach, einfach.
    Eine Überraschung war vielmehr der Mann, der hereingestürmt kam. Sie hatte gesagt, sie wären allein, daher war es total verwirrend, als die Tür aufflog und dieseswütende Gebrüll den Raum erfüllte. Es war eine Überraschung, zugegeben, aber es änderte nichts. Der Mann war stark, aber schwammig. Alt und außer Form. Er war auch einfach. Er starb genauso schnell wie all die anderen.
    Das war das Seltsame am Tod, nicht wahr?
    Für etwas, das ewig andauerte, geschah es so schnell.
    Das Leben war lang und hart. So, so hart.
    Aber der Tod war schnell. Und so, so einfach.

Siebenundvierzig
    Sgt. Patience McCoy breitete die Fotos auf ihrem Schreibtisch

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