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Icarus

Icarus

Titel: Icarus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Russell Andrews
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alles führen würde, aber endlich hatte der Prozeß der Entwirrung begonnen.
    »Erzählen Sie«, bat er die beiden.
    Und sie erzählten. Kid war in der Tat im Haus gewesen. Oft. Er war zum erstenmal einen Monat nach Beginn von Carolines Vorbereitungen für das neue Restaurant erschienen. Die Trottys erinnerten sich, daß Caroline ihn mitgebracht hatte. Er war nicht von sich aus gekommen, also hatte sie ihn woanders getroffen. Jack vermutete, daß er von dem Restaurant erfahren und sie wahrscheinlich überraschend dort aufgesucht hatte. Sie schienen sehr vertraut miteinander gewesen zu sein, deutete Trotty an. Nicht körperlich, das meine sie nicht, aber doch sehr eng. Er verehrte sie, betete sie geradezu an und gab sich alle Mühe, ihr zu gefallen. Er hätte im Haus übernachtet, sagten sie, und das häufiger. Nicht im selben Zimmer wie Caroline, beeilte Louise sich zu versichern. In einem der Gästezimmer.
    »Waren sie ein Paar?« fragte Jack unumwunden und versuchte seiner Stimme einen ruhigen Klang zu verleihen.
    Louise brauchte lange, um darauf zu antworten. So lange, daß Jack die Antwort nicht mehr zu hören brauchte. Er wußte es bereits.
    Mit mühsam kontrollierter Stimme erkundigte er sich, ob sie vielleicht irgendwelche Unterhaltungen hatten mithören können. Louise konnte ihm dazu nicht viel sagen. An eine Sache erinnerte John sich sehr deutlich.
    »Es war zwei Tage vor der Eröffnung. Zwei Tage bevor sie …« John hielt inne und beendete den Satz nicht. Es war nicht nötig. »Er war hier. Dieser Junge. Ich brachte ihm Kaffee auf die Terrasse. Ich erinnere mich deshalb so gut, weil Miß Susanna hier war. Wir waren alle überrascht, denn sie kommt nicht oft hierher. Aber ich erinnere mich, daß sie und Miß Caroline einen heftigen Streit hatten. Ich weiß nicht genau, worum es ging. Aber es hatte wohl mit diesem Jungen zu tun, glaube ich. Miß Susanna verabschiedete sich, und Miß Caroline war sehr ungehalten. Sie und … ihr junger Freund … sie gingen in ein Nebenzimmer, gleich neben dem Eßzimmer. Und sie schloß die Tür und redete sehr lange. Als sie wieder herauskamen, war er sehr erregt. Miß Caroline ebenfalls. Danach saßen sie lange auf der Terrasse …« Er zögerte, dann fuhr er fort. »… händchenhaltend, auch daran erinnere ich mich. Und, Mr. Jack, ich entsinne mich auch noch daran, daß sie sagte, sie würde sich um ihn kümmern. Sie würde dafür sorgen, daß er immer eine Bleibe und einen Job habe. Ich erinnere mich, wie sie sagte, einen guten Job. Er sollte keine Angst haben, nichts würde passieren, sie würde dafür sorgen, daß es ihm gut ginge.«
    »Haben Sie eine Ahnung, wovor er Angst hatte?« fragte John leise.
    »Nein, Sir, die habe ich nicht«, sagte John. »Aber es war etwas Schlimmes, denn der Junge hatte wirklich Todesangst.«
    Sie alle hörten jetzt, wie ein Wagen in die Auffahrt einbog. Louise ging zum Fenster, sah hinaus und sagte mit halberstickter Stimme: »Das ist Miß Susannas Wagen.«
    »Ja«, klärte Jack sie auf. »Ich habe sie gebeten herzukommen.«
    »Mr. Jack«, sagte Louise. »Ich rede nicht gern schlecht über jemanden. Aber nehmen Sie sich in acht. Miß Susanna ist eine ganz Schlimme.«
    »Ja, ich weiß«, sagte Jack. »Deshalb möchte ich mit ihr reden.«
    »Ich habe meine Schwester nie gemocht«, sagte Susanna Rae Hale zu Jack Keller.
    »Das hast du in all den Jahren auch ziemlich deutlich gezeigt«, meinte Jack.
    »Ich halte nicht viel davon, meine Gefühle zu verstekken.«
    Jack nickte. »Auch das war ziemlich klar. Deine Gefühle waren nie sehr gut kaschiert.«
    »Dieser ganze Blödsinn, daß Blut dicker als Wasser sei…« Susanna Rae schüttelte mißbilligend den Kopf. »Damit konnte ich mich nie anfreunden.«
    »Erzähl mir von deiner Schwester«, bat Jack. »Erzähl mir von meiner Frau.«
    »Was möchtest du hören?« fragte sie.
    »Die Wahrheit.«
    »Über was speziell? Ihre Kindheit? Ihre Beliebtheit? Ihre perfekte Haut und ihre perfekten Beine und darüber, daß sie überhaupt die absolut vollkommene Person war?« »Erzähl mir von Kid Demeter«, sagte Jack. »Erzähl mir, worüber ihr euch ein paar Tage vor ihrem Tod gestritten
    habt.«
    Susanna Rae zündete sich eine Zigarette an. Jack wartete, während sie tief inhalierte und dann einen perfekten Rauchkringel in die Luft blies. Dann sagte sie: »Es wird dich überraschen, worüber wir gestritten haben.« Ihr südlicher Akzent wurde noch breiter, als der Zigarettenrauch sie sichtlich

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