Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Icarus

Icarus

Titel: Icarus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Russell Andrews
Vom Netzwerk:
ließ sich nicht viel daran ändern.
    Außer sauberzumachen.
    Warum mußte der Tod so schmutzig sein?

Fünfzig
    Es herrschte dichter Verkehr. Jack brauchte über fünfeinhalb Stunden, um zum Lincoln Tunnel zurückzukehren, wo sich, natürlich, alles Stoßstange an Stoßstange drängte und er sogar auf der Schnellspur festsaß.
    Nervös griff er nach seinem Handy und wählte seine eigene Nummer, um den Anrufbeantworter abzuhören. Er hoffte, daß Grace sich gemeldet hatte. Er mußte mit jemandem reden, wollte versuchen, die Teile des Puzzles zusammenzufügen, und nicht nur die, welche die Verbindungen zwischen den Morden darstellten, sondern auch die wirren Gedanken und Empfindungen, die ihn so quälend heimsuchten. Überrascht stellte er fest, daß er sich wünschte, sie wäre dieser Gesprächspartner.
    Während er auf die »OK«-Taste drückte, fuhr der Wagen vor ihm an, und wie durch ein Wunder floß der Verkehr kurzzeitig. Gerade als er hörte, wie sein Anrufbeantworter sich einschaltete, befand er sich im Tunnel, und die Verbindung wurde unterbrochen. Er schaltete das Telefon aus, zuckte die Achseln und entschied, die zwanzig Minuten zu warten, die er bis zu seiner Wohnung brauchte.
    Während seiner Fahrt überlegte er, ob er noch bei Dom vorbeischauen sollte. Dom würde sich mit ihm hinsetzen und etwas mit ihm trinken, er würde ihn reden lassen, bis er alles losgeworden wäre. Aber plötzlich war er zu müde, um auch nur daran zu denken, sich hinzusetzen und zu trinken und zu reden. Eigentlich wollte er nichts anderes, als direkt nach Hause zu fahren und sich ins Bett fallen zu lassen. Er wollte mindestens zwölf Stunden schlafen und, wenn möglich, an das, was geschehen war, nicht denken und nicht einmal davon träumen.
    Er parkte den Wagen in der Garage, steckte den Schlüssel für das Penthouse ins Schloß, überlegte es sich jedoch anders und ging hinauf in die Lobby, um die Post zu holen. Es mußte mindestens eine Illustrierte dabei sein, in seiner Post war immer eine Illustrierte, und er beschloß, irgendeine dämliche Story über irgendein dämliches Starlet zu lesen und darüber einzuschlafen.
    Ein guter Plan, dachte er.
    Aber der Plan kam nicht zur Ausführung. Als er durch die Halle zu den Briefkästen ging, sah er, daß jemand auf ihn wartete. Raoul, der diensthabende Portier, der dabeistand, wirkte nervös, und sein Gesichtsausdruck verriet, daß die Person schon lange in der Halle war.
    »Was tun Sie hier?« fragte er.
    »Ich warte auf Sie.«
    »Ich habe jede Viertelstunde angerufen, Mr. Keller«, sagte Raoul. »Für den Fall, daß Sie gleich von der Garage rauffahren. Und Frankie hat gesagt, eine Polizistin wolle Sie sprechen. Er hat sie in Ihre Wohnung …«
    »Wie lange warten Sie schon hier?« fragte Jack.
    »Zwei Stunden. Vielleicht auch länger. Ich weiß es nicht. Wollen Sie, daß ich wieder gehe?«
    »Nein, nein.« Jack bemerkte, daß er gereizt war. Aber froh. So müde und erschöpft er auch war, er war sogar sehr froh. Es gab niemanden, den er in diesem Moment lieber gesehen hätte.
    »Kommen Sie mit rauf«, sagte er zu Grace Childress. »Wir haben eine Menge zu bereden.«
    Er geleitete sie aus dem Fahrstuhl und neigte dabei leicht
    den Kopf zur Seite.
    »Was ist?« fragte sie.
    »Seit dem Einbruch«, antwortete er, »bin ich ein wenig schreckhaft. Ich habe immer das Gefühl, daß jemand hier ist. Oder hier gewesen ist.« Er lauschte angestrengt – sie verhielt sich absolut still – und schaute sich in der Diele und im Wohnzimmer um. Dann zuckte er die Achseln. »Nichts Ungewöhnliches«, stellte er fest. »Nur Sie und ich.«
    »Könnte ich etwas zu trinken bekommen?« fragte sie.
    »Bedienen Sie sich an der Bar im Wohnzimmer. Ich gehe nur eben die Post durch.«
    Er ging in sein Arbeitszimmer. Dabei konnte er das Gefühl nicht abschütteln, daß sich irgend etwas verändert hatte, aber er konnte nicht entdecken, was. Nichts schien in Unordnung zu sein. Nichts war beschädigt. Er glaubte, einen seltsamen Geruch wahrzunehmen, aber er konnte ihn nicht identifizieren. Er war so schwach, daß er von überall herkommen konnte. Dennoch …
    Er sagte sich, daß er sich lächerlich machte. Er bemerkte das blinkende Licht seines Anrufbeantworters und sah, daß drei Nachrichten auf dem Band waren. Ob auch eine von McCoy darunter war? Er war derart mit seinen eigenen Nachforschungen beschäftigt gewesen, daß er noch nicht einmal daran gedacht hatte, daß sie vielleicht etwas Neues in Erfahrung

Weitere Kostenlose Bücher