Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ice - Hüter des Nordens - Durst, S: Ice - Hüter des Nordens

Ice - Hüter des Nordens - Durst, S: Ice - Hüter des Nordens

Titel: Ice - Hüter des Nordens - Durst, S: Ice - Hüter des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Beth Durst
Vom Netzwerk:
indirekt, für Bärs Schicksal. Cassie spürte, wie eine alte Wut in ihr aufstieg und ihr den nötigen Mut gab.
    »Hallo, Großvater.«
    Südwind und Ostwind machten sich schleunigst aus dem Staub.
    »Du bist nur gekommen, um meinen Kummer noch schlimmer zu machen«, klagte der Nordwind.
    » Dein Kummer! Ich bin es, die ohne Mutter aufwachsen musste!«
    Wind sammelte sich um ihre Füße und fuhr ihr sanft durch das Haar. »Oh, meine arme, süße Gail. Verloren! Verloren für immer!«
    Vor lauter Selbstmitleid hatte er nicht mal mitbekommen, dass seine Tochter wieder in Sicherheit war. »Sie ist zu Hause.«
    »Du lügst!«, brüllte er dröhnend, und eine heftige Bö fegte durch die Höhle. Steine polterten. Cassie flüchtete sich in eine enge Felsspalte, um ihren Bauch abzuschirmen. Trotzdem wurde sie ordentlich durchgeschüttelt. Der Wind wirbelte ihr Haar durcheinander und zerrte an ihrem Rock. Sie schloss fest die Augen und wartete. Endlich ging sein Heulen in ein jämmerliches Schluchzen über.
    Ihr Kopf dröhnte, in ihren Ohren rauschte es. Sie schüttelte sich, und kleine Steinchen flogen aus ihren Haaren nach allen Seiten. »Während du in deinem Selbstmitleid versunken warst, hat mein Mann seine Freiheit geopfert, um deine Tochter zu retten. Genau in diesem Augenblick ist er in der Troll-Festung gefangen! Und das ist deine Schuld! Mit dir hat das alles angefangen. Du bist der schlechteste Vater … «
    Er stöhnte laut auf. »Grausames Kind. Lass mich allein«, flehte er. »Bitte.«
    Kieselschauer regneten herab, und kalte Luft prickelte auf ihrer Haut. »Nein, Großvater«, sagte Cassie. »Das werde ich nicht tun.« Erneut zog sich ihr Unterleib zusammen, und sie fiel vornüber. Der Nordwind heulte wieder auf, doch diesmal war es nur ein kurzer Sturm. Tief in ihre Felsnische geduckt wartete sie, bis die Bö und der Krampf in ihrem Körper nachließen. Dann fuhr sie fort: »Mein ganzes Leben lang habe ich geglaubt, meine Mutter sei tot. Sie ist eine Fremde für mich. Und daran bist du schuld. Du ganz allein.«
    »Bitte«, bettelte er, »hör auf!«
    Cassie umfasste ihren Bauch. Sie würde sich gut um ihr Kind kümmern. Besser, als der Nordwind sich um seine Tochter gekümmert hatte. Besser, als seine Tochter sich um ihre Tochter. Besser als ihr Dad sich um sie. Sie würde dafür sorgen, dass ihr Kind mit beiden Eltern aufwachsen konnte. »Ein Glück, dass ich nicht von dir gelernt habe, was eine gute Familie ist.«
    »Ich liebe meine Tochter!«
    Wieder spürte sie eine Kontraktion. Diesmal setzte sie sich bis in die Beine fort. Cassie lehnte sich gegen die Höhlenwand und schnappte nach Luft. »Hast du sie denn genug geliebt, um ihre Wünsche zu respektieren? Nein. Du hast sie vom Angesicht der Erde weggefegt, weil sie dich verlassen hat! War es nicht so? Hättest du sie wirklich geliebt, dann hättest du ihr gestattet, ihren eigenen Weg zu gehen.«
    Er schluchzte zum Steinerweichen. »Warum tust du mir das an?«
    »Weil du ihr was schuldig bist«, sagte Cassie rundheraus. »Du bist mir was schuldig. Bring mich in das Land östlich der Sonne und westlich des Mondes!«
    »Aber Enkelin …«
    »Es ist noch nicht zu spät, es wiedergutzumachen«, redete Cassie ihm zu, schon sanfter jetzt. »Bitte, Großvater, bring mich dorthin!«
    Sie fügte nicht hinzu: Bevor es wirklich zu spät ist.
    Der Nordwind erfasste sie mit der Wucht eines Hagelsturms.

Kapitel Neunundzwanzig
    Geografische Breite: 63° 04 ' 01 " N
    Geografische Länge: 151° 00 ' 55 " O
    Höhe: 5051 m
    Cassie wurde umhergewirbelt Wie eine Stoffpuppe und schoss laut schreiend aus der Höhle des Nordwinds heraus. Die anderen Winde kreischten auf, während sie kopfunter im Trichter des Tornados im Kreis raste, auf und ab, auf und ab. Mit ihr zusammen wirbelten Felsbrocken und Geröll um das Auge des Sturms. Nicht mehr lange, und sie würde zu Staub zermahlen. »Großvater!«
    Der Nordwind fuhr durch den Wirbel von Steinen und Eis auf sie zu. Schützend legte er gewaltige Hände und Arme aus Regen um seine Enkelin und trug sie davon, wobei er nur knapp an einer schneebedeckten Bergspitze vorbeischrammte. Der felsige Grat stürzte hinter ihm zusammen. Ein Drache brüllte auf. Weiter sauste Cassie durch die Lüfte, bis sie mit klappernden Knochen aus der Gebirgskette herausschoss.
    Der Sturm mähte ganze Wälder nieder.
    Cassie presste die Augen fest zusammen. Als sie sie wieder öffnete, befanden sie sich über dem Meer. Ihr drehte sich der Magen um.

Weitere Kostenlose Bücher