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Ice - Hüter des Nordens - Durst, S: Ice - Hüter des Nordens

Ice - Hüter des Nordens - Durst, S: Ice - Hüter des Nordens

Titel: Ice - Hüter des Nordens - Durst, S: Ice - Hüter des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Beth Durst
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der Forschungsstation auf Studienreise. Sie hatte ja ohnehin vorgehabt, ihr Studium an einem abgelegenen Ort zu absolvieren. Dann wäre er eben einfach noch ein bisschen abgelegener.
    Bär meinte sanft: »Du kannst hier nicht als menschliche Wissenschaftlerin arbeiten. Niemand würde dir glauben. Was willst du ihnen denn erzählen? Dass deine Quelle ein sprechender Bär ist? Dass du in einem Eisschloss wohnst und dir niemals kalt wird?«
    Cassie rührte in ihrer Soße herum. Während sie zusah, wie sich auf dem Eis langsam eine Pfütze aus Robbenblut bildete, dachte sie über ihre Zukunft nach. Sie war sich des Weges, den sie einschlagen würde, immer ganz sicher gewesen. Aber indem sie hiergeblieben war, hatte sie ihn aufgegeben und es noch nicht einmal bemerkt. Kein Wunder, dass sie so rastlos war. Sie hatte ihre Zukunft preisgegeben und wodurch noch mal ersetzt? Feinschmeckerküche und hübsche Skulpturen? Ihr Leben hier hatte überhaupt keinen Sinn.
    Der Tisch absorbierte das Blut, und die rote Brühe verschwand wie durch einen Gully. Sie blickte auf ihr Hühnchen. »Hast du jemals einen Eisbären in einem Käfig gesehen?«, fragte sie. »Er läuft umher. Hin und wieder zurück. Den ganzen Tag lang: hin und wieder zurück. Er tritt eine Spur in den Käfigboden. Er hört nicht auf, um zu fressen. Er hört nicht auf, um zu schlafen. Er läuft einfach hin und her, bis er völlig verkümmert ist und stirbt.«
    »So unglücklich bist du?«
    Cassie war nicht imstande, ihm auf diese Frage zu antworten. Stattdessen blickte sie zu ihm auf. »Ich möchte nach Hause.«
    Sie brauchte nicht lange, um ihre Abreise vorzubereiten. Bär sah von der Schlafzimmertür aus zu, wie sie ihre Habseligkeiten zusammenpackte. Um sie herum herrschte vollkommene Stille. Kein Wind, kein Knirschen im Eis, gar nichts. Es war, als hielte das ganze Schloss den Atem an.
    »Hast du vor wiederzukommen?«, fragte Bär.
    »Ich weiß nicht.« Sie brachte es nicht fertig, ihn anzusehen.
    »Wie kannst du das nicht wissen?«
    »Ich weiß es einfach nicht.« Sie wusste bloß eines: Der Gedanke hierzubleiben machte sie unglücklich. Und der Gedanke zu gehen ebenso.
    »Und ich soll einfach abwarten wie ein liebes, kleines Kuscheltier, während du über unsere Zukunft entscheidest?«
    Auf diese Frage hatte Cassie nichts zu erwidern. Stattdessen konzentrierte sie sich darauf, Baumwollsachen und Gore-Tex über die Kleidungsstücke zu ziehen, die sie bereits trug. Sie würde wieder in eine Welt hinausgehen, wo sie all diese Lagen Stoff brauchte, um nicht zu erfrieren. Ein Bild von sich selbst im Alter von acht Jahren erschien vor ihrem geistigen Auge. Damals hatte ihr Vater sie in so viel Vlies und Daunen eingepackt, dass sie ihre Arme nicht mehr bewegen konnte. Wenn sie in die Station zurückkehrte, würde sie ihn wiedersehen. Sie versuchte, sich das Gespräch vorzustellen. Wie würde sie ihm erklären, warum sie nicht früher zurückgekommen war?
    Bär stieß ein tiefes, böses Brummen aus, bei dem sich Cassies Nackenhaare aufstellten. »Ich war ein Narr«, sagte er dann. »Ich habe geglaubt, dir liegt was an mir.«
    Cassie zog mit gerunzelter Stirn den Reißverschluss an ihrem Anorak zu. »Es hat nichts mit dir zu tun, sondern mit mir.« Er war süß. Und witzig. Aber hier ging es nicht um ihn. Es ging um sie – darum, wer sie sein wollte, wie ihr Leben in Zukunft aussehen sollte.
    »Natürlich hat es was ›mit mir zu tun‹«, erwiderte er. »Das ist mein Leben, von dem du da redest.«
    »Und meins auch«, schnappte sie. »Du willst, dass ich meine Karriere aufgebe, meine Freunde, meine Familie. Eine Mutter, die ich noch nicht mal kenne.« Zugegeben, nach den ersten paar Wochen hatte sie ihre Mutter überhaupt nicht mehr vermisst. Rücksichtslos schob sie den Gedanken beiseite. »Das kann ich nicht tun.« Sie hatte so hart gearbeitet – nächtelang für Dads unangekündigte Tests gelernt, weite Ausflüge unternommen, um Bären aufzuspüren, ganze Wochenenden über Ausrüstungsteile geputzt. Und all das, um eines Tages ein vollwertiges Mitglied der Stationsbesatzung zu werden. Eine Zukunft, die sie einfach so weggeworfen hatte, um was noch mal zu tun? Die Gefährtin eines Bären zu sein? In einem künstlichen Garten aus Eis Spiele zu spielen? In einem Ballsaal umherzutanzen? Das reichte nicht.
    »Du gehörst nicht mehr dorthin«, sagte Bär. »Es ist deine Vergangenheit. Du kannst nicht zurück. Dies hier ist jetzt dein Zuhause.«
    Cassie schüttelte den

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