Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ice Ship - Tödliche Fracht

Titel: Ice Ship - Tödliche Fracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
Vom Netzwerk:
sah ihn aber nicht an. Ihr Blick wurde unwiderstehlich von dem großen roten Meteorgestein in Bann gezogen. »Bleiben Sie noch ein bisschen«, redete Glinn ihr lächelnd zu. »Erleben Sie mit, wie wir das schwerste Objekt, das je von Menschen bewegt wurde, zu Ihrem Schiff transportieren.« Sie zögerte, ihr Blick huschte zwischen Glinn und dem Meteoriten hin und her. Und dann piepste plötzlich das Funkgerät, das in ihrem Gürtel steckte. Sie entzog Glinn ihre Hand und trat ein Stück beiseite. »Hier Captain Britton.« Als Glinn sah, wie sich ihr Gesichtsausdruck veränderte, ahnte er schon, worum es ging. Sie steckte das Funkgerät weg. »Der Zerstörer«, sagte sie. »Er ist wieder da.« Glinn nickte, ohne dass das Lächeln auf seinem Gesicht erlosch. »Das überrascht mich nicht. Die Almirante Ramirez hat einen aus ihren Reihen verloren. Nun will sie sich ihn wieder holen.«
     
    Rolvaag
    24. Juli, 15.45 Uhr
    Dacht senkte sich über die Isla Desolación. McFarlane stand mit einem Becher Kaffee in der Hand mutterseelenallein auf dem vorderen Brückendeck und verfolgte, wie das Zwielicht langsam dem Dunkel wich. Ein Bilderbuchabend: windstill, klar und kalt. In der Ferne hingen ein paar Wolkenfetzen wie zerzauste, pink- und pfirsichfarbene Pferdeschweife an einem Himmel, der ungewöhnlich klares, scharf abgegrenztes Licht über der Insel ausschüttete. Hinter ihr spiegelten sich im schimmernden Wasser des Franklin-Kanals die letzten Strahlen der untergehenden Sonne. Und noch ein Stück weiter hinten lag Vallenars Zerstörer: grau, feindselig und so von Rost überzogen, dass der Schriftzug Almirante Ramirez kaum noch zu entziffern war. Heute Nachmittag hatte er seinen Bug in den Kanal geschoben und ihnen so die Fahrrinne und damit den Rückweg versperrt. McFarlane nahm noch einen Schluck Kaffee, den Rest kippte er über Bord. Koffein war das Letzte, was er jetzt brauchte. Er war ohnehin innerlich so angespannt, dass das Kribbeln im Bauch sich in ein hässliches Grimmen verwandelt hatte. Es war ihm ein Rätsel, wie Glinn das Problem mit dem Zerstörer lösen wollte. Aber der Chef der EES wirkte ruhig und gelassen – so gelassen, dass es fast nach den Anzeichen eines Nervenzusammenbruchs aussah. Der Meteorit war auf dem unterirdischen Transportweg Zentimeter um Zentimeter durch das Schneefeld zur Küste vorgerückt und nun auf einer der schroffen Klippen angekommen, die wie eine Wehrmauer über dem Franklin-Kanal aufragten. Damit der Meteorit vom Zerstörer aus nicht zu sehen war, hatte Glinn um ihn herum einen Sichtschutz aus rostigen Wellblechplatten errichten lassen: so windschief, dass man befürchten musste, das Ding könnte jeden Moment umkippen – wieder eines der Täuschungsmanöver, auf die Glinn sich meisterhaft verstand. Es blieb nur die Frage, wie er den Meteoriten in den Bauch der Rolvaag bugsieren wollte. In diesem Punkt gab Glinn sich ausgesprochen wortkarg. McFarlane hatte lediglich gehört, dass es nachts passieren sollte – heute Nacht. Hinter ihm wurde ein Schott aufgestoßen. Er fuhr herum und war überrascht, Glinn zu sehen, der sich, soweit er wusste, fast die ganze Woche nicht an Bord hatte sehen lassen. Nun kam er – etwas grau im Gesicht, aber lässigen, schlendernden Schritts – auf ihn zu, murmelte »Guten Abend«, zog – die zweite Überraschung – ein Päckchen Zigaretten aus der Tasche, steckte sich eine an und nahm einen tiefen Zug. »Ich wusste gar nicht, dass Sie rauchen. Es sei denn zur Tarnung, wenn Sie gerade in Verkleidung herumlaufen.« Glinn lächelte. »Eine meiner Torheiten. Ich gestatte mir zwölf Zigaretten im Jahr.« »Und wann haben Sie das letzte Mal geschlafen?«, fragte Mc-Farlane. Glinns Blick war auf das an diesem Abend friedliche Meer gerichtet. »Weiß ich nicht mehr genau. Mit dem Schlafen ist es wie mit dem Essen: Wenn Sie erst mal einige Tage darauf verzichtet haben, vermissen Sie’s gar nicht mehr.« Er paffte eine Weile stumm vor sich hin, dann fragte er: »Hat sich bei der Untersuchung des Meteoriten irgendetwas Neues ergeben?« »Nur unbefriedigendes Stückwerk. Zum Beispiel, dass die Kernladungszahl die vierhundert übersteigt. Und dass sich der Schall in ihm mit einem Zehntel der Lichtgeschwindigkeit fortpflanzt. Er hat eine sehr schwach ausgeprägte innere Struktur. Sie besteht praktisch aus der äußeren und inneren Schicht und einem kleinen Einschluss im Zentrum. Die meisten Meteoriten entstehen, wenn ein Teil eines größeren Körpers abbricht.

Weitere Kostenlose Bücher