Ice Ship - Tödliche Fracht
Meteorit ist die ganze Zeit bewegt, unsanft herumgestoßen und durchgeschüttelt worden, von der Ausgrabung bis in den Tankraum, und nie ist etwas passiert.« Amira und McFarlane wechselten stumm einen Blick – das unausgesprochene Eingeständnis, dass Garza Recht hatte. »Der Stein ist es«, murmelte Garza. McFarlane sah ihn verblüfft an, er war nicht sicher, ob er sich nicht verhört hätte. »Wie bitte?« »Ich sage, es ist der gottverdammte Meteorit«, brachte Garza wütend heraus. »Er will unseren Tod. Er will uns alle sterben sehen.« Und damit drehte er den Kopf zur Seite, starrte auf das Bullauge und ließ sich kein Wort mehr entlocken.
Rolvaag
10.00 Uhr
Ein unheilschwangeres Morgengrauen dämmerte hinter den Scheiben der Brücke heran, das erste Licht des neuen Tages enthüllte den Blick auf die sturmgepeitschte See. Unablässig rollten meterhohe Wellen von Westen auf sie zu. Noch sammelte der panteonero wohl Kräfte, doch der heulende Wind schien das Meer schon jetzt regelrecht zu pflügen. Er riss den Wellenbergen den weißen Schaum von den Kronen und trieb ihn wie Wolkenfetzen vor sich her. Das Schiff hob und senkte sich, schlingerte verzweifelt einem Todeskampf gleich. Glinn stand in seiner gewohnten Pose am Fenster, die Hände auf dem Rücken verschränkt, und starrte auf die entfesselten Naturgewalten. Er fühlte sich von einer heiteren Gelassenheit getragen – ein Gefühl, das ihm seit Beginn der Expedition selten genug vergönnt gewesen war. Immer wieder hatte es böse Überraschungen und gefährliche Wendungen gegeben. Es war, als übe der Meteorit einen unheilvollen Zauber auf sie aus, sogar jetzt noch, hier auf dem Schiff. Howell hatte aus der Krankenstation schlechte Nachrichten mitgebracht: sechs Tote und Garza schwer verletzt. Und dennoch, die EES hatte obsiegt und eine der großartigsten technischen Leistungen seit Menschengedenken vollbracht. Er würde keine Sekunde zögern, ein solches Projekt noch einmal zu übernehmen. Er drehte sich um. Am Kommandostand drängte sich eine Gruppe Offiziere um Britton, den Blick auf den Radarschirm gerichtet, auf dem sie die Route des Zerstörers verfolgen konnten. Lloyd hatte sich hinter ihnen aufgebaut, wie ein Fels in der Brandung. Die vom grünlichen Schimmer des Radars beschienenen Gesichter sahen besorgt aus. Offensichtlich hatte seine Beurteilung, wie Vallenar sich verhalten würde, sie nicht überzeugt. Was er ihnen sogar nachfühlen konnte. Aber seine Fähigkeit, in kritischen Phasen die weitere Entwicklung vorauszusehen, hatte ihn noch nie im Stich gelassen. Weil er Vallenar eben kannte. Er war auf der Almirante Ramirez gewesen, hatte den Löwen sozusagen in seiner Höhle aufgesucht und dabei ein Bild von der eisernen Disziplin, die auf dem Schiff herrschte, und von dem Comandante gewinnen können: von seiner Erfahrung als Marineoffizier, seinem anmaßenden Stolz und seiner hingebungsvollen Liebe zu seinem Land. So ein Mann setzte die Verfolgungsjagd bestimmt nicht über die Grenze der internationalen Gewässer hinaus fort, nie und nimmer. Nicht wegen eines Meteoriten. Er würde im letzten Moment beidrehen. Und damit war die Krise ausgestanden, sie konnten ungehindert nach Hause zurückfahren. »Captain«, fragte er, »welchen Kurs gedenken Sie einzuschlagen, um uns aus der Drake-Straße herauszuführen?« »Sobald die Ramirez abgedreht hat, werde ich Kurs drei-drei-null befehlen. Das bringt uns ins Lee der Südspitze Südamerikas und damit aus dem Sturm heraus.« Glinn nickte zustimmend. »Es wird bald so weit sein.« Britton sagte nichts, ihr Blick war wieder auf den Monitor gerichtet. Glinn schlenderte auf den Kommandostand zu und stellte sich neben Lloyd. Über Brittons Schulter konnte er die elektronische Karte auf dem Bildschirm sehen. Der grüne Punkt, der die Position des Zerstörers markierte, näherte sich rasch der Grenze der internationalen Gewässer. Er konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Irgendwie kam er sich vor wie jemand, der im Fernsehen ein Pferderennen verfolgt und als Einziger weiß, wie es ausgehen wird. »Gab es irgendwelche Funkkontakte mit der Ramirez?« »Nein«, sagte Britton, ohne sich umzudrehen. »Sie haben absolute Funkstille gewahrt. Sogar der eigenen Basis gegenüber. Banks hat einen Funkspruch des dortigen Kommandanten abgehört, in dem Vallenar aufgefordert wurde, sofort zurückzukehren. Das war vor Stunden.« Natürlich, dachte Glinn. Das entsprach genau dem Bild, das er sich von dem Mann
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