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Ice Ship - Tödliche Fracht

Titel: Ice Ship - Tödliche Fracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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gefühlt. Brittons kaum verhohlener Vorwurf traf ihn bis ins Mark. Das Eis war für sie nicht zu der Zuflucht geworden, die er sich – und ihr – versprochen hatte. Im Gegenteil, der Himmel schien gen Süden hin eher noch aufzuklaren. Der helle Mond stand wie ein riesiger Scheinwerfer über dem von Silberglanz bestäubten Meer. Und die Phosphorgranaten verwandelten die Nacht vollends zum Tage. Sie waren Vallenar ausgeliefert, es gab keine Möglichkeit, sich irgendwo zu verstecken. Und das war Glinn unerträglich – die schmerzlichste Lehre, die das Leben ihm zu erteilen vermochte. Er musste sein ganzes Pflichtgefühl und seine Selbstdisziplin aufbieten, um das Fernglas zu heben und noch einmal die beiden Eisinseln abzusuchen. Vallenar hatte eine Feuerpause eingelegt. Nachdem er wusste, dass sie ihm nicht entkommen würden, ließ er sich Zeit. Noch einmal ging Glinn im Geiste all die Alternativen durch, die er zuvor schon erwogen und wieder verworfen hatte. Fast verzweifelt versuchte er, irgendeine andere Lösung zu finden. Aber es gab keine.
    Und dann zerriss plötzlich ein schrecklicher Heulton die Stille, eine Granate flog knapp an den Aufbauten des Tankers vorbei und schlug ins Meer, ein gigantischer Geysir stieg auf, ein gewaltiger Sprühregen ergoss sich über das Deck. Einen Atemzug später folgte die nächste Granate, dann die dritte ... und jede kam dem Ziel ein Stück näher. Plötzlich fiel Glinn etwas ein – zumindest der Hauch einer Chance. »Captain«, sagte er leise zu Britton, »nehmen Sie die Passage zwischen den beiden Inseln, halten Sie sich so dicht wie möglich an die größere. Damit wir uns richtig verstehen: so dicht wie möglich. Dann steuern Sie das Schiff ins Lee der Insel und warten ab.« Britton setzte nicht einmal das Fernglas ab. »Auf diese Weise sind wir, sobald er um die Insel herumkommt, wehrlos wie auf dem Präsentierteller. Nein, Eli, das ist kein brauchbarer Plan.« »Es ist Ihre einzige Chance«, drängte er sie, »vertrauen Sie mir.« Eine riesige Wasserfontäne stieg an der Backbordseite auf. Und fast unmittelbar danach die nächste. Sie konnten nichts tun, es gab keinen Fluchtweg und keine Möglichkeit für ein Ausweichmanöver. Glinn machte sich auf das Schlimmste gefasst. Und dann, nach einem unheilschwangeren Augenblick trügerischer Stille, ließ eine fürchterliche Detonation die Luft erbeben. Die Druckwelle schleuderte ihn zu Boden. Scheiben wurden eingedrückt, Scherben flogen durch die Luft, durch die geborstenen Fenster der Brücke fegte der Wind. Als Glinn auf dem Boden lag, glaubte er halb im Unterbewusstsein noch eine zweite Detonation zu hören, dann umfing ihn Nacht.
     
    Rolvaag
    17.10 Uhr
    Das Feuer brach ab. Britton lag auf dem Boden, mitten in den Scherben, und lauschte instinktiv zuallererst auf das Geräusch der Maschinen. Sie arbeiteten, doch das Vibrieren hörte sich anders an. Irgendwie verdächtig. Und genau in dem Moment, als sie mit noch zittrigen Knien auf die Beine kam, leuchteten die roten Notlampen auf. Das Schiff schlingerte beängstigend in der rauen See, und nun kamen, weil die zerbrochenen Fenster den Naturgewalten keinen Einhalt mehr gebieten konnten, auch noch das Heulen des Windes, der salzige Spühregen und die deutlich unter null Grad abgesunkene Temperatur dazu. Sie schnipste sich ein paar Glassplitter aus dem Haar und stakte unsicher zum Kommandostand. »Mr. Howell, Lagebericht«, brachte sie mit belegter Stimme heraus. Der Erste Offizier, der auch gerade wieder auf die Beine gekommen war, hämmerte hektisch auf den Tasten der Anzeigentafeln herum. »Backbordmaschine verliert Kraft.« »Ruder zehn Grad backbord.« »Zehn Grad backbord, Ma’am«, wiederholte Howell. »Es sieht aus, als hätten wir zwei Treffer abbekommen, beide auf dem C-Deck. Der eine beim Tankraum sechs, der andere nicht weit vom Maschinenraum.« »Schicken Sie einen Trupp zur Schadensermittlung los. Ich will wissen, wie schlimm die Schäden sind und ob es Tote oder Verletzte gibt. Ich brauche die Rückmeldung schnell. Mr. Warner, starten Sie die Bilgenpumpen.« »Bilgenpumpen starten, Ma’am.« Ein kalter Windstoß fegte durch die Brücke, Gischt sprühte herein. Wegen der rapide sinkenden Temperatur drohte die Feuchtigkeit auf dem Boden und den Anzeigen des Kommandostands zu gefrieren. Aber Britton hatte fürs Erste andere Sorgen. Lloyd kam auf die Brücke, noch damit beschäftigt, die Wetterjacke von den letzten Glasscherben zu befreien. Die scheußliche

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