Ice Ship - Tödliche Fracht
abgefeuerten Elektronen können fast bis auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt und mikrometergenau auf das Objekt ausgerichtet werden. Glauben Sie mir, da werden mit Sicherheit ein paar Atome abgesprengt.« Glinn sagte nichts. Man sah ihm förmlich an, wie er die möglichen Risiken und den Informationsbedarf gegeneinander abwägte. »Also gut, probieren wir’s«, gab er schließlich grünes Licht. »Aber denken Sie dran: Niemand darf in direkten Kontakt mit dem Meteoriten kommen.« McFarlane zog die Stirn in Falten. »Das Problem liegt in der praktischen Durchführung. Normalerweise bringt man die Sonde zum Untersuchungsobjekt, aber das Ding wiegt an die dreihundert Kilo, das kann man sich nicht einfach auf den Buckel binden. Außerdem ist es schwierig, eine einwandfrei arbeitende Vakuumkammer über dem Meteoriten zu errichten.« Glinn zog ein Handfunkgerät aus dem Gürtel. »Garza? Ich benötige acht Männer auf dem Hauptdeck, sofort. Und für den nächsten Transport heute Vormittag eine Hebevorrichtung und ein Fahrzeug, jeweils mit dreihundert Kilo Tragkraft.« »Und sagen Sie ihm, dass wir eine starke Stromquelle brauchen«, warf McFarlane ein. »Sorgen Sie dafür, dass ein geerdetes Massekabel zur Verfügung steht. Es muss auf bis zu zwanzigtausend Watt ausgelegt sein«, gab Glinn an Garza weiter. McFarlane nickte und pfiff durch die Zähne. »Das dürfte ausreichen.« »Garza wird gleich hier sein«, sagte Glinn kurz angebunden. »In einer Stunde muss alles für den Transport bereit sein, mehr Zeit kann ich Ihnen nicht geben.« Er drehte sich abrupt um und stürmte aus dem Raum. Obwohl er die Tür sofort hinter sich schloss, schwappte ein Schwall eisige Luft in den Raum.
McFarlane wechselte rasch einen Blick mit Amira. »Er wird wohl langsam nervös.« »Er hasst es, etwas nicht zu wissen«, sagte Amira. »Bei Ungewissheit dreht er durch.« »Sie haben’s nicht leicht mit ihm, wie?« Amira verzog gequält das Gesicht. »Sie ahnen nicht, wie Recht Sie haben.« McFarlane sah sie neugierig an, aber sie zog sich nur die Maske herunter und streifte die Handschuhe ab. »Kommen Sie, fangen wir schon mal an, die Mikrosonde für den Transport zu zerlegen.«
Isla Desolación
13.45 Uhr
Bis kurz nach Mittag waren die Vorbereitungen für das Experiment an der Fundstelle des Meteoriten weitgehend abgeschlossen. In der Bretterbude über der Grube hatten die Halogenleuchten die Luft fast unerträglich aufgeheizt. McFarlane stand neben Glinn am Rand und blickte fasziniert auf das satte Rot des Meteoriten, das selbst in dieser grellen Beleuchtung geheimnisvoll zu glühen schien. Die Mikrosonde – ein langer, nahtloser Stahlzylinder – war auf ihrer gefederten Halterung verankert. Auch die dickwandige Vakuumglocke mit der Glühfaser und dem Steckkontakt lag bereit, daneben einige in Plastik eingeschweißte winzige Goldplatten und die für die Bündelung des Elektronenstrahls notwendigen Elektromagneten. McFarlane wandte sich an Glinn. »Ich brauche jemanden, der den Meteoriten auf einer Fläche von vierzig mal vierzig Zentimeter absolut staubfrei säubert, sonst bekommen wir Verunreinigungen.« Glinn nickte. »Wird erledigt. Sagen Sie – wenn Sie Ihre Proben haben, wie geht es dann weiter?« »Dann beginnen wir mit den Tests. Mit etwas Glück müssten wir in der Lage sein, die elektrischen, chemischen und physikalischen Eigenschaften zu bestimmen.« »Wie lange dauert das?« »Achtundvierzig Stunden. Die Zeit, die wir für Ruhepausen und zum Essen brauchen, nicht mitgerechnet.« Glinns Lippen wurden zu einem schmalen Strich. Er warf wie gehetzt einen Blick auf seine goldene Taschenuhr. »Mehr als zwölf Stunden können wir uns nicht leisten«, stellte er fest. »Beschränken Sie sich also auf die unumgänglich notwendigen Tests.« Eine Stunde später waren sie fertig, es konnte losgehen. Die Vakuumkammer war auf der Oberfläche des Meteoriten befestigt worden – ein Arbeitsschritt, der besondere Sorgfalt und Vorsicht erfordert hatte. In dieser Kammer lagen nun, kreisförmig um die Glühfaser angeordnet, auf Unterlegscheiben aus Glas, zehn winzige Goldplättchen, an der Außenseite der Glocke waren mehrere Elektromagneten angebracht. Teile der Stahlummantelung der elektronischen Mikrosonde waren aufgeklappt und ließen das Gewirr aus Drähten und Schläuchen sehen. McFarlane atmete tief durch. »Rachel, bitte schalten Sie die Vakuumpumpe ein.« Ein leises Schwirren zeigte an, dass die Luft aus der Glocke gesogen
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