Ich arbeite immer noch in einem Irrenhaus
zitieren. Und einer meiner Klienten schwört, dass er dem Konzern bei seiner Verrentung in vier Jahren exakt dasselbe Geschenk machen wird. Ich bin gespannt darauf!
§ 4 Irrenhaus-Ordnung: Es gibt zwei Wege, einen Krieg auszulösen: Man schickt Panzer mit Bomben â oder Mails mit CC .
Irrenhaus-Sprechstunde 2
Betr.: So wurde mein Kollege vom Detektiv zum Betrüger gemacht
Ich arbeitete als Detektiv für eine Kaufhauskette. In den letzten Jahren ist der Druck auf uns gewachsen: Wer nicht eine bestimmte Quote von Ladendieben präsentiert, muss um seinen Job fürchten. Dabei kann man die Qualität eines Detektivs nicht an der Zahl seiner Zugriffe festmachen. Wer (wie ich) im Laden präsent ist, arbeitet auch dann vorzüglich, wenn er die Quote der Diebstähle senkt â wie das Wachpersonal eines Geldtransports nicht möglichst viele Räuber festnehmen, sondern sie abschrecken soll.
Gerade professionelle Ladendiebe registrieren einen Detektiv schnell und wägen ab: Wird er mich erwischen? Oder kann ich ihn übertölpeln? Wenn sie sich gegen den Diebstahl entscheiden, ist das immer ein Qualitätsbeweis für meine Arbeit.
Der massive Druck der Geschäftsleitung zwingt uns zu unseriösem Vorgehen: Schon der vage Verdacht, jemand habe etwas eingesteckt, reicht aus, dass wir ihn nach der Kasse abÂfischen. Früher waren wir bei vier Zugriffen dreimal erfolgreich; heute ist die Quote an schlechten Tagen umgekehrt. Das ist peinlich und vergrault Kunden.
Vor einem Jahr passierte Folgendes: Ein neuer Detektiv war der gefeierte Liebling unserer Geschäftsführung. Er machte einen Ladendieb nach dem anderen dingfest. Uns anderen Detektiven wurde er als Vorbild hingestellt.
Auffallend war nur, welche Diebe der Neue ertappte: viele ältere Herrschaften, zum Beispiel mit versteckter Ware in den Rollatoren. Und junge Mütter, die im Kinderwagen mehr als ihr Kind durch die Kasse schoben. Dagegen erwischte er fast nie die typischen Kandidaten: Serientäter mit einer langen Liste von Hausverboten, die von der Polizei auf Anhieb mit ihrem richtigen Namen angesprochen wurden.
Und so taten wir, was gar nicht unsere Aufgabe war: Wir überwachten den Neuen. Dabei kam heraus: Er selbst jubelte den Kunden das angebliche Diebesgut unter â und förderte es nach der Kasse wieder ans Licht.
Unser Chef tobte. Doch auf die Idee, dass er den Betrug durch seinen Druck provoziert hat, ist er nicht gekommen.
Ivo Jovanovi, Kaufhaus-Detektiv
Betr.: Wie ich meinen Arbeitsplatz
alle Wochen wieder verliere
Wie man einen Arbeitsplatz verlieren kann, ohne entlassen zu werden? Das geht so: Ich arbeite für ein groÃes Softwarehaus. Seit einigen Jahren gibt es in unseren Büros keine festen Arbeitsplätze mehr; jeden Morgen wird rotiert. Man ist ein Arbeits-Nomade und schiebt seinen Schreibtisch- Trolley so lange durch den GroÃraum, bis man auf einen freien Schreibtisch stöÃt.
Begründet wird dieses Tischlein-wechsel-dich-Spiel nicht etwa mit Sparsamkeit (offenbar geizt man mit Bürofläche), sondern mit einer esoterischen Floskel: »Räumliche Beweglichkeit führt zu geistiger Beweglichkeit!« Dabei kostet mich jeder Platzwechsel Energie. Neue Umgebung, neue Nachbarn, neuer Lichteinfall â bis die Arbeit flieÃt, können Stunden vergehen.
Der Gipfel des Irrsinns: Wir haben mehr Mitarbeiter als eingerichtete Arbeitsplätze. Die meisten Tage der Woche geht das gut, weil unsere Software-Berater auf Achse sind. Aber wehe, es kommen ein paar gleichzeitig auf die Idee, einen Bürotag einzulegen! Dann schlendere ich â wie gerade gestern â morgens um 7.30 Uhr in unseren GroÃraum, finde aber nur besetzte Schreibtische vor. Mein Arbeitsplatz: verschwunden!
Die Schlaunasen aus dem Management haben uns für solche Fälle ein »Recht auf Arbeit im Homeoffice« eingeräumt. Theoretisch müsste ich dann die 60 Kilometer, die ich gerade zur Arbeit gefahren bin, wieder in die umgekehrte Richtung zurück Âlegen. Aber was, wenn ich am selben Nachmittag eine Konferenz habe?
Dann wandere ich von Arbeitsplatz zu Arbeitsplatz, um mir im Gespräch mit den Kollegen die Zeit zu vertreiben. Statt zu arbeiten, reden wir. Unser beliebtestes Thema: die Idiotie der rotierenden Arbeitsplätze, verordnet von den obersten Chefs.
Vielleicht wäre es an der Zeit, dass auch mal der Arbeitsplatz eines solchen
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