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Ich arbeite immer noch in einem Irrenhaus

Ich arbeite immer noch in einem Irrenhaus

Titel: Ich arbeite immer noch in einem Irrenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Wehrle
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wissen. Jedem vermittelt er den Eindruck, ihm exklusiv seine Aufmerksamkeit zu widmen.
    Wäre den Firmen im obigen Beispiel klar gewesen, dass der Partner zur selben Zeit jeweils vier weitere Projekte laufen hatte: Sein Schwindel wäre durchschaut, seine Rechnungen nicht beglichen worden.
    Die Spesen-Masche
    Eigentlich gelten Delikte, die mit Spesen zu tun haben, als »Kavaliersdelikte«. Eine Praktik, von der Klaus Feumer erzählt, muss allerdings als Großbetrug gelten. Dieser Sache kam er zufällig auf die Schliche: Erst wunderte er sich noch, als sein Chef ihn aufforderte, bei einer bestimmten Fluglinie und einer bestimmten Hotelkette möglichst teure Flüge und Zimmer zu buchen. Klar, der Kunde würde die Spesen bezahlen. Aber was hatte die Unternehmensberatung von einer möglichst hohen Spesenabrechnung?
    Die Antwort drang ihm per Flurfunk ans Ohr: Mit beiden Anbietern gab es einen gestaffelten Rabattvertrag. Zum Jahresende sollten – je nach Gesamtumsatz – 30 bis 50 Prozent der bezahlten Flug- und Hotelkosten rückerstattet werden. »Von diesen Nach lässen hatten die Auftraggeber natürlich keine Ahnung«, sagt Klaus Feumer. »Sie haben die vollen Rechnungen an uns beglichen.«
    Das Nebengeschäft hat sich rentiert: »Für jeden Euro, den wir ausgaben, flossen den Partnern 30 bis 50 Cent zu. Im Jahr war das sicher eine sechsstellige Eurosumme.«
    Der Umlage-Trick
    Wer eine Unternehmensberatung beauftragt, kann dadurch zum Sponsor von Veranstaltungen werden, die nichts mit seinem Geschäft zu tun haben. Klaus Feumer erinnert sich an einen internen Teamworkshop in einem Schweizer Luxushotel: »Ein Super-Hotel, feines Bankett, Blick auf die Alpen. Den ganzen Tag ging es um interne Themen, vor allem um Kommunikation. Mit unseren Kunden hatte der Tag nichts zu tun.«
    Doch am Ende des Workshops gab einer der Partner die Anweisung: »Den heutigen Tag bitte auf den jeweiligen Kunden buchen – als Projektbesprechung.«
    Und während die ahnungslosen Kunden des Beratungsunternehmens meinten, eine Sitzung in eigener Sache bezahlt zu haben, finanzierten sie einen internen Teamworkshop. Wahrscheinlich haben sie nicht nur die Tagessätze der Mitarbeiter, sondern auch noch die Anreisen und das Hotel bezahlt. Spesen in Alpenhöhe!
    Ein Einzelfall? »Nein«, sagt Feumer, »es gibt viele Verschiebebahnhöfe für Spesen. Zum Beispiel werden die Verwaltungskräfte oft auf Projekte umgelegt, mit denen sie in Wirklichkeit gar nichts zu tun haben.« Und wenn sich ein Kunde dagegen wehrt? »Dann schreibt man den Posten einfach einem Kunden auf die Rechnung, der dafür bekannt ist, ohne weitere Nachfragen zu bezahlen. So wird das auch mit vielen Quittungen gemacht: Wer als unkritischer Zahler gilt, bekommt schon mal Kosten eines Projektes aufs Auge gedrückt, dessen Auftraggeber als Feilscher bekannt ist.«
    Klaus Feumer stieg vor drei Jahren aus dem Beratungsgeschäft aus und arbeitet heute als Projektleiter für ein mittelständisches IT -Unternehmen. »Ich verdiene zwar weniger Geld als früher«, sagt er. »Aber dafür habe ich kürzere Arbeitszeiten. Und deutlich weniger Gewissensbisse!«
    Â§ 20 Irrenhaus-Ordnung: Der Unterschied, ob ein Berater der Firma ein Bein oder eine Rechnung stellt, ist nur marginal. Wobei Stürze zu überleben sind – Kassenstürze weniger!

Irrenhaus-Sprechstunde 10
    Betr.: Die fiesesten Tricks, mit denen
meine Firma Beratungsaufträge angelt
    Unser Beratungsunternehmen tut alles, um neue Aufträge an Land zu ziehen. Der beste Köder ist eine »Analyse der ungenutz­ten Potentiale«, kostenlos und unverbindlich. Erstaunlicherweise beißen viele Unternehmen an. Diese Analyse ist etwa so objektiv, als würden Sie Krombacher analysieren lassen, ob Sie einen Kasten Bier kaufen sollen. Unser Ergebnis ist immer dasselbe: Die Firma hat sich genau zur richtigen Zeit an uns gewandt – der Beratungsbedarf ist gigantisch.
    Wie man einem Unternehmen ungenutzte Potentiale vorgaukelt? Man begleitet einen Mitarbeiter durch seinen Arbeitstag und notiert, welche Zeiten er mit welchen Aufgaben verbringt – zum Beispiel steht er an diesem Tag eine halbe Stunde am Kopierer, was er schimpfend als »typisch« bezeichnet. Diese Zahlen rechnet man hoch und malt der Geschäftsleitung ein Schreckgespenst an die Wand: »Wissen Sie eigentlich,

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